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Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill - Bryson
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und Macksville wäre als einzige Stelle auf der Erde übrig, die nicht unter Wasser steht, oder nur Macksville würde von einer weltweit grassierenden, grausam entstellenden Seuche verschont. Anders gesagt: Bei normalem Verlauf der Weltgeschichte ist es unwahrscheinlich, dass man sich an einem warmen Sommerabend um halb sieben auf der einsamen Hauptstraße dieser Stadt befindet, dankbar umschaut und denkt: »Na, Gott sei Dank, dass ich hier bin!«
    Und warum war ich dort? Weil ich die interessante Entdeckung hatte machen m ü ssen, dass Brisbane nicht drei oder vier Stunden Fahrzeit n ö rdlich von Sydney liegt, wie ich bisher ohne gro ß zu ü berlegen angenommen hatte, sondern eine Mehrtagesfahrt. Okay, wenn man die Wetterkarte im Fernsehen sieht, sind Brisbane und Sydney praktisch Nachbarn, ihre jeweiligen kleinen Sonnen und Sturmwolken sto ß en auf der Grafik fast zusammen. Doch in Australien ist Nachbarschaft nat ü rlich ein relativer Begriff. Tats ä chlich liegen fast eintausend Kilometer zwischen den beiden St ä dten, wovon die meisten auf einer gem ü tlich engen zweispurigen Landstra ß e zur ü ckzulegen sind. So kam es, dass ich mich ein wenig verdutzt f ü r die Nacht in Macksville einquartierte.
    Ich m ö chte keine Kommune verunglimpfen, die zweitausendachthundertundelf Menschen stolz ihr Zuhause nennen (aber Donnerwetter, erstaunlich ist das schon!), doch weil ich ja nun eher frisch gefangenen Barramundi zum Abendessen verspeisen und dabei sehen wollte, wie der Sonnenuntergang an Queenslands sagenhafter Goldk ü ste den Pazifik in allen Farben ergl ü hen lie ß , litt ich unter akuter Entt ä uschung, als ich nun, nicht einmal halbwegs am Ziel, in diesem obskuren Provinznest Station machen musste. Ich bef ü rchtete auch allm ä hlich, dass mir auf dieser Reise die Zeit weglief, denn ich hatte mich schon vor Monaten verpflichtet, bei einer Wanderung in Syrien und Jordanien mitzumachen, um Geld f ü r eine britische Kinderstiftung zu beschaffen, und musste in drei Tagen von Sydney nach Hause in die Vereinigten Staaten fliegen, sehen, wie viele meiner Spr ö sslinge mich noch erkannten, meine Wanderausr ü stung schnappen und nach London und von da aus weiter nach Damaskus fliegen. Von der n ö rdlichen Bumerangk ü ste w ü rde ich also bei weitem nicht so viel erleben, wie ich gehofft hatte.
    Ged ä mpfter Stimmung spazierte ich von meinem Motel ins St ä dtchen. Doch so schlimm war Macksville gar nicht, am Ufer des munter flie ß enden, schlammigen Nambucca River. Bungalows mit ordentlichen G ä rten und kleine B ü roh ä user verliefen strahlenf ö rmig auf ein kleines, bescheidenes Stadtzentrum zu. Obwohl der Pacific Highway, der durch die Stadt f ü hrt, die Hauptverkehrsader ist, die Sydney und Brisbane verbindet, fuhren nur zwei Autos vorbei, als ich an ihrem staubigen Rand entlang ins Zentrum spazierte. Froh, der Hitze zu entkommen, betrat ich das imposante, vormals noble Nambucca Hotel. Es war fast leer. Zwei ä ltere Burschen in Unterhemden und zerbeulten Buschh ü ten hockten an einem Ende des langen Tresens. In einem Nebenraum sa ß en ein Mann und eine Frau schweigend besch ä ftigt im sanften, mechanisch aufleuchtenden Licht von Pokies. Ich besorgte mir ein Bier, blieb so lange stehen, bis klar war, dass sich niemand so weit f ü r mich interessierte, dass es zu einem Schwatz reichte, und zog mich in die Mitte der Bar zur ü ck, wo ich mich auf einen Hocker setzte und auf dem stummen Fernseher hoch an der Wand die Abendnachrichten verfolgte.
    Irgendwo streifte die Polizei mit einem Rudel an ihren Leinen zerrenden Suchhunden durch den Busch; was sie suchten, konnte man nicht erkennen, doch wenn es rote Lehmerde war, dann machten sie ihre Sache extrem gut. Irgendwo anders schien das Ross-River-Fieber wieder ausgebrochen zu sein - noch eine mir bis dato unbekannte Krankheit, ü ber die ich mir Sorgen machen musste. Dann stand Paul Keating, der Ex-Premierminister - der mit dem wunderbar ausdrucksstarken Vokabular - auf der Treppe eines B ü rohauses und beantwortete mit b ä rbei ß iger Miene Fragen von Reportern. Man konnte seine Worte nat ü rlich nicht h ö ren, aber ich stellte mir vor, dass er allen Anwesenden sagte, sie seien Saus ä cke und Dumpfbacken, und kam zu dem Schluss, dass mir Nachrichten mit abgedrehtem Ton richtig gut gefielen.
    Weit weg in der Alten Welt war was mit dem Kosovo; Milit ä rkonvois rollten ü ber Landstra ß en, von den umliegenden Bergen stiegen

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