Frühstück mit Kängurus
gew ö hnt hatten, konnte ich eine erstaunliche, spannende Vielfalt an kleinen Beuteltieren ausmachen - Rattenk ä ngurus, Kaninchenk ä ngurus, Hasenbeutler, Ameisenbeutler, Beutelmarder und viele andere.
Weil Australien so riesengro ß und trocken und die Landschaft schwer zu erforschen ist und weil es bei der bescheidenen Zahl an Einwohnern nat ü rlich verh ä ltnism äß ig wenige Wissenschaftler f ü r so viel zu erforschendes Terrain gibt, doch vor allem, weil die Tiere darauf und darin oft klein, verborgen, nachtaktiv und mysteri ö s sind, wei ß selbst heute noch niemand so recht, was es da drau ß en alles gibt. Jede Liste australischer Wildtiere und - pflanzen ist durchsetzt mit Kommentaren wie » vermutlich ausgestorben « oder » wahrscheinlich bedroht « oder »ü berlebt vielleicht in einigen entlegenen Gebieten « . Sehr anschaulich werden die Probleme an dem Ungewissen Schicksal des Oolacunta oder W ü stenrattenk ä ngurus. Fast alles, was man ü ber diese interessanten Lebewesen wei ß , stammt von zwei M ä nnern. Der erste war ein Naturforscher aus dem neunzehnten Jahrhundert, John Gould, der das Tier 1843 studierte und beschrieb. Er behauptete, es habe die Gestalt und das Verhalten eines K ä ngurus, doch die Gr öß e eines Kaninchens. Insbesondere zeichne es sich durch die F ä higkeit aus, ungew ö hnlich lange Strecken sehr schnell laufen zu k ö nnen. Nach jenem ersten Bericht Goulds wurde das Oolacunta nicht wieder gesichtet. Auf tritt Hedley Herbert Finlayson.
Er war von Beruf Chemiker, widmete aber einen Großteil seines Lebens der Suche nach seltenen einheimischen Tieren. 1931 leitete er eine Expedition, die hoch zu Ross tief ins Innere vordrang. Als diese in dem nie erlöschenden Hochofen, der sich Stuart's Stony Desert nennt, ankam, sahen sie zu ihrer Verblüffung, dass das kleine Wüstenrattenkänguru alles andere als kurz vorm Aussterben oder vielleicht sogar schon gänzlich verschwunden war. Im Gegenteil, es schien sich bester Gesundheit zu erfreuen, und seine Schnelligkeit und Ausdauer entsprachen dem, was Gould berichtet hatte. Als Finlayson und seine Männer einmal eines zu Pferde jagten, rannte es, ohne anzuhalten, zwölf Meilen durch die sengende Tageshitze. Die Pferde musste man dreimal wechseln. Sehr gut möglich, dass das kleine Oolacunta, dieser Winzling, der schnellste Flitzer (na, der heißeste Hüpfer) war, den das Tierreich je hervorgebracht hat. Zurück in der Zivilisation, berichtete Finlayson über seine aufregende Entdeckung, und Naturforscher und Zoologen korrigierten brav ihre Texte, um die Wiederentdeckung des Wüstenrattenkängurus zu melden. Doch als Finlayson 1935 zurückkehrte, war er, wie Sie sich vorstellen können, völlig konsterniert, weil sich das kleine Wüstenratten- känguru stillschweigend verabschiedet hatte - so spurlos wie nach der einmaligen Begegnung mit Gould. Es ist bis heute nicht wieder aufgetaucht.
Die Annalen der australischen Fauna strotzen von Geschichten von Tieren, die über Nacht verschwunden sind. Ein kürzliches Opfer dieses Phänomens war ein Frosch namens Rheobatrachus silus, der nur so kurzzeitig auftrat, dass er es nicht mal schaffte, einen volkstümlichen Namen zu erwerben. Ungewöhnlich war an R. silus, dass er seine Jungen durchs Maul gebar, was man weder in Australien noch sonst wo auf der Welt jemals gesehen hatte. Der Frosch wurde 1973 von Biologen entdeckt und seit 1981 nicht mehr gesehen. Er wird als »vermutlich ausgestorben« geführt.
Meine Lieblingstierverschwindegeschichte ist allerdings etwas älteren Datums. Im Jahre 1857 fing der Naturforscher Gerard Krefft zwei sehr seltene Schweins- fußnasenbeutler. Zum Nachteil der Wissenschaft und der Beutler kriegte Krefft bald danach Hunger und verspeiste sie. Soweit man weiß, waren sie die letzten ihrer Art. Jedenfalls hat man seitdem keine mehr gesehen. Krefft wurde im Übrigen später Direktor des Australian Museum in Sydney, doch gebeten, sich eine andere Beschäftigung zu suchen, als sich herausstellte, dass er sein Gehalt mit dem Verkauf von Pornopostkarten aufbesserte. Ich bin überzeugt, irgendwo steckt da eine Moral drin.
Vom Desert Park fuhr ich in das Strehlow Aboriginal Research Centre, in dem es eine fade, langweilige Ausstellung über einen Mann gab, der in der Mission Hermannsburg, einem Aborigines-Reservat außerhalb Alice Springs, geboren wurde und sein Leben dem Studium der Ureinwohner widmete. Er legte eine riesige Sammlung an religiösen
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