Frühstück mit Kängurus
Besatzung von Sydney nach England fliegen. Über Nordwestaustralien, an der Küste vor den Kimberleys, gerieten sie in schlechtes Wetter, verirrten sich hoffnungslos (kein Wunder: zur Orientierung hatten sie ein paar Seekarten und eine aus dem gängigen Times-Atlas herausgerissene Australienkarte) und mussten im Wattenmeer notlanden. Sie hatten fast keinen Treibstoff mehr und kaum Proviant, das heißt, nach kurzer Zeit nur noch eine Thermosflasche mit Kaffee und etwas Kognak, die man aber immerhin als Cafe royal trinken konnte. Was nun folgte, wurde dann auch ein wenig mysteriös als Cafe-Royal-Affäre bekannt.
In einem hatten Kingsford Smith und seine Männer Glück: Sie waren in einem Gebiet mit genug frischem Wasser und ausreichendem, wenn auch nicht sehr appetitanregendem Nahrungsangebot (hauptsächlich Schlammschnecken) heruntergegangen. Weil das Funkgerät kaputt war, konnten sie allerdings der Außenwelt nicht mitteilen, wo sie waren. Als die Nachricht von ihrem Verschwinden nach Sydney gelangte, organisierten zwei von Kingsford Smiths Kollegen eine Rettungsexpedition. Keith Anderson und Bob Hitchcock brachen in der kleinen Kookaburra am Mascot Airport in Sydney auf, flogen in Etappen nach Alice Springs und brachen dort am Morgen des zwölften April 1929 zu dem auf, was die letzte Etappe werden sollte. Schon bald, nämlich als sie die ausgedörrte Leere der Tanami Wüste überflogen - Allan und ich waren ja auf dem Weg von Daly Waters nach Alice Springs daran entlanggefahren -, begann der Motor zu stottern und immer wieder auszusetzen, und sie mussten notlanden. In ihrer Eile loszufliegen hatten sie kein Essen und nur drei Liter Wasser mitgenommen. Und im Gegensatz zu ihren Kameraden waren sie an einem Ort gelandet, der bar jeder Nahrungsquellen war.
Nach drei Tagen waren sie tot. So unvorstellbar m ö rderisch ist das Outback. Ich will ja nicht nerven, aber: Auch sie tranken ihren Urin wie fast alle, die im Outback stecken bleiben. (Dabei ist es kontraproduktiv, weil man von den Salzen im Urin wieder mehr Durst bekommt.)
Genau zu der Zeit, als Anderson und Hitchcock elend zu Grunde gingen, wurden Kingsford Smith und seine Kumpel gerettet. Bei ihrer R ü ckkehr in die Zivilisation sahen sie so fit und ausgeruht aus, dass manche Leute zu argw ö hnen und manche Zeitungen auch zu spekulieren begannen, das alles sei nur ein Reklamegag gewesen. Es wurde ziemlich fies. Kingsford Smith musste sich der dem ü tigenden Prozedur einer gerichtlichen Untersuchung seines Charakters unterziehen, doch letztlich wurden alle Vorw ü rfe fallen gelassen. In der Zwischenzeit wartete die Nation atemlos darauf, dass Anderson und Hitchcock lebendig gefunden wurden. Wurden sie leider nicht. Ende April ersp ä hte ein Suchflugzeug die notgelandete Kookaburra mit den Leichen in der N ä he, und ein paar Tage danach barg ein Rettungstrupp die sterblichen Ü berreste. Hitchcocks Familie wollte eine stille Beerdigung in Perth, doch Anderson bekam ein Staatsbegr ä bnis mit allem Brimborium in Sydney. Schon Tage vorher warteten Tausende in langen Schlangen stundenlang, um am Sarg vorbeizudefilieren. Am Tag der Bestattung s ä umten weitere Tausende die Stra ß en, durch die der Trauerzug kam, oder versammelten sich an der Begr ä bnisst ä tte. Es war die bis dahin (vielleicht sogar bis jetzt) gr öß te Beerdigung in Sydney.
Heute sind Anderson und Hitchcock - in und au ß erhalb Australiens - vollkommen vergessen. Vergessen war auch lange Zeit die Kookaburra. Sie stand in der W ü ste und rostete unbemerkt ein halbes Jahrhundert vor sich hin, bis sie endlich geborgen und nach Darwin zur Restaurierung gebracht wurde. Vor etwa zehn Jahren dann wurde sie in das kleine Extrageb ä ude im Luftfahrtmuseum von Alice Springs gebracht, wo sie aber offenbar keinerlei Aufmerksamkeit erregt.
Kingsford Smith flog weiter und stellte noch mehr Rekorde auf, bis 1935 auf dem Weg von England nach Hause sein Flugzeug vor der K ü ste von Burma ins Meer st ü rzte und ihn mitnahm. In Australien erinnert man sich hier und da an ihn - der Flughafen von Sydney ist nach ihm benannt - aber sonst wird dieser Pionier der Luftfahrt nirgendwo mehr erw ä hnt.
Allan und ich dinierten an dem Abend auf der Terrasse des Red Centre, und ich erz ä hlte ihm - in allen Einzelheiten - von meinen mannigfachen aufregenden Entdeckungen des Tages. Und als wir da sa ß en, den warmen Abend genossen und uns in aller Ruhe bis zum Boden unserer zweiten Flasche sehr leckeren
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