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Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill - Bryson
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sagte mit einem Hauch echter Besorgnis: » Ich hoffe, alle sind nett zu Ihnen. «
    » Aber ja doch « , antwortete ich. » Australier sind immer nett. «
    Sie schaute mich ernst und eindringlich an. » Finden Sie das wirklich? « Verstehen Sie mich nicht falsch. Australier sind die reizendsten Menschen, doch wenn sie philosophisch werden, wird es manchmal ein wenig komisch.
    Ich nickte. » Doch, ja « , versicherte ich ihr. » Australier sind immer nett. «
    » Nat ü rlich sind sie das, Maureen! « , blaffte ihr Gatte sie an. » Das Salz der Erde. Jetzt lass den armen Mann gehen. Er will gewiss noch woandershin. « Er geh ö rte eindeutig zu der anderen, kernigeren Gruppe australischer Archetypen - denen, die der Meinung sind, dass jeder Mann, der nicht das Gl ü ck hat, in Australien geboren zu sein, vom Schicksal tragisch benachteiligt ist und wahrscheinlich auch noch einen winzigen Schwanz hat, das arme Schwein.
    Und er hatte nat ü rlich Recht - dass ich auch noch woandershin wollte, meine ich. Es war Zeit, nach Canberra aufzubrechen.
     
     
     

Sechstes Kapitel
     
I
     
    Bevor sich die sechs Kolonien Australiens zu einem Bund zusammenschlossen, waren sie in einem geradezu lächerlichen Ausmaß voneinander getrennt. Jede hatte ihre eigenen Briefmarken, ihre eigene Uhrzeit und ihr eigenes Steuer- und Abgabesystem. Geoffrey Blainey erzählt zum Beispiel in A Shorter History of Australia, dass ein Kneipenbesitzer in Wodonga im Staate Victoria für Bier, das in Albury gebraut wurde, am anderen Ufer des Murray River in New South Wales, genauso viel Zoll bezahlen musste wie für Bier, das aus Europa herbeigeschifft wurde. Es war der pure Wahnsinn. Doch 1891 trafen sich die sechs Kolonien (plus Neuseeland, das später aber ausstieg) in Sydney, um über die Bildung eines richtigen Staates zu diskutieren, der den Namen Commonwealth of Australia tragen sollte. Es dauerte ein paar Jährchen, bis alles unter Dach und Fach war, doch am ersten Januar 1901 wurde der neue Staat feierlich ausgerufen.
    Weil Sydney und Melbourne als gleichrangig betrachtet wurden, einigte man sich in schöner Kompromissbereitschaft darauf, irgendwo im Busch eine neue Kapitale zu bauen. Melbourne sollte als Interimshauptstadt dienen.
    Nach jahrelangen Zankereien verständigten sich die Entscheidungsträger dann auch wirklich auf die unbekannte Landgemeinde Canberra (oft angliziert zu Canberry) am Rande der Tidbinbilla Hills im Süden von New South Wales als Sitz der neuen Hauptstadt. Kalt im Winter, glühend heiß im Sommer, meilenweit von allem entfernt: eine eigentümliche Ortswahl für die Hauptstadt eines Staates. Etwa neunhundert Quadratmeilen des umliegenden Landes, meist unbrauchbare Steppe, steuerte New South Wales zum Territorium des australischen Regierungssitzes bei, einen Verwaltungsbezirk, der nach dem Beispiel des District of Columbia in den USA der Regierung direkt unterstellt wurde.
    Endlich hatte die junge Nation eine Hauptstadt. Die musste aber auch einen Namen haben, und wieder verzettelte man sich in langen, leidenschaftlichen, erbitterten Debatten. King O'Malley, der aus den Vereinigten Staaten geb ü rtige Politiker, eine der treibenden Kr ä fte bei der Bildung der F ö deration, wollte die neue Hauptstadt Shakespeare nennen. Mayola, Wheatwoolgold, Emu, Eucalypta, Sydmeladperbrisho (unschwer als die ersten Silben der Hauptst ä dte der einzelnen Bundesstaaten zu erkennen), Opossum, Gladstone, Thirstyville, Kookaburra, Cromwell und das komplett hirnverbrannte Victoria Defendera Defender waren weitere Vorschl ä ge. Im Grunde gewann Canberra, weil man sich auf nichts anderes einigen konnte; die Frau des Generalgouverneurs stand dann auch bei der offiziellen Feier zur Entscheidungsfindung vor der Versammlung von Honoratioren auf und verk ü ndete » mit missmutiger Stimme « , dass der Name, der gewonnen hatte, derjenige sei, den man schon die ganze Zeit benutzte. Weil niemand daran gedacht hatte, sie zu instruieren, sprach sie ihn falsch aus. Schwungvoll betonte sie die mittlere Silbe und nicht, wie es sich geh ö rte, ganz leicht die erste. Egal. Die junge Nation hatte nun ein Terrain und einen Namen f ü r ihre Hauptstadt und seit ihrer Proklamation nur elf Jahre dazu gebraucht. Wenn alles gut ging und man diese rasante Geschwindigkeit beibehielt, konnte man in einem halben Jahrhundert auch die Hauptstadt selbst auf die Beine stellen. Ach, es sollte noch viel l ä nger dauern.
    Obwohl Canberra heute eine der gr öß ten St

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