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Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill - Bryson
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kein sehr hilfreicher. Ich hoffte also, dass die neutraleren Beobachtungen eines amerikanischen Landsmannes lehrreicher waren. Günther bemüht sich auch redlich, das muss ich zugeben, aber die Aufgabe überstieg selbst sein Talent für klare Darstellung. Hier zum Beispiel ein Auszug aus seinem Versuch, Australiens Präferenzwahlsystem zu erklären, in dem der Wähler zwei oder mehr Kandidaten für ein Amt nennt und letztendlich eine Majoritätsentscheidung nach einem Wahlgang ermöglicht wird:
    »Wenn die Stimmen der zweiten Präferenz der ersten zugeschlagen werden und trotzdem noch kein Kandidat die Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen kann, wird der Vorgang wiederholt: Die Stimmen des Kandidaten, der zu dieser Zeit der Berechnung hinten liegt, werden wieder neu aufgesplittet. Wenn er zweite Präferenz-Stimmen von einem bereits ausgeschiedenen Mitkandidaten geerbt hat, werden diese nun als dritte Präferenz behandelt und neu verteilt. Und so weiter.«
    Ganz besonders gefiel mir die geschickt eingefädelte, lässige Schlussformel »und so weiter«, denn sie klingt wie »Ich verstehe das alles perfekt, aber ich sehe keine Notwendigkeit, Sie mit den Details zu quälen«, bedeutet aber in Wirklichkeit: »Ich habe keinen blassen Schimmer, was das alles soll, und schere mich auch, ehrlich gesagt, einen feuchten Kehricht darum. Denn während ich diese Worte zu Papier bringe, sitze ich in der Bar eines Buschmausoleums, das Rex Hotel heißt, und es ist Freitagabend, und ich habe einen in der Krone, und mir ist sterbenslangweilig, und jetzt hole ich mir noch was zu trinken.« Das Unheimliche war, ich wusste genau, wie er sich fühlte.
    Ich schaute auf die Uhr, stellte entsetzt fest, dass es erst zehn Minuten nach zehn war, und orderte noch ein Bier. Dann nahm ich Notizbuch und Stift und schrieb nach einer Minute Nachdenken: »Canberra grauenhaft langweilig. Aber Bier kalt.« Dann dachte ich noch ein bisschen nach und schrieb: »Socken kaufen.« Dann legte ich das Notizbuch hin, nicht weg, und versuchte noch einmal ohne großen Erfolg, das Gespräch zwischen dem munteren Quartett nicht weit von mir zu belauschen. Dann beschloss ich, ein neues Motto für Canberra auszuhecken. Ich schrieb zuerst: »Canberra - Nichts dran!« und dann: »Canberra - warum auf den Tod warten?«. Dann dachte ich noch ein wenig nach und schrieb: »Canberra - Nichts wie weg!«, was mir, glaube ich, am besten gefiel. Dann bestellte ich noch ein Bier und zeichnete einen kleinen Cartoon. Zwei laichende Lachse, auf halbem Wege eine Reihe sprühender Wasserfälle hinauf, ruhen sich erschöpft in einem stillen Teich aus. Da sagt der eine zum anderen: »Warum bleiben wir nicht einfach und holen uns hier einen runter?« Das fand ich sehr lustig, und ich legte die Seite in meine Tasche für den Tag, an dem ich es lerne, Dinge zu zeichnen, die die Leute auch erkennen. Dann belauschte ich das Vierergrüppchen noch ein bisschen, nickte und lächelte anerkennend, wenn es den Anschein hatte, dass sie ein Witzchen gemacht hatten, und hoffte, dass sie mich sehen und zu sich bitten würden. Aber vergebens. Dann bestellte ich mir noch ein Bier.
    Ich glaube, das letzte Bier war ein Fehler, weil ich mich danach an kaum etwas anderes erinnere als an ein Gef ü hl herzlichsten Wohlwollens allen gegen ü ber, die in dem Raum an mir vorbeiliefen, wie zum Beispiel einer philippinischen Dame, die mit einem Staubsauger kam und mich bat, die Beine hochzuheben, damit sie unter meinem Sessel sauber machen konnte. In meinen Notizen ü ber den Abend gibt es nur noch zwei weitere Eintragungen, beide mit leicht unsteter Hand. Einmal:
    » Victoria Bitter - warum hei ß t es so??? Ist gar nicht bitter. Sondern schmeckt sehr gut!!! « Zum anderen: » Ich sag's dir, Barry, er hat Funken gefurzt! « Ich glaube, das war eine plastische Aussie-Redewendung, die ich den Herrschaften am Tisch abgelauscht hatte, und beschrieb keineswegs eine tats ä chlich stattgehabte Flatulenz elektrischer Natur.
    Aber ich kann mich irren. Ich war ziemlich kn ü lle.
    Als ich am n ä chsten Morgen erwachte, lag Canberra pf ü tzen ü bers ä t unter einem grauen Dauerregen. Geplant hatte ich, ü ber die Hauptbr ü cke am Lake Burley Griffin zu schlendern und das Museums- und Regierungsviertel am anderen Ufer zu besuchen. Es war idiotisch, bei derart scheu ß lichem Wetter drau ß en zu Fu ß herumzulaufen, und wurde auch tats ä chlich sehr misslich, als ich eine Weile nach Verlassen des

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