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Fruehstueck mit Proust

Fruehstueck mit Proust

Titel: Fruehstueck mit Proust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frédérique Deghelt
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du einen neuen Anlauf bei den Verlagen startest?«
    »Ich liebe es, wenn du mich mit diesen Modewörtern auf den Arm nimmst! Sie hat mir ihre Hilfe angeboten und mir von den Jahren erzählt, in denen sie heimlich las. Ich weiß nicht mal, an welche Art von Unterstützung sie dachte. Zuerst haben wir darüber geredet, welche Gründe sie dazu bewegt haben, nur heimlich zu lesen. Ich wollte mehr darüber wissen. Ich habe sie auf einmal ganz anders gesehen, das war sehr verwirrend. Und gesternMorgen hat sie dann wieder gesagt, sie wolle meinen Roman lesen und mir helfen, wenn sie kann. Ich habe ihr nicht viel über die Geschichte erzählt … Sie wollte wissen, seit wann ich schreibe …«
    »Vielleicht ist eine Enkelin, die schreibt, für sie genauso verwirrend wie für dich eine Großmutter, die liest! Aber ich verstehe dich nicht. Die Aussicht, mit deiner Großmutter, von der du mir immer so überschwänglich erzählst, diese Leidenschaft zu teilen, müsste dich doch eigentlich glücklich machen!«
    »Ja, wahrscheinlich sollte ich mich einfach darüber freuen, aber es ist so kompliziert. Ich habe auf einmal eine Fremde vor mir. Sie ist nicht mehr meine Großmutter, sondern eine Frau mit geheimen Sehnsüchten. Ich weiß, das ist egoistisch gedacht. Wo ich jetzt mit dir darüber spreche, merke ich, wie dumm meine Ängste sind. Ich werde ihr den Roman geben, und während sie mit der Lektüre beschäftigt ist, werde ich mich an den Gedanken gewöhnen, dass ich nur einen äußeren Anschein geliebt habe. Und … gespannt sein auf ihre Meinung.«
    »Und Julien?«
    »Was ist mit dem? Willst du wissen, wie man einem Mann sagt, dass man keine geheimen Sehnsüchte vor ihm verbirgt? Dass er seine letzte Chance hätte erkennen müssen? Julien hat nichts kapiert, nichts mitbekommen, und ich kann ihm für unsere Trennung keinen sogenannten triftigen Grund liefern. Alle meine Erklärungsversuche hören sich an wie Dialoge aus einer Seifenoper … ›Ich verlasse dich, weil ich mit dir nie das aufregende Leben haben würde, das ich mir wünsche. Es gibt nicht den geringsten Grund, unsere Beziehung zubeenden, aber es gibt auch keinen, sie aufrechtzuerhalten …‹ Und so weiter. Reicht dir das?«
    »Also werfen wir noch mal einen Blick auf dein pulsierendes Dasein. Du hast das Leben mit einem Mann eingetauscht gegen das Leben mit deiner Großmutter. Stellt sich da nicht doch die Frage nach deinem Verständnis von Abenteuer?«
    Jade musste husten und verschluckte sich an ihrem Kaffee.
    »Vielen Dank für deine scharfsinnige Analyse, ich glaube, das wird mir sehr helfen.«
    »Nein, aber ich meine …«
    »Was denn noch?«
    »Es ist idiotisch: Die Großmutter und das Rotkäppchen leben schon zusammen, jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wo der böse Wolf herkommen wird.«

Mamoune
    H eute Morgen lag das Manuskript meiner kleinen Jade auf dem Küchentisch. Ich habe schlecht geschlafen. Keine Nachricht von meinen Töchtern zu haben, wo ich schon drei Wochen hier bin, lässt mich nachts kein Auge zutun vor Sorge. Irgendwas braut sich da im Stillen zusammen, und diesmal habe ich wirklich Angst, dass weder Jade noch ich dagegen ankommen. Stundenlang habe ich mich gefragt, ob es nicht besser wäre, Denise und Mariette anzurufen und ihnen mitzuteilen, dass ich für eine gewisse Zeit in Paris bleiben werde. Da ich noch bei klarem Verstand bin, wenigstens glaube ich das, bin ich es mir schuldig, dieses direkte Gespräch mit meinen Töchtern zu führen. Wenn ich sie anrufe, mildert das vielleicht ihre Bestürzung und Wut, denn sie müssen ja denken, ich hätte meine Flucht sorgfältig geplant.
    Wie kann es nur so weit kommen, dass man sich vor seinen Kindern rechtfertigen muss, wie man leben möchte? Als wäre es nicht schlimm genug, von der Zeit gezeichnet zu sein! Mariette, die Älteste und Sanfteste, wird mir vielleicht sogar mildernde Umstände für mein ungewöhnliches Verhalten zugestehen. Ich kann mir die Diskussion zwischen den dreien lebhaft vorstellen. Als gute Anwältin wird Mariette sich auf meine Angst vor dem Krankenhaus berufen. Ihre Sanftmut und ihre Überzeugungskraft waren ebenso starke Waffen wie der Kampfgeist von Léa, meiner Zweitältesten, die sich unverzüglich Gedanken über die weitere Vorgehensweise machen wird. Und wasmachen wir jetzt?, wird sie fragen. Wer holt sie ab? Wie im Leben wird jede die ihr eigene Rolle spielen: Die Erste war Spezialistin für Scheidungen und Ehestreitigkeiten, während die Zweite

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