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Frühstück um sechs

Frühstück um sechs

Titel: Frühstück um sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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verstecken, nur dem armen Teufel was zu essen geben,
ihn dann laufen lassen und keinem Menschen ein Wort sagen. — Pst, er kommt!«
    Ich
hatte noch nie einen entflohenen Gefangenen gesehen. Er sah genau aus wie
gewöhnliche Menschen, freilich unordentlich, Hosen und Pullover waren sehr
staubig. Das Motorrad sahen wir nicht, er hatte es am Tor gelassen. Er war
höflich und ganz kühl — aber vielleicht nur, weil er wußte, daß unsere Männer
fort waren? Seltsamerweise wurde ich gar nicht nervös.
    Er
fing an: »Guten Abend. Ob ich wohl hier...«
    Wie
ein Blitz unterbrach ihn Larry: »Ja, gewiß, nur sprechen Sie kein Wort, nicht
eins. Ich weiß über Sie genau Bescheid. Das heißt, wir wissen beide Bescheid.«
    Der
junge Mann blickte uns erschrocken an. Sicher hatte er nicht geglaubt, daß die
Polizei ihm schon so dicht auf den Fersen war. Er versuchte wieder zu sprechen,
doch Larry fiel ihm abermals ins Wort. Sie war sehr energisch und tat ganz
geheimnisvoll, und ich merkte, daß sie ungeheuren Spaß an der Sache hatte. Sie
forderte den Mann auf zu warten, bis sie ihm Essen geholt hätte. Er versuchte
abzulehnen, was ich anständig fand, weil ich glaubte, er wolle uns nicht in
Konflikte bringen. Doch Larry schob seine Einwände beiseite. Ehe ich bis zehn
zählen konnte, hatte sie dem Widerstrebenden einen Laib Brot, Butter und
Fleisch in die Hände gedrückt.
    »Stecken
Sie das in diesen Beutel, und den werfen Sie weg, wenn Sie’s aufgegessen haben
— oder verbrennen Sie ihn lieber. Nein, sprechen Sie nicht, die können jede
Minute kommen, dann kann ich wenigstens ehrlich behaupten, daß Sie mit mir
nicht gesprochen haben. Hier haben Sie noch eine alte Decke. Und viel Glück!
Fahren Sie auf Deubel komm ‘raus!«
    Völlig
verblüfft wollte er sich entfernen, da schrillte das Telefon, scharf und
anhaltend. Larry legte einen Finger auf den Mund. »Verduften Sie rasch, ich muß
hören, wer am Apparat ist.« Sie ging hin.
    Der
junge Mann aus Borstal war ein kaltblütiger Knabe. Er versteckte sich nicht,
sondern blieb glatt stehen, wo er war und glotzte mich an. Wie versteinert,
dachte ich. Da er mir schrecklich leid tat, flüsterte ich: »Hoffentlich kommen
Sie gut durch.«
    »Ist
wohl besser, ich verschwinde. Ist sie...? Ich meine...«
    Ich
wußte nicht, was er meinte, aber nach seinem Gesicht zu urteilen, glaubte er
wohl, Larry sei nicht ganz bei Trost. Wahrscheinlich war er selten freundlich
behandelt worden, so daß dieser unerwartete Empfang ihn maßlos erschreckte.
    Ich
hörte Larry am Telefon sagen: »Habe nichts beobachtet, nicht das mindeste. All
right, ich gebe Ihnen dann Bescheid.«
    Ja,
sie waren ihm auf der Spur! Larry kam sofort wieder.
    »Es
wurde angefragt, ob wir einen Fremden gesehen oder ein Motorrad gehört hätten.
Man wollte mir gerade Einzelheiten erklären, doch ich habe ich aufgehängt; viel
besser, man weiß gar nichts. Nun verduften Sie aber, bevor die Verfolger kommen
und Sie entdecken!«
    Jetzt
konnte er gar nicht schnell genug wegkommen. Ein paarmal drehte er sich noch
um, als sei er nun doch nervös geworden. Kaum war er außer Sicht und das
Klopfen seines Motors in der Abendstille verklungen, da ließ Larry sich in
einen Sessel fallen.
    »So
— was kümmern mich der Colonel und die ganze Polizei! Jedenfalls haben wir dem
erschöpften Mann auf den Weg geholfen, und darüber bin ich froh.«
    »Und
ich auch. Aber er kam mir so komisch vor, nicht gerade sehr dankbar.«
    »Oh,
auf Dankbarkeit habe ich nicht gerechnet«, behauptete Larry großspurig. »Mußt
bedenken, daß der Mensch, wenn er weiß, daß alle gegen ihn sind, die feineren
Gefühle verliert. Hauptsache ist, daß wir weder ihn noch uns selbst in eine
Klemme gebracht und sogar noch geholfen haben.«
    »Ich
bin neugierig, was Paul und Sam sagen werden«, bemerkte ich nachdenklich, aber
gerade in dem Augenblick läutete das Telefon. Ich eilte hin, in der Hoffnung,
von unseren Männern zu hören, doch es war Miss Adams aus dem Laden.
    »Guten
Abend, Mrs. Russell. Kommen Sie nicht heute zum geselligen Abend? Es ist
freilich für Sie ein weiter Weg. Ich frage mich, ob die Sache überhaupt
stattfinden kann. Sie wissen ja, daß es sich um die Begrüßung des Geistlichen
handelt, und der ist bisher noch nicht eingetroffen. Ich habe gerade Mrs. Lee
gefragt, ob sie ihn nicht gesehen hätte, aber sie war in großer Eile und hängte
gleich ab.«
    In
meinem Gehirn schlug eine Taste an, ich stieß einen stöhnenden Laut aus, und
ein tolles

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