Frühstück um sechs
um notfalls beides rasch hinauswerfen zu können, drehte den Rückspiegel
sorgfältig so, daß ich am besten die ersten Anzeichen von Feuer beobachten
konnte, und fuhr los.
Die zwei Meilen waren eine
Tortur für meine Nerven. Dann verabschiedete ich mich zögernd von dem Farmer,
der bestimmt froh war, mich loszuwerden, sich aber nichts anmerken ließ, und
fuhr von seinem Tor aus allein weiter. Während der nächsten paar Meilen
fürchtete ich jeden Moment, daß der Wagen in Flammen aufgehen würde, doch als
ich dann an Häusern vorbeikam und anderen Fahrzeugen begegnete, schämte ich
mich viel zu sehr, um noch Angst zu haben. Als ich in die Stadt kam, blieben
alle Leute stehen und glotzten meinen Wagen an. Ich setzte mich kerzengerade
hin und bemühte mich, würdevoll auszusehen.
Und dann passierte noch
Schlimmeres. Vielleicht war ich konfus, jedenfalls drückte ich mit dem Ellbogen
hart auf die Hupe, die pflichtgemäß losblökte, was wirklich nicht nötig war,
denn nur völlig taube Leute hätten mein Kommen überhören können, und denen wäre
die Hupe auch nicht von Nutzen gewesen. Aber sie heulte jetzt pausenlos, ich
konnte sie nicht abstellen. Meilenweit muß sie zu hören gewesen sein. Von dem
Hupengeheul und dem Gedonner des Motors wurden die Anwohner aus ihren Haustüren
und Läden gelockt. Als ich es bis zur Werkstatt geschafft hatte, bekam ich
beinahe einen hysterischen Anfall.
Zwei Männer kamen unter
schallendem Gelächter herausgestürzt, rissen die Kühlerhaube auf und zogen an
einem Draht, worauf die Hupe schwieg. Ich nahm meinen Koffer, stieg aus und
sagte: »Bitte, überholen Sie den Wagen, ich kann ihn eine Woche entbehren.« —Fast
hätte ich gesagt »für immer«. — Dann schritt ich steif zum nächsten Taxistand,
wo zwei Fahrer sich sehr belustigt unterhielten. Ich konnte mir denken, worüber
sie lachten.
»Ich möchte den Schnellzug noch
erreichen«, sagte ich eiskalt.
»Entschuldigen Sie, Miss, daß
wir so lachen, aber das hätten Sie sehen müssen, diese alte Karre, die da kam,
ohne Auspuffrohr und mit laut quäkender Hupe. Das war vielleicht ein Bild — und
der Radau! Den Fahrer habe ich gar nicht gesehen. Muß wohl selbst so’n alter
Kauz gewesen sein wie sein Wagen.«
Ich sagte steif, der Meinung
sei ich auch, und ob er so freundlich sein wollte, sich zu beeilen, denn der
Zug führe gleich ab.
Es wurde eine lange Nacht, aber
wenigstens holte mein Vater mich ab, obgleich ich um sechs Uhr morgens eintraf.
Er hatte sich, wie gewöhnlich, die Wartezeit mit einem Kreuzworträtsel
vertrieben. Ich freute mich sehr, ihn wiederzusehen.
»Hallo, mein Töchterchen!« rief
er. »Also hat die blöde Heiraterei immerhin ein Gutes: daß du mal zu deinen
Eltern kommst! —Früh? Ach, Unsinn, in den letzten Tagen sind wir noch früher
aufgestanden, und ich bin froh, mal aus dem Hause zu kommen. Ich finde, du
siehst mager aus. — Sag mir doch mal ein Wort für >blau<, das mit O
anfängt und sieben Buchstaben hat.«
»Will’s versuchen, aber nach
einer nächtlichen Eisenbahnfahrt bin ich nie richtig in Form. Wie geht’s allen
zu Hause?«
»Rennen ‘rum wie die
Wahnsinnigen, in heller Aufregung.«
»Arme Mama! Ihr Telegramm klang
schon sehr sorgenvoll.«
»Warum ziehen sie bloß die
Sache so groß auf? Ist mir einfach schleierhaft. Bei deiner Hochzeit war’s
schon schlimm genug, aber Paul hatte wenigstens keine Verwandtschaft. Diesmal
erscheint die ganze Sippschaft der Erskines mit sämtlichen Freunden, ungefähr
zweihundertfünfzig Personen.«
»Du lieber Himmel! Wo wollt ihr
denn die alle zum Essen unterbringen?«
»Es soll ein Zelt über den
Rasen gespannt werden. Gott sei Dank haben wir ja schönes Wetter. Essen und
Geschirr stellt dieselbe Firma wie bei dir. Aber der Himmel mag wissen, wie ich
das durchhalten soll, wenn sich Dawn auch in den Kopf setzt, in den nächsten
fünf Jahren zu heiraten! Bin jetzt schon beinahe bankrott. — Kann das Wort
>Oxfordblau< heißen?«
»Du sagtest doch >sieben
Buchstaben<. — Wie geht’s denn Felicity?«
»Sie ist schrecklich nervös und
öffnet den ganzen Tag Geschenkpakete. Ich kann durchs Haus gehen, wann ich
will, jedesmal verwickle ich mich mit den Beinen in Bindfaden, und überall
liegt Papier. Und alle Sachen kriegt sie dutzendweise. Kann mir nicht
vorstellen, wo sie die unterbringen will.«
»Oh, die wird sie gewiß
weiterschenken, wie sie’s mit Weihnachtssachen macht.«
»Hoffentlich stellt sie sich
dann ein Verzeichnis auf!
Weitere Kostenlose Bücher