Frühstück um sechs
jetzt, wo unbedingt er den Anruf
entgegennehmen wollte.
Diesmal war es Sam, und
sogleich schien das Gespräch sich in denselben Bahnen zu bewegen, denn ich
hörte Paul ziemlich gereizt sagen: »Aber absolut nicht! Ist doch nicht meine
Art. Laß dir gesagt sein, Susan hat eine ganz schöne Phantasie! Mit dem kann
jeder gemeint sein. Ist überhaupt ein Irrtum, zu glauben, daß Schriftsteller
immer bestimmte Leute beschreiben. Komisch, wie du auf den Gedanken kommst, ich
könnte das sein! — Ja, werde ich ihr sagen. —Wie? — Oh, Larry. Am besten, Susan
spricht selbst mit ihr.«
Und ob das besser war! Ich
sprang auf und riß Paul den Hörer aus der Hand. Larry wollte doch sicher ihre
Späße machen!
»Hallo, hoch sollst du leben!«
rief sie. »Wunderbar, einfach fabelhaft! Ja, wirklich, sehr gut. Ist das nicht
ein herrliches Gefühl, sich gedruckt zu sehen? Warum steht bloß dein Name nicht
darunter? Na, macht nichts, Paul erkennt ja jeder sowieso gleich. Ach, Susan,
wie fein du ihn skizziert hast! Ich konnte beim Lesen direkt sein Gesicht vor
mir sehen, wie seine Wunderköter hinter den Karnickeln herjagten und die
Schafherde sich auflöste. Hat er’s übelgenommen?«
Ich gab schwache, gurgelnde
Laute von mir. Paul horchte ja, das sah ich durch die halboffene Tür. Hastig
sagte ich: »Weißt du, Paul war gar nicht darauf gekommen, daß der Artikel von
mir stammt. Er hat sich ordentlich erschrocken. Und noch eins, Larry, die
dargestellten Personen sind natürlich alle frei erfunden.«
Ihr spöttisches Gelächter, das
in der Leitung laut knatterte, muß Paul gehört haben, doch sie sagte nur: »Oh,
natürlich, Liebste. Und wie ist nun das Gefühl, wenn der schöpferische Drang
seine erste Erfüllung findet? Du mußt jetzt dabeibleiben. Ach, noch was, Susan,
denk dir, Maus hat mein kostbares Buch über Psychologie vollkommen zerrissen,
gerade als ich an die richtig saftigen Stellen kam!«
Als ich wieder zum Kamin
schritt fiel mir auf, daß Pauls befriedigtes, stolzes Grinsen einem
nachdenklichen Blick gewichen war. Er sagte wie nebenbei: »Eigentlich
sonderbar, daß die Leute immer meinen, bestimmte Dinge, die sie lesen, wären
auf ihre Bekannten gemünzt. Nie trauen sie den Schriftstellern genug Phantasie
zu.«
»Ja, albern, nicht wahr?
Natürlich habe ich auch an dich gedacht — und an beliebige andere Schafzüchter.
Ich sehe aber ein, daß ich in unserer Gegend recht vorsichtig sein muß. Es
empfiehlt sich zum Beispiel nicht, Glossen über den Panjandrum zu schreiben.«
Paul lächelte wieder ganz
vergnügt. »Junge, das wäre so ein Spaß! Hauptsache ist aber, daß man’s nicht zu
auffällig macht. Könnte peinlich werden.«
Ich erkannte, daß er
Artikelschreiben unter Umständen für gefährlicher hielt als Larry, diesen
>Dynamitbrocken<. Und ich wollte ihm doch möglichst den Glauben erhalten,
daß es eine ungetrübte Freude war, mit einer begabten Schriftstellerin verheiratet
zu sein. Also mußte ich nächstes Mal zarter skizzieren.
Immerhin, ich hatte nun
wenigstens den Anfang gemacht...
18
Ich ließ die Schreiberei aber
vorläufig ruhen. Es war zwecklos, bei den Zeitungen auf die Annahme vieler
Artikel zu rechnen, besonders wenn sie nicht mit Maschine geschrieben waren. Im
übrigen hatte ich auch wenig Zeit.
Wer den ersten Frühling im
Hochland erlebt, muß ihn wundervoll finden. Der Winter ist so lang, der nasse
grüne Busch so eintönig, und der Mensch ermüdet am ewig gleichen Bild des
grüngrauen, spärlichen Grases im ständigen Wechsel von scharfem Frost und
schweren Regenschauern. Wie eine Offenbarung ist es dann, wenn sich Ende
September die ganze Umwelt auf einmal verwandelt.
Überall entfalten sich
erstaunlich schnell die Knospen der Pflanzen und Blumen, die Obstbäume sind
bedeckt mit wahren Blütenmassen, alle Sträucher im Ziergarten tragen hübsche
frohe Farben. Das Gras grünt fast über Nacht, das Vieh wird mit einem Schlage
munter, die Schafe ducken sich nicht mehr in warmen Winkeln zusammen, ihre
Lämmer werden rundlich und spielen in der Abendkühle wie kleine Kinder, machen
Wettlauf und lustige Bocksprünge. Kurzum, alles wird plötzlich schön.
Einiges war weniger erfreulich
für mich. Ich hatte jetzt heimliche Zweifel an der Intelligenz der Schafe
bekommen. Sobald ihre Wolle dicker und die Versuchung, in der Sonne zu
schlummern, stärker wurde, begannen sie mit monotoner Gleichmäßigkeit zu
lammen. Wo sie gingen und standen, kippten sie um, blieben liegen und
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