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Frühstückspension: Kriminalroman

Frühstückspension: Kriminalroman

Titel: Frühstückspension: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Hunold-Reime
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beachten.
    »Ohne mich! Komm!«
    Mit diesen Worten packt er die Frau hart am Oberarm und zerrt sie mit sich in die offene Fahrstuhlkabine. Ich haste blindlings hinterher. Bereit, mich einzumischen. Aber die Tür schließt sich vor meiner Nase. Der Fahrstuhl fährt nach unten. Ich drücke mit beiden Händen auf die Tasten. Ohne die geringste Ahnung, was ich eigentlich unternehmen oder sagen könnte. Etwa: Lassen Sie sofort die Frau los! Sie Rüpel! Nicht in diesem Ton! Kommen Sie, Schwester Maike! Ich helfe Ihnen!
    Dabei weiß ich nicht einmal, ob sie meine Hilfe überhaupt will oder braucht. Ich folge nur meinem Instinkt. Der sagt mir: Ich muss sie beschützen.
    Endlich öffnen sich die Türen erneut. Ich drücke auf »Erdgeschoss«. Während es abwärts geht, versucht mein Verstand, mich zu erreichen. Was weißt du eigentlich von Schwester Maike? Sie kommt auch aus Hannover. Okay. Sie lebt seit ein paar Jahren in Wilhelmshaven und arbeitet auf der Intensivstation. Und du magst sie. Mehr Informationen hast du nicht. Du hast keine Ahnung, welche Verbindung zwischen ihr und dem aufgebrachten Mann besteht. Vielleicht ist seine Wut berechtigt?
    »Niemals!«, widerspreche ich mir laut. Sie ist nicht freiwillig mit ihm gegangen. Das habe ich genau gesehen.
    Als der Fahrstuhl hält, öffnen sich die Türen auf der entgegengesetzten Seite. Ich drehe mich irritiert um. »Kein Ausgang«. Das Schild ist in Augenhöhe und nicht zu übersehen. Zögernd steige ich aus.
    Hier ist nicht der übliche Krankenhausflur, wie ich ihn kenne. Die Räume erinnern eher an Operationssäle. Die Wände sind weiß gefliest. Überall hängen Sauerstoffgeräte.
    Als sich hinter mir die Fahrstuhltüren wieder schließen, zucke ich zusammen. Mir ist klar, dass ich mich auf verbotenem Terrain befinde, und gehe weiter. Hinter der ersten Schiebetür bereue ich meine Entscheidung.
    Ich habe das Gefühl, mitten in eine Filmszene von ›Emergency Room‹ geplatzt zu sein. Ärzte, Pfleger und Schwestern stehen um eine Trage. Ich kann sie nicht unterscheiden. Sie tragen alle diesen grünen Zweiteiler. Es herrscht angespannte Hektik. Alarmtöne schwirren unruhig durch den Raum und machen die Gefahr fast körperlich spürbar. Jetzt erst erkenne ich zwischen dem Personal eine Frau auf der Trage. Sie ist nackt. Ihr Leib ist aufgetrieben, als wäre sie schwanger. Ihre Beine und Arme sind makellos schlank. An ihrem Fußgelenk hängt ein zierliches Silberkettchen. Ihre Nägel sind rot lackiert.
    Die Schiebetür gegenüber wird mit einer energischen Bewegung geöffnet. Ich fahre zusammen. Eine Frau im weißen Zweiteiler kommt herein.
    Sie hat ihr Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Er wippt bei jedem ihrer Schritte.
    Ein Arzt oder Pfleger drückt ihr Blutröhrchen und einen Zettel in die Hand.
    »Es eilt«, sagt er mit Nachdruck. »Die Werte sofort vom Labor durchgeben. So schnell wie möglich.« Seine Stimme klingt so, als dulde sie keinen Widerspruch.
    Aber die Frau sagt völlig unbeeindruckt: »Ja, es eilt immer! Wenn ich hexen könnte, würde ich nicht hier arbeiten!«
    Die Antwort wirkt in der knisternden Atmosphäre unwirklich, und ich erwarte eine zornige Reaktion. Aber der Mann wendet sich nur einem anderen Kollegen zu.
    Ich stehe noch immer auf dem gleichen Fleck und starre wieder auf die nackte Frau. Sie ist sicher der Neuzugang, von dem sie vorhin auf der Intensivstation gesprochen haben. Beim Poppen, schießt es mir wider Willen durch den Kopf und lässt Bilder entstehen, die ich nicht sehen will.
    »Was machen Sie hier? Haben Sie nicht das Schild gelesen? ›Eintritt verboten!‹«
    Die Stimme ist streng, und ich sehe in das unwillig verzogene Gesicht einer Schwester.
    »Entschuldigung. Ich habe mich verlaufen«, stammele ich und versuche ein dünnes Lächeln.
    »Ich suche Schwester Maike«, füge ich hastig hinzu.
    Die Gesichtszüge der Schwester entspannen sich. Vielleicht denkt sie sogar, ich wäre Maikes Mutter.
    »Fahren Sie auf die Wachstation. Zweite Etage.«
    Dabei weist sie mit dem Arm in Richtung Fahrstuhl.
    Mein dahingehauchtes »Danke« nimmt sie nicht mehr wahr, und ich beeile mich, diesem Bereich zu entkommen. Hier ist Schwester Maike auf keinen Fall mit dem Mann gelandet.
    Der Fahrstuhl öffnet sich dieses Mal sofort. Er ist schon programmiert und fährt mit mir in den Keller.
    Die Decken sind niedrig. An ihnen laufen dicke Rohre entlang. Sie sind nackt und nur teilweise mit Isolierwolle ummantelt.
    Hier ist mit Sicherheit auch kein

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