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Frühstückspension: Kriminalroman

Frühstückspension: Kriminalroman

Titel: Frühstückspension: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Hunold-Reime
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erkannt.
    »Die Geschichte ist noch nicht zu Ende«, sage ich und ignoriere sein gequältes: »Was denn noch?«
    »Jochen wurde mit einem schweren Schädelhirntrauma eingeliefert. Dein Führerschein und deine Versicherungskarte lagen im Handschuhfach. Er wird auf der Intensivstation in Wilhelmshaven beatmet.«
    Ich stocke kurz: »Unter deinem Namen.«
    Schweigen. Ich warte. Höre förmlich, wie es in Reinhard arbeitet. Spüre seinen fragenden Blick und sehe weiter geradeaus in den Himmel.
    »Unter meinem Namen?«, wiederholt er endlich. Anscheinend ist er so fassungslos, dass ihm nichts anderes einfällt.
    Wieder Schweigen. Ich spüre, wie er sich mehr und mehr anspannt, um dann mit vor Wut zitternder Stimme zu fragen: »Und du hast das nicht richtiggestellt!?«
    Ich biege instinktiv meinen Oberkörper zur Seite.
    »Warum um alles in der Welt nicht?« Seine Stimme überschlägt sich. »Warum?«, wiederhole ich leise und versuche mich zu beruhigen. Seine Wut soll mich nicht erreichen.
    »Ich habe mich wie in einem Film gefühlt. Oder besser ausgedrückt, vor einem Film. Es gehörte nicht zu mir.«
    Ich denke an Tomke und Maike. Weil Jochen als Reinhard auf der Intensivstation lag, bin ich ihnen begegnet. Ich wollte sie nicht gleich wieder verlieren. Alles erschien plötzlich ein wenig leichter und ich war nicht mehr einsam. Ich habe diese Zeit gebraucht.
    »Es hat mir in der Situation geholfen«, rutscht mir heraus und ich bereue es im gleichen Augenblick.
    »Geholfen«, schnauzt Reinhard mich sofort an. »Du bist komplett verrückt geworden.«
    »Vielleicht«, gebe ich ungerührt zu.
    »Ist dir eigentlich klar, wobei er dir geholfen hat?«
    Ich antworte nicht mehr. Warum soll ich versuchen, ihm etwas zu erklären? Er wird mich eh wie ein emotionales Wrack behandeln und weiß alles besser. Was seiner Meinung nach besser für mich ist. Nein, nicht noch mehr von mir preisgeben. Hier muss Schluss sein. Er weiß jetzt, dass ich ins Krankenhaus zurückfahren werde. Ob er es versteht oder nicht. Ich werde bleiben.
    »Noch mehr Schulden am Hals zu haben! Dabei hat er dir geholfen«, bringt Reinhard seinen Satz zu Ende.
    »Dieser Penner liegt nun erster Klasse, und die Kosten übernehmen wir!«
    »Was soll’s«, entgegne ich unbeeindruckt. »Er wird bald sterben.«
    Reinhard will sich gerade sein Glas wieder vollschenken. Nun hält er in der Bewegung inne. Ich spüre wieder seinen Blick, als er mich auffordert: »Sag das noch einmal.«
    Ich bin zu müde und überhöre, dass seine Stimme wieder einen sanfteren Ton angenommen hat.
    »Jochen wird bald sterben. Spätestens, wenn sie die Beatmungsmaschine abstellen. Selbst die Atmung funktioniert bei ihm nicht mehr ohne Gerät.«
    »Es geschehen manchmal noch Wunder«, murmelt Reinhard und schenkt sein Glas voll.
    »Für Jochen nicht mehr«, entgegne ich ruhig.
    »Ich rede auch nicht von ihm, sondern von uns.«
    Jetzt lächelt Reinhard. Ich sehe ihn an, weil ich an eine Sinnestäuschung glaube. Aber er lächelt.
    »Kann es sein, dass du jetzt verrückt geworden bist?«, frage ich vorsichtig.
    »Ganz und gar nicht, meine Liebe.«
    Jetzt lächelt er mir direkt in die Augen. Ganz intensiv. Das macht mir Angst.
    »Wer hätte das gedacht«, lacht er und prostet mir zu.
    »Dass du einmal durch deine Naivität den Karren aus dem Dreck ziehen wirst.«
    Ich starre ihn an und habe keine Idee, worauf er hinauswill.
    »Wir sind schuldenfrei«, flüstert er mir heiser zu. Er öffnet das Fenster: »Schuldenfrei!«, schreit er über den Deich in die Dunkelheit.
    Ich spüre, wie ich eine Gänsehaut bekomme. Wie ich mich zu wappnen beginne.
    »Ich habe eine stattliche Lebensversicherung. Das wusstest du auch nicht, aber okay.«
    Er lacht leise in sein Glas.
    »Ich wusste oft nicht, wie ich den nächsten Beitrag bezahlen sollte.
    Ich wollte die Versicherung beleihen, aber ich habe noch gewartet. Das wird nun belohnt.«
    »Ich verstehe kein Wort«, sage ich zögernd. Weil ich es nicht verstehen will. Er macht mir Angst und gibt mir das Gefühl, mit einem Fremden im Wagen draußen am Deich zu sitzen. Einem Fremden, der völlig unberechenbar reagiert.
    »Nein, verstehst du nicht?«, Reinhards Stimme hat nun etwas Lauerndes.
    »Dein Jochen stirbt unter meinem Namen. Und ich kassiere. Verstehst du nun?«
    Mein Puls schießt wieder in die Höhe. Alle meine Instinkte sind auf Flucht programmiert. Aber ich bleibe steif sitzen und sage nur: »Du bist doch verrückt geworden.«
    »Mag sein, aber ein

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