Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen
vom Pferd gestorben – und der Himmel weiß, was sonst noch. Das würde Felicity nicht mitmachen – und ihr Vater ebensowenig. Sie würde die Scheidung einreichen, und der alte Mann würde sein ganzes Geld aus meinen Firmen ziehen. Felicity würde dafür sorgen, daß sie die Hälfte von allem bekommt, was ich besitze. Ich wäre vielleicht sogar gezwungen, Konkurs anzumelden, wäre ruiniert, und das kann ich natürlich nicht zulassen. Weder Ihnen noch der Polizei kann ich etwas sagen, das irgendein Licht auf Harriets Tod werfen würde. Und da ich weiß, was die Massenblätter für solche Leckerbissen bezahlen, rate ich Ihnen, nicht in Versuchung zu geraten und sich mit ihnen in Verbindung zu setzen. Weiden Sie sich, wenn Sie wollen, an dem, was Sie erfahren haben, aber behalten Sie es für sich.« Meredith wurde feuerrot und öffnete den Mund, um heftig zu widersprechen. Green kam ihr zuvor, beugte sich über den kleinen Tisch und hielt ihren Blick fest.
»Wenn Sie Ihr Wissen irgendwie dazu benutzen sollten, mich, egal wie, in Verlegenheit zu bringen, Miss Mitchell, dann werden Sie es bereuen. Und ich bin sicher, Sie sind viel zu intelligent, um an Erpressung zu denken.«
»Harriet war meine Freundin«, sagte sie erstickt.
»Und für mich eine Geliebte«, sagte Green gelassen.
»Nichts sonst. Nur das. Eine Geliebte.« Du Ratte, dachte Meredith. Du jämmerlicher Wicht. Verrotten sollst du in deinem jämmerlichen kleinen Grab.
»Hat sie die Beziehung auch so gesehen?« fauchte sie.
»Aber natürlich. Benehmen Sie sich bitte nicht wie eine gekränkte Romantikerin, Miss Mitchell. Harriet hatte einen außerordentlich klaren Kopf. Hätte sie die vorgegebenen Regeln umstoßen wollen, wäre unsere Affäre sofort zu Ende gewesen, das wußte sie genau.«
»Wie praktisch für Sie! Ich wünschte, ich könnte glauben, daß alles so festgelegt und klar umrissen war.« Greens Lippen verzogen sich zu einem kurzen, freudlosen Lächeln.
»Alle Liebespaare streiten hin und wieder, Miss Mitchell. Das gibt einer Beziehung die Würze, verändert sie aber nicht gleich. Doch falls Sie einen zusätzlichen Rat brauchen, schlage ich vor, daß Sie an eine Briefkasten-Tante schreiben. Ich kann nicht behaupten, daß es mir ein Vergnügen war …« Er machte eine Bewegung, als wolle er aufstehen.
»Ich glaube«, sagte Meredith sanft,
»meine alte Tante ist eine gute Freundin Ihres Schwiegervaters Mr. Ballantyne. Denn das ist er doch? Wohnt in der Nähe von Newbury.« Es ist nicht viel, Harriet, dachte sie. Es war nur eine kleine Rache, doch mehr konnte sie nicht tun. Green blieb, halbgebückt, wie erstarrt stehen. Das Blut wich ihm aus dem Gesicht, seine Haut wurde aschfahl.
»Das hätten Sie mir von Anfang an sagen müssen. Dieses Gespräch hat unter völlig falschen Voraussetzungen stattgefunden. Ich nahm an, Sie wüßten über mich nicht viel mehr als ich über Sie. Wieviel wissen Sie überhaupt über meine Angelegenheiten?«
»Mr. Green«, sagte Meredith und erhob sich mit Würde,
»Ihre Angelegenheiten interessieren mich nicht die Bohne – und Ihre Affären noch weniger. Ich bin einzig und allein daran interessiert zu erfahren, woher Harriet die Tranquilizer hatte. Es gibt aber eine Frage, die Sie mir beantworten können, wenn Sie wollen.«
»Ja?« sagte er heiser.
»Haben Sie mit Harriet am zweiten Weihnachtstag gefrühstückt?«
»Nein«, bellte er wütend.
»Ich bin am ersten Weihnachtstag gegen Mitternacht gegangen.«
»Und sind nicht zurückgekommen?«
»Nein! Warum sollte ich? Am nächsten Tag war das Jagdtreffen. Ich mußte mich darauf vorbereiten. Außerdem sollten wir uns dort ohnehin sehen.«
»Fein. Schön, vielen Dank, Mr. Green. Und danke für den Kaffee.« Sie lächelte eisig und ließ ihn schweigend, zornig und, davon war sie überzeugt, in Todesängsten zurück. Aber als sie nach Pook’s Common zurückfuhr, überkam Meredith tiefe Niedergeschlagenheit. Das hatte nichts mit Harriets Tod, aber sehr viel mit Harriet selbst zu tun. Welchen Preis hast du für deine Unabhängigkeit wirklich bezahlt, Harriet? fragte sie sich trübsinnig. Sie war so eifrig darauf bedacht gewesen, sich von niemandem über den Tisch ziehen zu lassen. Sie, die Tom Fearon so fest im Griff gehabt hatte. Doch dann war dieser Miesling Green gekommen, und sie war auf seinen Charme hereingefallen – was immer das war. Und er hatte jetzt nichts anderes im Sinn, als so zu tun, als habe er sie nie gekannt. Er war es gewesen, für den sie
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