Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen

Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen

Titel: Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
Vom Netzwerk:
Fußwegen durchkreuzt. Einzeln stehende, windgepeitschte Bäume kämpften ums Überleben. Ein großer Vogel, eine Krähe, soweit Meredith das sagen konnte, flatterte vom Boden auf und flog hoch über ihr davon. Die Aussicht ermutigte nicht zum Weiterwandern. Irgendwie kam ihr das Gemeindeland abweisend und unfreundlich vor. Wenn die Kobolde dort draußen waren, durften sie es ruhig für sich behalten. Sie kehrte lieber um.
Als sie wieder am Stallhof vorüberkam, hörte sie aus dem Gebäude Stimmen, die Stimme eines Mannes und die einer Frau, die in eine heftige Auseinandersetzung verstrickt schienen. Plötzlich erkannte sie Harriets Stimme. »Ich tue, was mir gefällt, verdammt!«
»Du schuldest mir wenigstens – «, begann der Mann zornig.
»Ich schulde dir gar nichts. Und ich habe keine Lust, mit dir darüber zu reden, solange du in einer so miesen Stimmung bist. Du kannst später anrufen, wenn du dich beruhigt hast – aber nicht früher.«
Bravo, Mädchen, dachte Meredith, leise vor sich hin lachend. Harriet ließ sich von Mr. Fearon ganz gewiß nicht an der Nase herumführen.
Als sie am Cottage der Haynes’ vorüberkam, schien es auch dort eine Auseinandersetzung zu geben. Doch diesmal war es Geoffreys Stimme, die aggressiv polterte, mit gelegentlichen milden Protestquietschern seiner Frau dazwischen. Wahrscheinlich waren sie schon mehr als dreißig Jahre verheiratet oder sogar noch länger. Jetzt noch eingefahrene Gewohnheiten zu ändern wäre schwierig, dachte Meredith. Vielleicht hat es doch etwas für sich, unabhängig zu bleiben, sich seine eigene Umlaufbahn zu schaffen. Lucy Haynes war an ihren übellaunigen Ehemann gebunden wie ein Satellitenmond an seinen Planeten. Geoffrey führte an, und Lucy folgte. Harriet war, im Gegensatz dazu, keine Anhängerin, sondern eine Führerin. Wie bremste man einen Menschen wie Harriet, eigenwillig, unabhängig, keinem verpflichtet? Man mußte ihr vermutlich ein Bein stellen und ihr eins auf den Schädel geben, der Himmel allein mochte ein anderes Mittel wissen.
Unabhängigkeit. Es war leicht, seine Unabhängigkeit auf vielerlei Art aufzugeben, so daß man es erst merkte, wenn es zu spät war. Man konnte behaupten, sogar Laura Danbys freundliche Einladung habe Merediths Unabhängigkeit in gewisser Weise unterminiert. Bei Alan war es etwas anderes, die Danbys waren seine Familie. Obwohl er einmal eine Ehefrau gehabt hatte. Meredith gestattete sich, einen Moment über diese nie erwähnte Zeitspanne in seinem Leben nachzudenken. Mit ihr hatte er nie darüber gesprochen. Sprach er je mit anderen darüber? Seine Frau hatte Rachel geheißen, das wußte sie, aber das war auch alles. Eines Tages wird er mir davon erzählen, dachte sie. Jetzt war er offensichtlich noch nicht dazu bereit.
Sie kehrte in Gedanken zu den Danbys zurück. Was würden sie von ihr halten? Was sahen sie in ihr? Alans Freundin? Das verhüte der Himmel. Es wäre weder Alan noch ihr angenehm. Vielleicht hatte sie sich dadurch, daß sie die Einladung angenommen hatte, schon unwiderruflich kompromittiert. Bei dem Gedanken lief ihr ein unangenehmes Frösteln das Rückgrat hinunter. Wieder zu Hause, zog Meredith stirnrunzelnd den Kalender zu Rate.
Der Samstag war halb vorüber, was bedeutete, daß es bis zum Weihnachtstag, dem kommenden Mittwoch, nur noch ganze drei Tage waren; und sie hatte sich verpflichtet, bei den Danbys zu feiern. Es war großzügig von ihnen, sie einzuladen, das leugnete sie nicht. Oder vielleicht war es von Alan freundlich gemeint. Vielleicht hatte er seine Schwester gebeten, es zu tun. Der Gedanke bereitete ihr noch größeres Unbehagen. Sie hoffte nur, sie machte auf andere nicht den Eindruck, daß sie bemitleidenswert war. Die arme, alte Meredith, so ganz allein. Man kann sie doch das Weihnachtsfest nicht einsam verbringen lassen … Es war möglich, daß sie nichts dergleichen dachten, doch sie hatte trotzdem das Gefühl, etwas tun zu müssen, um ihnen zu zeigen, daß sie nicht ganz allein und ohne Freunde war. Einen Tag vor Weihnachten wegfahren, um eine Freundin oder Verwandte zu besuchen, nur damit Alan Markby und Laura Danby wußten, sie hatte noch jemand, würde ihrer Moral unendlich guttun. Die Schwierigkeit war nur, daß jetzt, nach so vielen Jahren im Ausland, die meisten ihrer Freunde dem Diplomatischen Corps angehörten und fast alle im Ausland waren. Und Verwandte hatte sie nur wenige. Keine nahen jedenfalls, es sei denn, man rechnete Tante Lou dazu.
Liebe alte Tante Lou!

Weitere Kostenlose Bücher