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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Augen sehen, wenn sie bei einem Tropengewitter mitten im Urwald festsäßen und nicht mal ein Feuer in Gang kriegen könnten.«
    »Was tut man dann?«
    »Man frisst die Würmer roh – oder lässt's bleiben. Kommt darauf an, wie hungrig man ist und was der Magen verträgt.«
    »Und wie schmecken sie?«
    »Widerlich.« Sie stellte einen Teller auf das Abtropfbrett. »Ratte geht einigermaßen – da ist nur nicht viel Fleisch am Knochen.«
    Er hatte den Verdacht, dass sie ihn verspottete, weil sein Leben so normal war. »Ich bleibe lieber bei der Mikrowelle«, sagte er trotzig.
    Sie warf ihm einen belustigten Blick zu. »Aber abenteuerlich ist das nicht gerade. Wie wollen Sie herausbekommen, wozu Sie fähig sind, wenn Sie sich niemals erproben?«
    »Muss ich das denn? Warum kann ich das Problem nicht einfach in Angriff nehmen, wenn es sich stellt?«
    »Weil Sie keinem Mandanten raten würden, sich so zu verhalten«, entgegnete sie. »Zumindest hoffe ich das. Sie würden ihm das Gegenteil raten – versuchen Sie, an Informationen zu bekommen, was Sie nur können, damit Sie für alle Eventualitäten gewappnet sind. So passiert es nicht so leicht, dass man den Gegner unterschätzt.«
    »Und was ist, wenn man den Gegner
über
schätzt?«, fragte er pikiert. »Ist das nicht genauso gefährlich?«
    »Ich wüsste nicht, wieso. Je vorsichtiger man ist, desto sicherer ist man.«
    Das waren wieder ihre Schwarz-und-Weiß-Kategorien. »Und wenn es um die eigene Seite geht? Woher wissen Sie, dass Sie James nicht überschätzen? Sie halten ihn wegen etwas, das er vor fünfzig Jahren durchgemacht hat, für zäh, aber er ist jetzt ein alter Mann. Gestern haben seine Hände noch so stark gezittert, dass er kein Glas heben konnte.«
    »Ich spreche nicht von körperlicher Zähigkeit, ich spreche von der geistigen.« Sie legte die letzten Stücke Besteck auf das Abtropfbrett und zog den Stöpsel. »Das Alter verändert den Charakter nicht.« Sie ergriff ein Geschirrtuch. »Es prägt ihn höchstens stärker aus. Die Mutter meiner Mutter war ihr Leben lang eine Xanthippe – und mit achtzig wurde sie eine Mega-Xanthippe. Sie konnte nicht mehr gehen, weil sie rheumatische Arthritis hatte, aber ihre Zunge war bissiger denn je. Das Alter ist zorniges Wüten, nicht gottergebenes Versinken in der Vergessenheit… es ist Dylan Thomas' wütender Schrei, ›Brenn und rase, wenn der Tag sich neigt‹. Warum sollte James da eine Ausnahme sein? Er ist ein Kämpfer – das entspricht seinem Wesen.«
    Mark nahm ihr das Geschirrtuch aus der Hand und hängte es zum Trocknen an die Herdstange. »Ihrem auch.«
    Sie lächelte. »Vielleicht bringt das der Beruf mit sich.« Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, und sie streckte einen Finger in die Höhe, um ihn zu bremsen. »Kommen Sie mir jetzt nicht wieder mit meinen Genen« sagte sie energisch. »Meine Individualität ist in Gefahr, von Ihrem zwanghaften Drang, mich irgendwo einzuordnen, erdrückt zu werden. Ich bin das vielschichtige Produkt meiner Lebensverhältnisse – nicht das vorhersehbare Ergebnis einer Zufallskopulation vor achtundzwanzig Jahren.«
    Sie wussten beide, dass sie einander zu nahe waren. Sie erkannte es im Aufblitzen des Gewahrwerdens in seinen Augen. Er sah es im Verweilen ihres Fingers wenige Zentimeter von seinem Mund.
    Sie ließ die Hand sinken. »Daran brauchen Sie keinen einzigen Gedanken zu verschwenden«, sagte sie mit einem verschmitzten Lächeln. »Ich habe so schon genug Ärger am Hals mit meinem verdammten Sergeant. Ich muss mir nicht auch noch weitere Probleme mit dem Familienanwalt aufladen. Wer konnte ahnen, dass Sie hier sein würden, Mr. Ankerton. Ich bin hergekommen, um mit James zu sprechen.«
    Mark breitete in einer Geste der Kapitulation die Hände aus. »Es ist Ihre Schuld, Smith. Sie sollten sich nicht so herausfordernd kleiden.«
    Sie antwortete mit sprudelndem Gelächter. »Die unweibliche Aufmachung ist bewusst gewählt.«
    »Ich weiß«, murmelte er, während er die Teebecher auf ein Tablett stellte, »und meine Fantasie schlägt Purzelbäume. Ich muss ständig an das Weiche unter dem Panzer denken.«

    Wolfie konnte nicht verstehen, warum Erwachsene so dumm waren. Er versuchte Bella zu warnen, dass Fox von den Besuchern wusste – Fox wusste immer alles –, aber sie ließ ihn gar nicht zu Wort kommen. »Am besten behalten wir das einfach für uns«, sagte sie, »sonst gibt's nur viel Lärm um nichts. Dass die Reporterin hier war, sagen wir ihm – das

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