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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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ironischen Lächeln. »Ich dachte, er wäre ein Fremder für mich und würde mich nicht weiter berühren… aber so ist es nicht. Ziemlich naiv, nicht?« Sie wartete nicht auf eine Antwort, ließ nur die Kupplung kommen und fuhr langsam an, so dass Mark seine Hand wegziehen musste, bevor sie die Tür zuschlug und in Richtung Tor fuhr.

    James saß zusammengesunken in seinem Lehnstuhl, als Mark ins Wohnzimmer zurückkam. Er wirkte wie geschrumpft, als wäre die Kraft, die ihn am Nachmittag beflügelt hatte, tatsächlich nur einer Bluttransfusion zu verdanken gewesen. Von dem unbeugsamen Offizier jedenfalls, der lieber monatelange Einzelhaft auf sich genommen hatte, als seine Religion dem kommunistischen Atheismus zu opfern, schien nichts geblieben.
    In der Annahme, die Depression sei auf Nancys Abreise zurückzuführen, bemerkte Mark, der sich vor dem Kamin postiert hatte, frischfröhlich: »Sie ist eine tolle Frau, nicht? Sie würde gern morgen Abend wieder herkommen, wenn es Ihnen passt.«
    James antwortete nicht.
    »Ich habe versprochen, ihr Bescheid zu geben«, bohrte Mark weiter.
    James schüttelte den Kopf. »Sagen Sie ihr, es ist mir lieber, sie kommt nicht. Formulieren Sie es so taktvoll wie möglich, aber lassen Sie keinen Zweifel daran, dass ich sie nicht wiedersehen möchte.«
    Mark war, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. »Ja, aber wieso denn?«
    »Weil Sie Recht hatten. Es war ein Fehler, sie zu suchen. Sie ist eine Smith, keine Lockyer-Fox.«
    Mark wurde zornig. »Vor einer halben Stunde haben Sie sie wie eine Prinzessin behandelt, und jetzt wollen Sie sie fallen lassen wie ein dahergelaufenes Flittchen«, fuhr er James an. »Warum haben Sie ihr das nicht selbst ins Gesicht gesagt, anstatt mich damit zu beauftragen?«
    James schloss die Augen. »Sie selbst haben damals Ailsa davor gewarnt, Vergangenes wieder aufzuwärmen«, murmelte er. »Und etwas verspätet gebe ich Ihnen Recht.«
    »Kann sein, aber ich seh das inzwischen anders«, versetzte Mark kurz. »Gemäß der Perversität der Dinge hätte Ihre Enkelin ein Abklatsch Elizabeths sein müssen, weil Sie genau das
nicht
wollten. Stattdessen – und weiß Gott, aus welchem Grund – bekommen Sie einen Abklatsch Ihrer selbst. So was erwartet man vom Leben nicht. Man erwartet, dass das Leben ein totaler Reinfall ist, wo man mit jedem Schritt vorwärts zwei zurückgeht.« Er ballte die Hände. »Gott verdamm mich, James, ich habe ihr gesagt, Sie seien vernarrt in sie. Wollen Sie mich zum Lügner stempeln?«
    Zu seiner Bestürzung quollen unter den geschlossenen Lidern des alten Mannes Tränen hervor. Einen neuerlichen Zusammenbruch hatte Mark nicht gewollt. Er war selbst müde und durcheinander und hatte sich von Nancys Überzeugung verführen lassen, James sei immer noch der zähe Kampfer von einst und nicht ein Schatten seiner selbst wie in den letzten beiden Tagen. Als zäher Kämpfer hatte er sich vielleicht in den wenigen Stunden gegeben, als sie hier war. Doch dieser gebrochene Mann, dessen Geheimnisse gelüftet wurden, war der, den Mark kannte. All seine bösen Ahnungen zogen sich zu einem Knoten zusammen, der ihm das Herz abzudrücken drohte.
    »Ach, Mist!«, stieß er voller Hoffnungslosigkeit hervor. »Warum waren Sie nicht ehrlich zu mir? Was zum Teufel soll ich ihr jetzt sagen? Tut mir Leid, Captain Smith, Sie haben nicht den Erwartungen entsprochen. Sie laufen herum wie ein Mannweib – der Colonel ist ein Snob –, und Sie reden wie die Bauern aus Herefordshire.« Er holte zitternd Luft. »Oder vielleicht sollte ich ihr die Wahrheit sagen?«, fuhr er brüsk fort: »Es ist nicht sicher, wer Ihr Vater ist – und Ihr Großvater verstößt Sie lieber ein zweites Mal, als sich einer DNA-Analyse zu stellen.«
    James drückte Daumen und Zeigefinger über seinem Nasenrücken zusammen. »Sagen Sie ihr, was Sie wollen«, brachte er mühsam hervor, »Hauptsache, sie kommt nie wieder her.«
    »Das können Sie ihr selber sagen«, gab Mark zurück. Er zog sein Handy aus der Tasche und speicherte Nancys Nummer, bevor er ihren Zettel James auf den Schoß warf. »Ich geh jetzt und betrinke mich.«

    Ein törichter Vorsatz. Er hatte nicht geahnt, wie schwierig es sein würde, am zweiten Weihnachtsfeiertag mitten in der tiefsten Provinz Dorsets ein Pub zu finden, wo man sich betrinken konnte. Ziellos fuhr er durch die Gegend, alles war geschlossen. Als er schließlich die Sinnlosigkeit seines Unterfangens einsah, parkte er oberhalb der

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