Fuchsjagd
losgeprescht, weil er wütend war.«
Mit der Frustration stiegen auch die Lautstärke und die Bereitschaft zu gegenseitigen Beschimpfungen. Jägerehre und tierschützerisches Ethos waren vergessen. Es ging zu wie unter Fußballrowdys bei einem glanzlosen Lokalderby zwischen Arsenal und den Spurs. Der Sport diente nur als Vorwand für gegenseitiges Aufeinandereinschlagen.
Keiner der Jäger oder ihrer Anhänger bezeichnete die Hetzjagd auf Füchse als sportliches Vergnügen. Die meisten rückten Gesundheits- und Sicherheitsaspekte in den Vordergrund und spra chen davon, dass es ein schnelles Verfahren zur Ausrottung von Schädlingen sei. »Schädling ist Schädling«, sagte Mrs. Granger, Ehefrau eines Landwirts, »man muss sie unter Kontrolle halten. Hunde töten sauber.«
Jagdgegnerin Jane Filey war anderer Meinung. »Im Lexikon wird es als Sportart erklärt«, sagte sie. »Wenn es nur darum geht, ein einzelnes schädliches Tier auszurotten, warum regen sie sich dann alle so auf, wenn die Veranstaltung sabotiert wird? Es geht doch einzig und allein um die Hatz und das Töten.«
Um die Hatz ging es gestern auch in einem anderen Teil Dorsets. New-Age-Anhänger ohne festen Wohnsitz haben sich in einem Waldstück bei Shenstead niedergelassen. Der abgesperrte Lagerplatz wird von Schäferhunden bewacht. Besuchern wird zur Vorsicht geraten. Schilder, die den Zutritt zum Platz verbieten, und Warnungen, dass man »die Hunde auf dem Hals« haben werde, wenn man die Absperrung missachtet, lassen kein Missverständnis zu. »Wir erheben gemäß dem Gesetz über Ersitzungsbesitz Anspruch auf dieses Stück Land«, erklärte ein vermummter Sprecher, »und wir haben wie alle Bürger das Recht, unsere Grenzen zu schützen.«
Julian Bartlett, Eigentümer von Shenstead House, war anderer Meinung. »Diese Leute sind Diebe und Vandalen«, sagte er. »Wir sollten die Hund auf sie hetzen.«
Man sieht, die Hetzjagd lebt und gedeiht in unserem schönen Land.
Debbie Fowler
17
Nancy lief die Zeit davon. Sie hatte noch eine Stunde, um sich in Bovington zu melden. Als sie auf ihre Uhr tippte und Mark daran erinnerte, sah er sie entsetzt an. »Sie können jetzt nicht fahren«, protestierte er. »Das würde James umbringen. Seit Sie da sind, ist er wie neugeboren. Wie nach einer Bluttransfusion.«
Sie waren in der Küche und machten Tee, während James im Wohnzimmer den Kamin anheizte. Nach ihrem Besuch auf dem Wohnwagenplatz war er ungewöhnlich gesprächig gewesen, aber er hatte sich vor allem über die Tiere und Pflanzen ausgelassen, die es im Wäldchen gab, nicht über die Landfahrer oder den Tod von Ailsas Hund Henry. Dazu schwieg er so beharrlich wie vor dem Mittagessen zu Ailsas Füchsen, als er das Gespräch jäh mit der Bemerkung abgebrochen hatte, das sei nicht der geeignete Gesprächsstoff für Weihnachten.
Weder Mark noch Nancy hatten ihn gedrängt. Nancy nicht, weil sie fand, sie kenne ihn nicht gut genug; Mark nicht, weil er nicht ein Thema anschneiden wollte, das womöglich mehr Fragen aufwarf, als es klärte. Dennoch waren sie beide neugierig, besonders bezüglich des Namens »Fox«.
»Kann das Zufall sein?«, hatte Nancy leise gefragt, als sie in die Küche gegangen waren. »Verstümmelte Füchse und ein Mann namens Fox vor der Nase? Was, glauben Sie, geht da vor?«
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete Mark wahrheitsgemäß.
Nancy glaubte ihm nicht, aber sie fühlte sich nicht berechtigt, Erklärungen zu fordern. Sie fand ihren Großvater faszinierend und Furcht einflößend zugleich. Das sei ganz normal, sagte sie sich, das entsprach der natürlichen Ordnung beim Militär: Ein Captain sah zum Colonel auf. Und es entsprach auch der natürlichen Ordnung in der Gesellschaft: Die Jugend sah zum Alter auf. Aber das war es nicht allein. Sie spürte bei James eine unterdrückte Aggression – trotz seines Alters und seiner Hinfälligkeit –, die so deutlich wie die Schilder der Landfahrer »Hände weg!« signalisierte. Ihr fiel auf, dass selbst Mark vorsichtig war, obwohl ihn mit seinem Mandanten eine Beziehung verband, die unverkennbar auf gegenseitiger Achtung beruhte.
»Ihn umzubringen braucht es schon mehr als meine Abreise«, sagte sie jetzt. »Man erreicht einen so hohen militärischen Rang nicht durch Zufall, Mark. Abgesehen von allem anderen hat er im Dschungel von Korea gekämpft – war ein Jahr in einem Gefangenenlager, wo er chinesischer Gehirnwäsche unterzogen wurde – und wurde für seine Tapferkeit
Weitere Kostenlose Bücher