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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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nahm einen Hefter heraus. »Lesen Sie das«, sagte er, »und nennen Sie mir dann nur einen guten Grund, warum ich dieser jungen Frau das Leben zum Alptraum machen sollte. Denn eines ist sicher, Mark, sie hat sich den Mann, der sie gezeugt hat, weder ausgesucht, noch ist sie für ihn verantwortlich.«

    »Liebe Miss Smith, mein Anwalt hat mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass Sie vorhaben, gegen mich zu klagen, sollte ich versuchen, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen…«

    Eine Stunde später durchquerte Mark den Gemüsegarten, nachdem er dem Colonel mitgeteilt hatte, er brauche einen Spaziergang, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Er schlug den Weg zum Manor Lodge ein, aber wenn er etwas Erhellendes von Vera Dawson erwartet hatte, so wurde er enttäuscht. Ja, er war entsetzt zu sehen, in welchem Maß ihr geistiger Verfall seit August fortgeschritten war. Sie ließ ihn nicht ins Haus, während sie mit welkem Mund schmatzend und brummelnd ihrem Groll Luft machte, und er war nicht mehr ganz so verwundert darüber wie zuvor, dass das Herrenhaus so verwahrlost war. Er fragte sie, wo ihr Mann sei.
    »Nicht da.«
    »Wissen Sie, wo er ist? Im Garten vielleicht?«
    Ein zufriedenes Lächeln blitzte in ihren wässrigen Augen. »Er hat gesagt, acht Stunden bleibt er mindestens weg. Das heißt, er ist beim Angeln.«
    »Auch am Weihnachtstag?«
    Das Lächeln erlosch. »Na, mit mir will er ihn ja nicht verbringen. Ich bin nur zur Arbeit gut, sonst nichts. Los, mach dem Colonel das Haus sauber, sagt er, und es ist ihm stinkegal, dass ich manchmal morgens kaum aus dem Bett komm.«
    Mark lächelte verlegen. »Können Sie Bob vielleicht bitten, zum Haus raufzukommen? Ich hätte ihn gern gesprochen. Heute Abend vielleicht oder morgen? Wenn Sie Papier und Bleistift dahaben, schreibe ich es auf, für den Fall, dass Sie es vergessen.«
    Sie kniff argwöhnisch die Augen zusammen. »Meinem Gedächtnis fehlt nichts. Ich hab meine fünf Sinne noch beisammen.«
    Wie der Colonel. »Oh, entschuldigen Sie. Ich dachte nur, es wäre eine Hilfe.«
    »Weswegen wollen Sie ihn denn sprechen?«
    »Ach, es geht um nichts Besonderes.«
    »Reden Sie ja nicht über mich«, zischte sie aufgebracht. »Ich hab auch meine Rechte, genau wie jeder andre.
Ich
hab die Ringe von der gnädigen Frau nicht gestohlen. Das war der Junge. Sagen Sie das dem Colonel! Der verdammte alte Mistkerl –
er
hat sie umgebracht.« Sie schlug krachend die Tür zu.

Shenstead – zweiter Weihnachtsfeiertag 2001

7
    Nach einem fruchtlosen Versuch, seinen Anwalt zu erreichen –über den Anrufbeantworter erfuhr er, dass die Kanzlei bis zum 2. Januar geschlossen bleiben würde –, rief Dick Weldon zähneknirschend in Shenstead Manor an. Wenn jemand einen Anwalt an der Hand hatte, dann James Lockyer-Fox. Der Mann musste ja ständig damit rechnen, festgenommen zu werden, wenn man seiner – Dicks – Frau Prue glauben konnte. »Du wirst schon sehen«, sagte sie bei jeder Gelegenheit, »es ist nur noch eine Frage der Zeit, dann
muss
die Polizei handeln.« Aber das Entscheidende war, dass der Colonel früher oder später sowieso in den Streit hineingezogen werden würde. Schließlich war er außer Dick der Einzige, dessen Grund direkt an das Wäldchen grenzte. Trotzdem hatte Dick überhaupt keine Lust auf diesen Anruf.
    Zwischen der Shenstead Farm und dem Herrenhaus war die Kommunikation abgebrochen, seit Prue der Polizei von der Auseinandersetzung berichtet hatte, die sie in der Nacht von Ailsas Tod mitgehört hatte. Sie behauptete hinterher, das Schicksal selbst hätte eingegriffen, um sie zur Ohrenzeugin zu machen. Drei Jahre lang war es ihr nicht ein einziges Mal eingefallen, mit den Hunden im Dunkeln im Wäldchen herumzuspazieren. Warum ausgerechnet in dieser Nacht? Sie war auf der Heimfahrt von einem Besuch bei ihrer Tochter in Bournemouth gewesen, als auf halbem Weg durchs Tal einer der Labradorhunde zu winseln begonnen hatte. In Höhe des Wäldchens war das jämmerliche Geheul hinten im Kombi schließlich so nervenzerfetzend geworden, dass sie seufzend angehalten und die beiden Hunde hinausgelassen hatte.
    Eigentlich sollte es nur eine kurze Pinkelpause werden, aber die Hündin witterte irgendetwas Interessantes und verschwand wie der Blitz im Gehölz. Prue, die dem Tier nicht ohne Taschenlampe hinterherlaufen wollte, griff in den Wagen nach der Hundepfeife, die auf dem Armaturenbrett lag. Als sie sich wieder aufrichtete, brach plötzlich irgendwo zu ihrer Linken ein heftiger

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