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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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abgetrieben, sondern zur Adoption gegeben worden war… Prue Weldons Behauptung, sie habe gehört, wie Ailsa ihrem Mann vorgeworfen hatte, das Leben seiner Tochter zerstört zu haben… die unbestreitbare Tatsache, dass Elizabeth eine kranke Frau war… die Unterstellung, dass die Enkelin, wenn es gelänge, sie ausfindig zu machen, dem Colonel gleichen würde…
    Eine der aufgezeichneten Stimmen war mit Hilfe eines elektronischen Geräts entstellt. Sie klang wie die Stimme Darth Vaders. Sie war die gruseligste, und die Person, der sie gehörte, die am besten informierte. Die Erkenntnis, dass sich hinter dieser Stimme Leo verbarg, war zwangsläufig. Niemals hätte ein Fremder so viele familiäre Einzelheiten beschreiben können, insbesondere nicht Elizabeths ehemaliges Kinderzimmer: ihren Teddybären, der nach dem Beatles Schlagzeuger Ringo hieß und den sie noch heute in ihrem Londoner Haus hatte; die Poster von Marc Bolan und T-Rex an den Wänden, die Ailsa sorgfältig aufgehoben hatte, weil jemand ihr gesagt hatte, sie seien wertvoll; die in Blau gehaltene Patchwork-Tagesdecke auf ihrem Bett, die inzwischen in einem der Gästezimmer lag…
    Mark war klar, dass er schon durch sein Nachfragen dem Colonel den Eindruck vermitteln musste, er räume den Unterstellungen von Inzest eine gewisse Glaubwürdigkeit ein. Selbst seine Beteuerung zu Beginn des Gesprächs, dass die Anrufe eindeutig böswilliger Art seien, klang weniger überzeugend durch sein Bekenntnis, dass er nicht verstehe, was damit bezweckt werden soll. Wenn wirklich Leo hinter den Anrufen stecke, was wolle er dann mit ihnen erreichen? Wenn Erpressung das Ziel sei, warum stelle er keine Forderungen? Warum andere Leute mit hineinziehen? Wer die Frau sei, die so viel zu wissen schien? Warum Prue Weldon niemals ein Wort spreche? Wie jemand, der mit der Familie nichts zu tun habe, so eingehend über sie unterrichtet sein könne?
    Der Ton seiner Rede war halbherzig und wurde noch halbherziger, als der Colonel es rundheraus ablehnte, die Polizei hinzuzuziehen, weil er nicht Ailsas Tod von der Presse »wieder ausgegraben« sehen wollte. Er war partout dagegen, dass irgendetwas aus der Vergangenheit »wieder ausgegraben« wurde. Er wollte nicht, dass Mark über Elizabeths »blöden Teddybären« oder den Familienstreit wegen der Adoption sprach. Er wollte nicht über Leos Schandtaten reden. Das alles sei Geschichte, aus und vorbei, und habe mit diesem Telefonterror nichts zu tun. Ja, natürlich wisse er genau, warum das Ganze inszeniert wurde. Diese verfluchten Weiber – Prue Weldon und Eleanor Bartlett – wollten ihn zu dem Geständnis treiben, dass er Ailsa ermordet habe.
    Geständnis?
Mark versuchte, von seinem Erschrecken nichts merken zu lassen. »Nun, mit einem haben sie Recht«, sagte er. »Diese gemeinen Behauptungen lassen sich mit einer DNA-Analyse leicht widerlegen. Vielleicht wäre es das Klügste, sich an Captain Smith zu wenden, möglichst taktvoll natürlich. Wenn sie bereit wäre, Ihnen zu helfen, könnten Sie diese Bänder zur Polizei bringen. Ganz gleich, was hinter diesen Anrufen steckt, sie erfüllen den Tatbestand der Nötigung.«
    Der Colonel hielt seinen Blick einen Moment lang ruhig aus, ehe er wegsah. »Taktvoll gibt es in diesem Fall nicht«, entgegnete er. »Ich bin nicht verblödet, wissen Sie. Ich habe selbst schon an diese Möglichkeit gedacht.«
    Warum ständig diese Verteidigungshaltung bezüglich seines Verstands? »Wir brauchen sie selbst gar nicht zu belästigen. Ich könnte ihre Mutter um eine Haarprobe aus ihrem Zimmer bitten. Es ist bestimmt noch etwas da, mit dem sich was anfangen lässt. Es ist nicht gesetzwidrig, James – jedenfalls im Moment noch nicht. Im Internet gibt es Unternehmen, die auf DNA-Analysen bei Vaterschaftsstreitigkeiten spezialisiert sind.«
    »Nein.«
    »Es ist der beste Rat, den ich Ihnen geben kann. Entweder Sie versuchen es so oder Sie wenden sich an die Polizei. Eine vorübergehende Lösung wäre vielleicht, Ihre Telefonnummer zu ändern und sich eine nicht eingetragene Nummer geben zu lassen – aber wenn Leo hinter der Schmutzkampagne steckt, wird er die neue Nummer bald raushaben. Sie können diese Sache nicht einfach laufen lassen. Sonst werden Sie nicht nur innerhalb eines weiteren Monats an Erschöpfung sterben, sondern die bösen Zungen werden klatschen, und der Schmutz wird hängen bleiben, wenn Sie nichts dagegen unternehmen.«
    Der Colonel öffnete eine Schublade seines Schreibtischs und

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