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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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zu verschieben? James ist –äh –« Er brach ab. »Ich weiß, er wird sich unglaublich freuen, Sie zu sehen, aber er macht im Moment ein Nickerchen.«
    Nancy, die mehr gesehen hatte, als Mark ahnte, nickte sogleich. »Ich komme einfach nach dem Mittagessen wieder. Das ist überhaupt kein Problem. Ich muss mich bis spätestens 17 Uhr in der Kaserne in Bovington melden – aber das kann ich auch jetzt gleich erledigen und später wiederkommen.« Das Ganze war viel peinlicher, als sie sich vorgestellt hatte. Dass ausgerechnet Mark Ankerton hier sein würde, hatte sie überhaupt nicht erwartet. »Ich hätte vorher anrufen sollen«, schloss sie kleinlaut.
    Es hätte ihn interessiert, warum sie es nicht getan hatte. Die Nummer stand im Telefonbuch. »Unsinn.« Er schob sich zwischen sie und die Haustür, als fürchtete er, sie könnte auf und davon laufen. »Bitte gehen Sie nicht. James wäre niedergeschmettert.« Er wies zu einem Korridor zur Rechten und sprach hastig, verzweifelt bemüht, ihr das Gefühl zu geben, dass sie willkommen war. »Gehen wir doch in die Küche. Da ist es schön warm. Ich kann Ihnen eine Tasse Kaffee machen, während wir warten. Viel länger als zehn Minuten wird er sicher nicht schlafen.«
    Sie ließ sich von ihm durch den Gang lotsen. »Ich habe in letzter Minute doch noch Manschetten bekommen«, bekannte sie, seine unausgesprochene Frage beantwortend. »Es war so ein plötzlicher Impuls, und ich dachte, ein Anruf spät am Abend oder heute in aller Frühe würde ihn höchstens stören. Ich stellte mir vor, es würde alles fürchterlich kompliziert werden, wenn er nicht gleich wüsste, wo er mich einordnen soll. Da hielt ich es für das Einfachste, persönlich zu kommen.«
    »Das ist doch überhaupt kein Problem«, versicherte Mark und öffnete die Küchentür. »Im Gegenteil, es ist das schönste Weihnachtsgeschenk für ihn.«
    Aber war es das wirklich? Mark hoffte, dass seine ängstliche Unsicherheit ihm nicht anzusehen war. Tatsächlich nämlich hatte er keine Ahnung, wie James reagieren würde. Würde er sich freuen? Würde er erschrecken? Was würde eine DNA-Analyse ergeben? Ein verrücktes Zusammentreffen. Er könnte jetzt ein Haar von Nancys Schulter nehmen, ohne dass sie es merkte. Das Lächeln gefror ihm auf dem Gesicht, als er ihr in die Augen sah. Unglaublich, es waren James' Augen!
    Irritiert von seinem Blick, zog Nancy sich die Wollmütze vom Kopf und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Es war eine sehr weibliche Geste, die im Widerspruch zu ihrer männlichen Aufmachung stand – ein dicker Fleece-Pullover über einem Rollkragenpullover, Cargo-Hose, in schwere Stiefel hineingestopft, alles schwarz. Eine interessante Wahl, besonders im Hinblick auf ihren Besuch bei einem alten Mann, dessen Geschmack und Ansichten in Bezug auf Kleidung und Benehmen nur konservativ sein konnten.
    Mark vermutete, dass dies als direkte Herausforderung gemeint war. Keine Kompromisse, hieß das. Nimm mich, wie ich bin, oder gar nicht. Wenn eine männlich wirkende Frau dem Bild der Lockyer-Fox' nicht entspricht, Pech gehabt. Wenn du erwartet hast, ich würde mit weiblichem Charme um dich buhlen, bist du leider auf dem Holzweg. Wenn du dir eine Enkelin gewünscht hast, die leicht zu manipulieren ist, vergiss es. Das Ironische war, dass sie sich, ohne sich dessen bewusst zu sein, als das genaue Gegenteil ihrer Mutter präsentierte.
    »Ich bin vorübergehend als Ausbilderin für den Einsatzbereich Kosovo nach Bovington geholt worden«, erklärte sie ihm, »und als ich auf der Karte nachsah…
    Ich dachte mir, wenn ich in aller Frühe losführe, könnte ich den heutigen Tag dazu nutzen –« Mit einem verlegenen Schulterzucken brach sie ab. »Ich habe nicht bedacht, dass er Gäste haben könnte. Wenn ich Autos vor dem Haus gesehen hätte, hätte ich nicht geklingelt, aber so…«
    Mark tat alles, um sie zum Bleiben zu bewegen. »Mein Wagen steht hinten in der Garage. Wir sind ganz allein hier, er und ich. Wirklich, Captain Smith, das ist einfach –« er suchte nach einem Wort, das ihr die Befangenheit nehmen würde –»
genial
. Sie wissen gar nicht,
wie
genial. Dies ist das erste Weihnachten seit Ailsas Tod. Er hält sich verdammt tapfer, aber es geht ihm doch sehr nahe.« Er zog einen Stuhl für sie heraus. »Bitte. Wie trinken Sie den Kaffee?«
    Die Küche wurde durch einen großen alten Kohleherd gewärmt, und Nancy spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Ihr Unbehagen vertiefte sich. Sie

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