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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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liefern.« Sie kauerte am Rand nieder, um durch die Eisdecke zu sehen. »Sie hatten sich wahrscheinlich in den Wasserpflanzen versteckt. Er sollte sie von seinem Gärtner ausdünnen lassen, sobald es wärmer wird. Das ist der reinste Urwald da unten.«
    »James kümmert sich nicht mehr um den Garten«, sagte Mark. »Er war Ailsas Domäne, und seit ihrem Tod scheint er gänzlich das Interesse daran verloren zu haben. Er geht höchstens noch auf die Terrasse hinaus, und auch das nur in der Nacht«, erklärte er mit einem Schulterzucken. »Mir macht das große Sorgen. Er stellt seinen Stuhl direkt rechts neben die Stelle, wo sie gefunden wurde, und sitzt dort stundenlang.«
    Nancy versuchte gar nicht, Unwissenheit vorzutäuschen. »Sogar bei diesem Wetter?«, fragte sie und blickte zu ihm hinauf.
    »Die letzten beiden Nächte auf jeden Fall.«
    Sie richtete sich wieder auf und ging neben ihm auf dem Fußweg weiter. »Haben Sie mit ihm darüber gesprochen?«
    »Nein. Offiziell weiß ich ja nichts davon. Er verschwindet jeden Abend um zehn in sein Schlafzimmer und schleicht wieder hinaus, sobald ich in meinem Zimmer das Licht ausgemacht habe. Heute Morgen ist er erst um vier wieder ins Haus gekommen.«
    »Was tut er denn da draußen?«
    »Nichts. Er sitzt auf seinem Stuhl und starrt ins Dunkle. In der Nacht von Heiligabend wäre ich beinahe rausgegangen und hätte ihm gründlich die Leviten gelesen. Der Himmel war so klar, dass ich dachte, er würde an Unterkühlung sterben – ich habe mich sogar gefragt, ob das nicht seine Absicht sei –, daran ist Ailsa wahrscheinlich gestorben. Aber er zündete immer wieder seine Pfeife an, daher wusste ich, dass er bei Bewusstsein war. Er hat weder gestern Morgen noch heute Morgen auch nur ein Wort darüber verloren… als ich ihn fragte, wie er geschlafen hätte, meinte er, gut.« Er drehte die Klinke des nächsten Tors und drückte es mit der Schulter auf. »Vielleicht war es ja eine Weihnachtsnachtwache für Ailsa«, schloss er ohne Überzeugung.
    Sie traten in eine weite Parklandschaft. Das Haus erhob sich zur ihrer Rechten. Raureif lag noch im Schatten unter den Büschen und Bäumen, die eine nach Süden verlaufende Allee bildeten, aber auf den weiten Grasflächen, die sanft abwärts fielen und ungehinderten Blick auf das Tal und das jenseits leuchtende Meer erlaubten, hatte die Wintersonne ihn zu glitzerndem Tau geschmolzen.
    »Toll!«, sagte Nancy nur.
    »Ja, es ist atemberaubend, nicht? Die Bucht, die man erkennen kann, ist Barrowlees. Sie ist nur über den Trampelpfad erreichbar, der zu den Höfen führt – darum ist das Dorf so teuer. Zu allen Häusern gehört ein Wegerecht, das den Bewohnern erlaubt, mit ihren Autos zum Strand hinunterzufahren. Es ist die absolute Katastrophe.«
    »Wieso?«
    »Die Einheimischen können sich die Häuser hier nicht mehr leisten. Dadurch ist Shenstead zu einem Geisterdorf geworden. Bob und Vera Dawson sind nur deshalb noch hier, weil ihr Haus zum Gut gehört und Ailsa ihnen das Nutzrecht auf Lebenszeit zugesagt hat. Meiner Meinung nach hätte sie das lieber nicht tun sollen. Es ist das einzige Gesindehaus, das James noch gehört, und er ist nicht davon abzubringen, Ailsas Versprechen einzulösen, obwohl er dringend ein paar gute Arbeitskräfte braucht. Bis vor vier Jahren hatte er noch ein zweites Häuschen, aber das hat er verkauft, weil er Ärger mit Hausbesetzern hatte. Ich hätte, eben für den Fall, dass er einmal Leute braucht, zu kurzfristiger Vermietung geraten, aber ich war damals nicht sein Anwalt.«
    »Warum nimmt er nicht jemanden ins Haus? Es ist doch groß genug.«
    »Gute Frage«, sagte Mark trocken. »Vielleicht können Sie ihn dazu überreden. Ich bekomme immer nur dieselbe Antwort.« Er schlug einen zittrigen Bariton an. »Ich brauche in meinem Haus keine neunmalklugen Besserwisser, die überall ihre große Nase reinstecken.«
    Nancy lachte. »Na ja, das kann man auch wieder verstehen. Sie würden das auch nicht wollen.«
    »Nein, aber ich sorge auch besser für mich als er für sich.«
    Sie nickte. »Wir hatten das gleiche Problem mit einer meiner Großmütter. Am Ende musste mein Vater sich als gesetzlicher Betreuer eintragen lassen. Haben Sie so ein Dokument für James aufgesetzt?«
    »Ja.«
    »Auf wessen Namen?«
    »Auf meinen«, antwortete er mit Widerstreben.
    »Ja, mein Vater wollte auch nie davon Gebrauch machen«, sagte sie mitfühlend. »Aber ihm blieb gar nichts andres übrig, als schließlich das

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