Fuchsjagd
wie sein Vater dem anderen Mann das Gesicht zerschnitt. Aber die erwarteten Schreie blieben aus.
»Er weiß, dass dieses Stück Land nicht ihm gehört«, sagte Fox ruhig. »Er hat es von seinen Anwälten überprüfen lassen, als Weldon es damals für sich beanspruchen wollte. Es gibt keine Urkunden, die ihm einen Anspruch einräumen würden. Wir sind hier, weil er, obwohl er als Einziger genug Geld hat, um die Zeche für die anderen mitzubezahlen, keinen Finger rühren wird. Vor einem Jahr hätte er's vielleicht getan. Jetzt nicht mehr.«
»Und warum nicht?«
Wieder ein Moment des Schweigens. »Na schön, ihr werdet's vermutlich sowieso bald erfahren. Die anderen hier glauben, dass er seine Frau umgebracht hat, und würden ihn gern ins Gefängnis bringen. Er lebt wie ein Einsiedler, er geht nicht mehr aus dem Haus, bekommt nie Besuch – das Essen wird ihm geliefert. Er wird uns ganz sicher keine Scherereien machen – er hat selbst genug Scherereien.«
»Scheiße!«, sagte Bella verblüfft. »Hat er's getan?«
»Wenn interessiert das?«, versetzte Fox gleichgültig.
»Mich vielleicht. Vielleicht ist er gemeingefährlich. Wir haben schließlich Kinder bei uns.«
»Wenn du Angst hast, dann sag ihnen, sie sollen nicht dorthin gehen. Er kommt sowieso immer nur nachts raus.«
»Scheiße!«, sagte sie wieder. »Der tickt anscheinend nicht richtig. Wieso haben sie ihn nicht in die Klapsmühle gesteckt?«
»Da gibt's keine freien Plätze mehr«, sagte Fox kalt.
»Wie alt ist er?«
»Über achtzig.«
»Und wie heißt er?«
»Ist doch scheißegal, wie er heißt«, fuhr Fox sie an. »Du wirst sowieso nicht mit ihm reden.«
»Aber vielleicht möchte ich wissen, wer's ist, wenn
über
ihn geredet wird. Der Name ist ja wohl kein Geheimnis?« Sie hielt einen Moment inne. »Ah ja – vielleicht doch. Du kennst ihn wohl von früher, hm, Fox? Hat
er
dir deine Informationen alle geliefert?«
»Ich bin ihm nie begegnet… Ich weiß nur jede Menge über ihn. Woher ich es weiß, geht hier keinen was an.«
»Na klar. Also, wie heißt er?«
»Lockyer-Fox, Gott verdamm mich noch mal! Zufrieden?«
Dünnes Gelächter rundum.
»Dir stinkt wohl die Konkurrenz?«, sagte die Frau. »Zweimal Fox ist dir einmal zu viel, hm?«
»Halt den Mund, Bella«, sagte Fox, wieder mit diesem stahlscharfen Unterton.
»Ja, ja, schon gut. Es war nur ein Witz, Schätzchen. Du musst lernen, auch mal 'n bisschen locker zu lassen – rauch mal was –, nimm ein paar ›happy pills‹. Wir stehen hinter dir, Schätzchen – voll und ganz. Du kannst dich auf uns verlassen.«
»Dann haltet euch an die Regeln, sonst klappt das nicht. Erste Regel – jeder hält sich an den Wachplan, und keiner drückt sich vor seiner Schicht. Zweite Regel – niemand legt sich mit den Einheimischen an. Dritte Regel – niemand verlässt nach Einbruch der Dunkelheit diesen Lagerplatz…«
Wolfie kroch aus seinem Versteck hervor, als die Bustür zugeschlagen wurde, und schlich auf Zehenspitzen zu einem der Fenster mit Blick auf die Zufahrt zum Wäldchen. Er schob die Fuchsschwänze auf die Seite, mit denen das Fenster verhangen war, und beobachtete seinen Vater, der sich hinter dem Absperrungsseil aufstellte. So vieles verstand er nicht. Wer waren die Leute in den anderen Bussen? Wo hatte Fox sie aufgetrieben? Was taten sie hier? Warum waren seine Mutter und sein Bruder nicht mit ihnen hier? Warum wollten sie eine Festung bauen?
Er drückte die Stirn ans Glas und versuchte zu begreifen, was er gehört hatte. Er wusste, dass Fox mit vollem Namen Fox Evil hieß. Er hatte seine Mutter einmal gefragt, ob er selbst mit Nachnamen auch Evil heiße, und seine Mutter hatte gelacht und gesagt, nein, nein, du heißt einfach nur Wolfie. Evil ist ein Beiname, kein Familienname. Da aber in Wolfies Welt jeder einen Familiennamen haben musste, stand von da an für ihn fest, dass Fox der Familienname seines Vaters war.
Aber wer war dieser alte Mann mit dem Namen Lucky Fox? Musste sein Vater ihn nicht kennen, wenn sie denselben Familiennamen trugen? Erregung und Furcht prallten in dem kleinen Jungen aufeinander. Erregung darüber, dass der Mann namens Lucky Fox vielleicht mit ihm verwandt war – vielleicht sogar wusste, wo seine Mutter war… Und Furcht vor einem Mörder…
Mark trat zurück und schloss die Wohnzimmertür leise hinter sich. Mit einem entschuldigenden Lächeln wandte er sich dem Gast zu. »Hätten Sie etwas dagegen, das erste Zusammentreffen noch ein paar Minuten
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