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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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das mal an und dann rufe ich die Polizei an. Es wäre dumm, für einen Anwalt Geld auszugeben, solange es nicht unbedingt nötig ist.«
    »Ruf mich zurück, wenn du was weißt. Ich bin den ganzen Tag zu Hause. Jack und Belinda kommen heute Abend – aber erst nach sechs.«
    »In Ordnung«, sagte Eleanor und fügte ein vergnügtes »bis später« an, ehe sie nach hinten auf die Veranda ging, um ihre bonbonrosa Jacke und ihre Designerstiefel zu holen. Sie war einige Jahre älter als ihre Freundin, marschierte rapide auf die sechzig zu, aber sie verriet nie ihr wahres Alter. Prues Hüften wurden immer breiter. Eleanor achtete streng darauf, dass sie kein Gramm Speck ansetzte. Mit Hormontabletten hielt sie seit acht Jahren ihre Haut in Schuss. Sie wollte nicht sechzig werden; und sie wollte ganz sicher nicht wie sechzig aussehen.
    Sie drängte sich an ihrem BMW vorbei, der in der Einfahrt stand, und dachte bei sich, wie viel besser seit Ailsas Tod alles geworden war. Jetzt gab es keine Frage mehr, wer im Dorf die Tonangebende war. Die finanzielle Situation hatte sich sprunghaft gebessert. Prue gegenüber spielte sie sich mit Bemerkungen über haussierende Aktien und Offshore-Anlagen auf und war froh, dass ihre Freundin zu dumm war, um zu kapieren, wovon sie sprach. Sie wollte keine schwierigen Fragen beantworten müssen.
    Ihr Weg zum Wäldchen führte sie am Herrenhaus vorbei, und dort hielt sie einen Moment an, um wie immer einen neugierigen Blick die Auffahrt hinaufzuschicken. Erstaunt sah sie vor dem Speisezimmerfenster einen dunkelgrünen Discovery stehen und überlegte, wem der gehören könnte. Dem Anwalt eindeutig nicht, der war am Heiligen Abend mit einem silbergrauen Lexus gekommen. Leo auch nicht, der hatte sie vor zwei Monaten in einem schwarzen Mercedes in London herumkutschiert. Elizabeth? Ganz sicher nicht. Die Tochter des Colonels konnte ja kaum einen zusammenhängen Satz sprechen, geschweige denn ein Auto lenken.

    Mark hielt Nancy mit einer Hand zurück, als sie von der Garage kommend um die Ecke des Hauses biegen wollten. »Da ist diese verdammte Bartlett«, sagte er verdrossen mit einer Kopfbewegung zum Tor. »Sie überlegt gerade krampfhaft, wem Ihr Auto gehören könnte.«
    Nancy musterte die ferne Gestalt in der rosa Jacke und der pastellfarbenen Skihose. »Wie alt ist sie?«
    »Keine Ahnung. Ihr Mann ist sechzig, soviel ich weiß, aber sie ist seine zweite Frau – war früher seine Sekretärin. Sie wird also wahrscheinlich um einiges jünger sein.«
    »Wie lange leben sie schon hier?«
    »Ich bin nicht sicher. Drei Jahre – vielleicht auch vier.«
    »Wie stand Ailsa zu ihr?«
    »Sie hat sie immer ›gemeine Stinkmorchel‹ genannt – gewöhnlich wie Dreck, stinkt zum Himmel und ist ungenießbar.« Mark, der Eleanor beobachtete, wartete, bis diese weiterging, bevor er sich mit einem Lachen wieder Nancy zuwandte.
    Die lächelte. »Und wie hat sie Prue Weldon genannt?«
    »Brechwurz. Zum Kotzen, derb ausgedrückt.«
    »Und Sie?«
    Er trat in die Auffahrt hinaus. »Wie kommen Sie darauf, dass sie mir einen Spitznamen gegeben hat?«
    »Ich hab so ein Gefühl«, murmelte sie.
    »Mandragora«, sagte er trocken.
    Jetzt war es Nancy, die lachte. »Sollte das ein Kompliment oder eine Beleidigung sein?«
    »Da bin ich mir selbst nicht sicher. Ich hab's mal nachgeschlagen. Die Wurzel, die Alraun heißt, soll menschenähnlich aussehen und gellend schreien, wenn sie aus der Erde gezogen wird. Die Griechen verwendeten die Früchte sowohl als Brechmittel wie als Betäubungsmittel. In großen Mengen sind sie giftig, in kleinen wirken sie einschläfernd. Ich stelle mir lieber vor, sie sah sich meinen Namen an, M. Ankerton, las Man und hängte dragora an.«
    »Das glaube ich nicht. Stinkmorchel und Brechwurz sind so assoziativ, sie hat sich bei Mandragora gewiss auch etwas gedacht. Und wenn Sie mich fragen, war es als Kompliment gemeint«, erklärte sie mit einem verschmitzten Lächeln.
    »Wieso? Wo das Zeug so giftig ist?«
    »Sie vergessen seine anderen Besonderheiten. Früher wurden der Alraune magische Kräfte zugeschrieben, vor allem zur Abwehr von bösen Geistern. Im Mittelalter hatten die Leute die Wurzel am heimischen Herd liegen, sie sollte ihnen Glück und Wohlstand bringen und alles Böse bannen. Außerdem galt sie als Heilmittel gegen Unfruchtbarkeit und wurde zur Zubereitung von Liebestränken verwendet.«
    Er war erheitert. »In Ihnen stecken eindeutig auch Ailsas Gene«, sagte er. »Das stimmt fast

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