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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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beschäftigen, ob es einer der beiden Murnauer mit Mund-zu-Mund-Beatmung probiert hat. Besser nicht erkundigen. Das willst du nicht wissen. Das wäre, als hätte dem Schneewittchen ein Zwerg die Zunge bis zu den Mandeln in den Schlund geschoben. Immerhin ist er hier und »still alive«, und dafür muss er ihnen dankbar sein. Ein Schmunzeln kommt ihm aus. Taktisch einwandfrei vom Ferdl. Ein Schlauer. Da wird er ihm mehr als ein Bier ausgeben – vielleicht einen gescheiten Schnaps dazu. Bierschnaps.
    Apropos Bierschnaps.
    Â»Du blöder Hund!«
    Die Anrede hat sich etabliert. Eigentlich ist ihm »Sandner« lieber. Jeder so, wie er’s verdient. Bestimmt haben sie alle recht. Er hat sich deppert angestellt im Wald, wahrscheinlich weil er beim Trapper-Lehrgang gefehlt hat. Der ordentliche Waldläufer hätte gwies erlauscht, falls ein Käfer gewinselt hätte unter Hambachers unvorsichtigem Tritt. Und dann umdrehen und dem Sauhund die Faust dermaßen aufs Kinn zimmern, dass ihm die Sterne stundenlang um den Schädel kreiseln. Das wär die Phantasie vom Sandner, falls der Mistbock ihm noch einmal in Reichweite kommt. Das wär ein Glücksgefühl. Da wären zwei Fäuste zu wenig, am besten wärst du ein Oktopus.
    Von der offenen Tür her hat ihm die hündische Begrüßungsformel seiner Aschera entgegengeschallt. Sie wiederum kostet es keine Mühe, den Aschenbrenner aus der ersten Reihe zu verdrängen. Er ist halt gut erzogen. Nur nicht rangeln um die besten Plätze. Der Kriminaler kommt sich vor wie das Schlussverkaufsschnäppchen – und fühlt sich genau so. Statt am Kleiderständer ist er halt am Baum gehangen.
    Die Frau schaut ihm nur in die Augen und drückt seine Hand. Intensiv und lange. Da liegt alles drin. Das reicht ihm für ein warmes Gefühl, als würde er gerade aus Eiswasser auftauchen und sich in die Herbstsonne legen. Keiner spricht ein Wort. Die Verlegenheit hat sich nicht lang breitmachen können am Krankenbett. Husch-husch!
    Â»Jetzt ist aber Schluss«, protestiert die Schwester, zu neuer Lebendigkeit erwacht, »wissts ihr, wie spat des is? Mitten in der Nacht! Himmel noch amal, der Mann muss schlafen – lassts ihm sei Ruh!«
    Das könnte er sich als persönliches Mantra auf die Stirn tätowieren lassen. Damit jeder gleich Bescheid weiß, jetzt und in Ewigkeit.
    Fehlt noch, dass sie aufstampft und qualmt. In Rage will die Krankenhauswalküre niemand erleben. Widerwillig ziehen sich seine Anhänger respektive Schaulustigen zurück.
    Â»Eh ich’s vergess«, sagt der Aschenbrenner, schon halb durch die Tür. »Der Miran lässt dich herzlich grüßen, gute Besserung wünscht er dir. Das mit Ömers Mercedes wär halb so schlimm. Er ist ja okay, oder? Du sollst dir keinen Kopf machen. Und er hätt mit dem Ömer die Frage diskutiert, ob du eine ...«, er wirft einen belustigten Blick auf die Frauen, »ob du eine Erektion hattest.«
    Erwartungsvoll mustern ihn sechs Augenpaare. Und? Sandners Blick wirkt als definitiver Rausschmeißer. Sonst noch Fragen?
    Â»Gut Nacht, Herr Sandner«, bekräftigt seine Pflegekraft und macht das Licht aus. Weißer Schutzengel.
    Die Tür schließt sich. Kurz betrachtet er die Geräte, deren Tentakeln nach ihm ausgestreckt sind. All die Saugnäpfe auf seiner Haut. Beruhigende Normalität. Die Technik hat alles im Griff, da fehlt sich nix.
    In der Dönerbude haben sie gwies angeregt debattiert, ob er mit einem Ständer am Baum gehangen ist und wie der Ömer seinen Hundertzehner wiederbekäme. Sauber. Da fehlt auch nix. Wahrscheinlich laufen Wetten. Zehn Euro auf Ejakulation. Dabei könnte er ihnen die Frage gar nicht beantworten. Höchstens die Uniformhose. Grinsen muss er jetzt. Besser kann man den Begriff »das Leben geht weiter« nicht umschreiben. Er schließt die Augen. Schlafen.
    D er nächste Morgen reibt sich verwundert die Augen. Der Sandner ist auf den Beinen. Als hätte er die Nacht über durchgesoffen und im alten Leichenwagen genächtigt, fühlt sich sein Körper an – aber immerhin fühlt er sich an. Das kann nicht jeder von sich behaupten. Die Visite hat er noch ruhig über sich ergehen lassen, aber jetzt treibt es ihn um. Er musst nicht mehr ans Bett gefesselt bleiben und sich die depperten Monitore beglotzen. Unter der Dusche kommt er zu sich. Minutenlang

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