Fuchsteufelswild
Stationsarzt die Amtsinsignien zu retten. Der kann nur mit den Kiefern mahlen und zum Abgang die klassische ernste Miene aufsetzen, welche die Leut immer zum Rätselraten animieren soll.
Fünf Minuten später, als die Wiesner grad das Grande Finale mit der Frau Leistner gestenreich zum Besten gibt, inklusive Hartingers Kung-Fu-Einlage, schrillt dessen Handy. Ganz banales Telefonklingeln. Die Mama ist es also nicht. Er lauscht einen Moment.
»Dankschön«, sagt er, und zum Auditorium gewandt: »Die Kriminaltechniker ham mehrere DNA-Treffer. Sie ham sich beeilt, sagen sie.«
»Treffer, versenkt«, kommt es vom Sandner.
»Ich hab die ganze Zeit gedacht, der Hopf hat den Brandl umbracht«, gibt der Hartinger zu.
»Für mich kam der Hambacher infrage«, krächzt der Sandner.
»Und ich hab es der Frau Hopf zutraut. Wenn er kein Alibi hat, hat sie ja auch keines«, meint der Jonny.
»Sag amal, Sandra, wie machst du des? Du schaust dir die Frau fünf Minuten an, und dann weiÃt du alles«, wundert sich der Altusrieder. »Des is doch Voodoo.«
Die Wiesner sagt nichts, zuckt nur mit den Schultern.
»Ein Hauptkommissar schafft des in zweieinhalb Minuten«, lässt sich der Bischoff Kare vernehmen. Zum ersten Mal.
Ein hintergründiges Lächeln schenkt ihm die Wiesner. »Zeit, dass ich befördert werd.«
Bevor sie sich wieder auf den Weg machen, schiebt der Sandner die Wiesner noch in ein ruhiges Eckerl auf dem Gang. Die anderen schlendern weiter.
»WeiÃt«, wispert er stimmlos und verzieht das Gesicht, »ich glaub es zwar ned, aber der Corina hätt ich auch ein bisserl übersinnlichen Sex gewünscht.«
»Du hast ihren Namen in den Unterlagen gelesen?«
»Wenn ich blind werd, erfährst du es als Erste.«
»Wir ham nix gsagt, weilâs ned wichtig war für den Fall.«
»Ja, Dankschön â ich bin gwies kein Hirsch in der Schonzeit.«
»WeiÃt, Sandner â des is doch kein Wunder, dass sie nach dir so a Seminar gebraucht hat.«
»Stimmt, weil sie das Ãbersinnliche vermisst hat â und zumindest Sinn braucht hat.«
»Freilich â wenn du des dem Wenzel derzählst, hast du einen Freund fürs Leben.«
»So a kleiner Wenzel ist erste Wahl, wenn ich mir ein Haustier zulegen will. Ich wollt es nur erwähnt haben â ned, dass ihr glaubts, ihr könnts den Sandner verscheiÃern, grad so, wie ihr es brauchts.«
Die Wiesner steht stramm und salutiert.
»Dein Sessel hab ich kaum abgesessen. Auch wenige Flecken. Der hält scho no a Weile.«
Einen strengen Blick bekommt sie plötzlich. Domina-like.
»Sandner, des drückst du dem Wenzel ned nei. Kein Sterbenswort davon. Deine Ex hältst du raus. Er hat es gwies gelesen. Lass gut sein.«
»Wenn du meinst.«
»Sandner?«
»Ich versprechâs â beim heiligen Rochus.«
Dass er jetzt den Arm um ihre Schultern legt, wie er mit ihr zu den anderen hatscht, müsste man sich als auÃergewöhnlichen Moment rot im Kalender anstreichen. Beide haben Grund, heute Geburtstag zu feiern â fast a bisserl wie die Kinder.
Kurz nachdem seine Truppe sich vom Acker gemacht hat, ist der Sandner entlassen worden. Eigentlich hat er sich selbst entlassen. »Entweder ich darf gehen, oder ich geh ohne Dürfen.«
Die Rhetorik hat den Stationsarzt überzeugt. Der Sandner hat noch fünfzehn Minuten die Kiefer aufreiÃen müssen wie beim Schlangenmelken, dann durfte er auschecken.
Die Maria hat ihn abgeholt. Auf der Fahrt haben sie nichts gesprochen. Der Sandner mangels adäquatem Artikulationsvermögen. Manchmal weiÃt du, dass die Wörter, die du raushauen würdest, so gar nicht beschreiben können, was du grad im Kopf hast. So gehtâs wohl beiden. Verstanden haben sie sich.
Erst mal hat sich der Münchner auf der Couch im Wohnzimmer niedergelassen, die Maria wollte sich einen Tee aufbrühen. In einer Stunde würden ihn der Bürgermeister und einige honorige Leut aus dem Ort noch im Rathaus erwarten. Die Maria hat ihm die Einladung übermittelt. Schnell sind sie â wahrscheinlich, damit der unberechenbare Münchner genauso schnell wieder verschwindet. Er schlieÃt die Augen. Kris Kristofferson singt sein »Sunday Morning Coming Down«. »Cause thereâs something in a Sunday, that makes a body feel alone.« Nichts, was er
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