Fuchsteufelswild
Fingern, als könnte sie sich durch die Berührung eine Verbrennung dritten Grades abholen. Eine blasse Erscheinung. Hager und klein, bestimmt eine Fesche früher. Aber sie scheint darauf keinen Wert mehr zu legen, das schwarze Haar grau durchwirkt und unordentlich, als hätte ihr Göttergatte sie aus dem Schlummer gerissen. Schwarz-violette Schatten unter den Augen. Ihrem Mann wirft sie einen Blick zu, den der Polizist nicht deuten kann. Als würde hinter ihm noch jemand stehen, den nur sie sehen kann. Jemand, der dir Albträume ins Hirn nagelt, mit dem Vorschlaghammer, ohne Betäubung.
»Mein Mann war am Samstag nicht weg.«
Der Hambacher nickt zufrieden.
»Da hören Sieâs.« Er grabscht sich sein Weib am Arm und lenkt sie wieder nach drauÃen wie ein Blindenführer.
Den Sandner verblüfft die Inszenierung.
Wie er Minuten später vom Hambacher erfährt, wäre dessen Frau gerade arg malad. Sie hätte sich überarbeitet und müsste sich erholen. Wär ja viel los gewesen. Als sich der Sandner verabschiedet, will der Senior noch von ihm wissen, wie es ihm bei seiner Zimmerwirtin gefalle. Viele Gäste hätte sie sonst nicht, vielleicht würde man sich nicht so wohlfühlen in dem Milieu. Der Maxi wär ja auch ein zwielichtiger Gesell, nicht hasenrein.
Wennâs ums Milieu ginge, hat der Sandner geantwortet â solche Rotzlöffel wie seinen Filius kenne er aus München. Seine Kollegen würden die im Dutzend anschleppen zum Einkasteln.
Der Hambacher ist erstaunlich ruhig geblieben. Nur die Mundwinkel haben gezuckt.
»Alles derf sich auch ein Beamter ned erlauben. Von unseren Steuergeldern fein leben â und uns ausrichten tät er! Wir sind anständige Leut, keine kriminellen Subjekte wie die ...«
Da hätte ihn der Sandner fast aus der Deckung gelockt.
»Wir sehen uns bestimmt noch«, meint er, bevor der Hotelier die Tür zuhaut. Immerhin das letzte Wort. Wieder bewegt sich oben ein Vorhang.
Der Sandner nickt Richtung Fenster, bevor er sich umdreht und geht.
I n der Nähe vom Bahnhof findet er ein kleines Café, um seine Gedanken zu sortieren. Zum Latte macchiato schnürt er die ganze Geschichte zu einem Packerl, damit er sie von allen Seiten anschauen kann. Auf der einen Seite ist der Brandl, gegenüber der Hambacher, dann wär da noch der Hopf und der Stangassinger und â die Toten, der Toni und die Anni. Ein Würfel. Zu welchem Spiel passt der? Ganz in Gedanken schaut er erst auf, als jemand sich direkt an seinen Tisch stellt. Die Murnauer Gesetzeshüter.
»Wir ham Sie durch die Scheibe gesehen«, glaubt der Gwamperte ihm kundtun zu müssen.
»So, geb ich hier die Peepshow für Arme? Is sonst nix los?« Jetzt scheint der beleidigt. Eine Hundertzehn-Kilo-Mimose. Mamma mia!
»Trinkts an Kaffee mit?«, lenkt der Sandner ein.
»Koa Zeit, wir wollten nur Bescheid geben, dass alles erledigt ist, mit dem Erkennungsdienstlichen. Der oide Grainer hat sich auch ned gerührt.«
»Habts gut gmacht. Ihr seids wohl immer im Dienst?«
Jetzt huscht ein Grinsen über das pralle Gesicht, Gott sei Dank, das hat er hören wollen. Schad, dass der Sandner keine Zuckerstückchen einstecken hat.
»Wissens ja selber, wieâs ist mit dem Personalmangel. Lass noch zwei die Grippe haben, und schon schiebst du Dienst rund um die Uhr.«
Der Sandner nippt am Getränk. Nickt nachfühlend.
»Ich bräucht eure Hilfe.«
Die beiden treten einen Schritt zurück. Hilfe gleich Kalamitäten.
»Ich bräucht alles, was ihr zu Annis Suizid habts. Ich mein Unterlagen, ohne groÃes Trara.«
Empörung beim stämmigen Gegenüber.
»Was heiÃt denn des, ohne groÃes Trara? Wie stelln Sie sich des vor? Die liegen doch ned einfach rum wie die Servietten beim Italiener«, echauffiert er sich. »Da kann doch ned jeder einfach ...«
»Gestern Nacht ...«
»Ja, ich versteh Sie schon. Eine Hand wäscht die andere, oder?«
»Na, na â ich wollt sagen, gestern Nacht warts ihr ziemlich kreativ. Schnell reagiert. Des habts ihr scho im Kreuz.«
»Mal schaun«, brummt er befriedet.
Der Jüngere stupst den Kollegen an. »Ich weià schon, wie. Aber warum überhaupt?«
»Ned dumm, deine Frage. Vielleicht liegt da für unseren Mord am Toni ein Motiv. Aber wenn ich des beantrag, da ist ja der ganze Rattenschwanz
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