Fuck Buddies - Fremde und andere Liebhaber
abzugeben. Und zwar an Jens, der mich mit einem spöttischen „Na, Cowboy, wie ist das Leben in Dodge-City denn so?“ auf seinen sinnlich geschwungenen Lippen empfing.
Zu einem erfolgreichen Team gehören immer zwei, die sich ergänzen: The Body and the Brain . Der erwachsene Batman und der knabenhafte Robin. Der cholerische Dick und der schusselige Doof. Gemeinsam sind sie unschlagbar. Und das könnte man auch von Jens und mir behaupten … wenn wir uns auch nur im Ansatz mögen würden. Tun wir aber nicht. Denn während ich die Hosen eintrage, zieht er sie danach an und posiert vor der Kamera. Das ist eins der Erfolgsgeheimnisse von Y-Jeans : Meine Kollegen und ich tragen die Dinger im Schweiße unserer Angesichter ein, Jens wird darin perfekt ausgeleuchtet fotografiert. Jeder Kunde bekommt zu seiner Edeljeans ein Hochglanzfoto, das zum Beweis der Authentizität dienen soll: So sieht Ihre Y-Jeans aus, nachdem sie bei einer Gletscherwanderung mehrfach durchgefroren wurde. Oder: So sieht Ihre Y-Jeans aus, weil ein wilder Stier sie beim berühmten Rennen in Pamplona auf die Hörner genommen hat. Die Leute glauben das. Natürlich. Wer würde nicht einem Mann glauben, der aussieht wie der feuchte Traum von Bruce Weber und vom Besetzungschef der Falcon Studios ?
Jens ist das Y -Model. Er sieht ziemlich gut aus. Und er ist mit Abstand der eingebildetste, arroganteste und dämlichste Arsch, den ich kenne. Dummerweise ist sein Arsch auch ziemlich sensationell – und für mich unerreichbar. Aber natürlich beruht meine Ablehnung nicht darauf, dass Jens einer der Kerle ist, die ich mir seit meinem zwölften Lebensjahr heimlich angesehen habe und von denen ich trotz des jugendlichen Höhenflugs der Hormone und meines damals unerschütterlichen Selbstbewusstseins – das mehr mit Naivität als mit Lebenserfahrung zu tun hatte – genau wusste, dass ich ihnen niemals nahekommen würde. Es ist vielmehr die Ungerechtigkeit der Geschäftspraxis von Caradonna, die mich wütend macht: Erstens haben meine Kollegen und ich die ganze Arbeit; zweitens sind wir auch nicht gerade unansehnlich; drittens sollten wir deswegen auch diejenigen sein, die für unsere erlesene Kundschaft abgelichtet werden. Das scheint nur gerecht.
Wobei, zugegeben: Jens ist schon der Hammer mit seinem kantigen Kopf, den dunklen, kurzgeschorenen Haaren, der geraden, maskulinen Nase, den vollen, sinnlichen Lippen, die eigentlich gar nicht zu seinem markanten Kinn passen und doch so aussehen, als müsste man sie ununterbrochen küssen. Was ich natürlich nie tun würde. Denn, wie gesagt, ich mag Jens nicht. Er ist ein eitler Fatzke, der sich etwas darauf einbildet, von Mutter Natur eine zu große Portion Anziehungskraft mitbekommen zu haben. Dabei ist er auch nur so groß wie ich, hat ungefähr dieselbe Figur, schließlich teilen wir uns die Konfektionsgröße. Aber Jens ist eben … trainierter. Härter. Sexier. Natürlich ist auch mein Arsch ganz okay. Aber seiner ist eben das, was man knackig nennt.
„Nun gut, Uwe“, seufzt Caradonna ergeben. „Ich werde dich zu nichts zwingen. Auch wenn mir dadurch ein Vermögen entgeht.“
„Sollte mich interessieren, was irgendwer für eine Jeans zahlt, auf deren Träger geschossen worden ist?“, gebe ich mich zickig.
„Natürlich interessiert dich das.“
Verdammt, sie kennt mich gut. In einem der nicht ganz so reflektierenden Teile meines Charakters regt sich schließlich immer ein Gedanke, wenn ich eine besonders absurde Sache mache, um eine Jeans zum hochpreisigen Einzelstück zu veredeln: dass nicht nur der Preis der Hose steigt, sondern auch mein Wert. Verrückt, ich weiß. Aber, he: Kein schwuler Mann, der die magische Dreißig bereits überschritten hat, kann von sich behaupten, dass er nicht glücklich wäre, seinen Marktwert erstens zu kennen, zweitens diesen steigern zu können und drittens … na ja. Was auch immer.
Ärgerlich runzle ich die Stirn. Ich bin ein sehr systematischer Mensch. Ich glaube daran, dass alles einer streng logischen Reihenfolge entspricht: Wir werden geboren, wir leben, wir sterben. Wir kochen, wir essen, wir scheißen. Eine Erkältung braucht drei Tage, bis sie kommt, bleibt drei Tage und braucht dann drei Tage, um wieder ganz zu verschwinden. Alles immer schön der Reihe nach. Alles sicher und kontrolliert. Nur auf den dritten Schritt meiner Marktwert-Theorie bin ich noch nicht gekommen. Und das macht mich etwas unsicher. Okay, streichen wir das etwas. Ich mag es eben
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