Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)
der Regentonne versteckt.
Mama setzt mich auf die Wiese und ruft begeistert: »Guck mal, Mia, der Osterhase war da!«
War, denke ich, die Show ist vorbei.
Ich drehe also ab Richtung Legoheim, doch Mama schnappt mich, hebt mich hoch und zeigt auf die Forsythie.
Nun bin ich ehrlich überrascht. Der gelbe Strauch hängt voll mit bunten Eiern, und ich habe wieder was gelernt.
Die Hühner kacken pastell, und der Osterhase kann fliegen.
Wie auf Kommando richten Mama, Papa, Oma, Opa und zwei Nacktschnecken ihre Fotohandys auf mich.
Opa schreit: »Guckguck, hier ist das Vögelchen, ja guckimal, Mia!«
Ich murmle: »Hase, Opa, nicht Vögelchen«, und suche den Rübenfresser.
Opa versteht mich nicht und wiederholt sein Anliegen.
Langsam schwant mir, dass irgendetwas von mir erwartet wird, und ich weiß nicht, was. Aus Verzweiflung imitiere ich spontan Louis de Funès: »AH, OH, N(EIN), D(OCH), OH«.
Blitzlichtgewitter aus Richtung Regentonne. Aha, ich scheine also alles richtig gemacht zu haben und atme erleichtert auf.
Dann werde ich rumgereicht, von Mamas Arm auf Papas, der mich aufgeregt darüber informiert, dass der Osterhase Eier für mich versteckt habe. Engagiert trägt er mich zu einer Krokusformation und sagt: »Gucki mal da, Mia, guck mal, was da ist, uiuiuiuiui.«
Ich bin baff. Vier bunte Eier strahlen aus dem Strauß heraus wie kontaminierte Teletubbies. Sie sehen genauso aus wie die, die Mama gestern gekocht hat. Es müssen aber andere sein, denn Mama erkennt sie nicht wieder.
Irritiert gucke ich mich um und sehe plötzlich überall Eier.
Offensichtlich hat der Hase sie nicht mehr alle. Klaut dem Huhn die Früchte der Zeugung und versteckt sie bei fremden Leuten. Armes Häschen, bist du krank.
»Sicher hat der eine schwere Kindheit gehabt«, vermute ich mitleidig.
»Oder kein Häschen zum Rammeln gefunden«, erwidert Teddy grinsend, der sich mittlerweile im Garten in der Hollywoodschaukel breitgemacht hat, »so was kenne ich, da ist der Frust groß.«
Verständnislos gucke ich mich um. Manche Eier sehen ganz besonders schön aus – ich greife mir eins und staune. Es ist in buntes Stanniolpapier eingewickelt und ziemlich schwer. Der Hase scheint sich große Mühe gegeben zu haben.
»Es geht doch nichts über Selbstgebasteltes«, sagt Oma stolz, und der Hase ist scheinbar der gleichen Meinung.
»Vielleicht war der Hase ja auch schon mal Hase bei Oma«, murmle ich und gucke Teddy fragend an.
Er reagiert nicht und zeigt stattdessen grinsend auf das Osterei.
Papa hilft mir, das Papier abzufriemeln, und ich beginne gespannt, an dem Inhalt zu lutschen.
Ich glaube es nicht.
Der Hase ist ein Öko.
Das Ei besteht aus zerkleinerten Dinkelstangen, die mit Agavendicksaft verklebt sind.
»Lecker ist was anderes«, entfährt es mir, und ich spucke auf die Wiese. Teddy kringelt sich auf der Hollywoodschaukel und hält sich den Bauch vor Lachen.
Der Garten ist übersät mit Dinkel-und Amaranth-Eiern.
Es ist wirklich nicht zu fassen, der emotional frustrierte Öko-Hase lädt seine Essensvorräte LKW-weise in unserem Vorgarten ab, und meine Eltern finden das auch noch in Ordnung.
Ich hingegen bin der Meinung, dass Toleranz auch seine Grenzen hat, und nehme mir vor, beim Ordnungsamt anzurufen.
Gegen Mittag haben meine Eltern endlich auch die Nase voll. Alle Eier werden eingesammelt, und die Party ist vorbei. Oma erzählt noch was von einem Herrn Jesus, der heute aufsteht. Das mache ich jeden Tag, denke ich, das feiert aber nie einer.
Bin schief gewickelt, und die vielen Amaranth-Eier der letzten Tage zeigen ihre Wirkung.
Alles nass – Aa bis zum Schlüsselbein.
Mama versucht, ihrem Versagen als Mutter etwas Gutesabzugewinnen und erklärt: »Sieht ähnlich aus wie Fango, ehrlich, nur dass es geruchlich intensiver ist.«
Ich versuche es ebenfalls mit positivem Denken und überlege eifrig, das Stuhlgangprodukt zu sammeln und in ein alternatives Energieprojekt zu stecken.
Sören-Wotan und Levke-Fee kommen zu Besuch, und ich stelle ihnen eifrig meine Idee vor. Unser erstes gemeinsames Business-Projekt! Alle sind ganz aufgeregt und lassen anal los.
Teamwork ist alles, finden wir, nur Mama, Bettina und Wiebke sind anderer Meinung und wechseln stöhnend unsere Windeln.
Aber wir sind nicht mehr aufzuhalten. Sören-Wotan ist Feuer und Flamme und schmiedet Pläne, später mal eine Verbrennungsanlage aus alten Smartiesrollen zu bauen. Ich nehme mir vor, das Ding dann mit Tonnen von Alufolie zu überziehen
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