Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)
Betrieb scheinbar auch ohne ihn weiterläuft, das ist merkwürdig. Neugierig blättere ich weiter, um zu gucken, ob Mama drin vorkommt.
»Wahrscheinlich sagt der Bauer sich, bei den Milchpreisen, nee, da lohnt dat Arbeiten sich nich«, denke ich laut.
Teddy überlegt: »Vielleicht ist der Bauer melkmäßig eher nachtaktiv.«
Wir recherchieren das an Papas Computer, kriegen es aber nicht gegoogelt.
Sage zu Teddy: »Manchmal läuft der Bauer auch durch die Gegend und sucht vermutlich eine Frau, da gibt es ja ganze Sendungen drüber, das muss ein normaler Zeitvertreib für einen Bauern sein.«
»Was denn?«, brummt er gähnend.
»Frauen suchen«, sage ich. »Und als Erkennungszeichen immer nen Strohballen in der Hand. Drunter macht er es nicht.«
»Angeber«, sagt Teddy und schläft ein. Ich schüttele den Kopf, lege das Buch zur Seite und decke ihn zu.
22. Und wie du
wieder aussiehst
Bettina und Wiebke sitzen mit Mama im Wohnzimmer, und ich versuche gerade, Sören-Wotan und Levke-Fee den Postimpressionismus eines Camille Pissarros durch die Maltechnik des Pointilismus mit Hilfe von heruntergefallenen Kuchenkrümeln näher zu bringen, als Papa hereinkommt.
»Heike, mein Engel, wo bist du, ich habe großartige Neuigkeiten, stell dir vor, ich habe ...«
Er stoppt mitten im Satz, als er die beiden Besucherinnen sieht und sagt: »Ach so, du hast Besuch, dann will ich mal nicht stören.« Bettina kichert und flüstert: »›Engel‹, so was fällt auch nur einem Mann mit einem schlechten Gewissen ein.«
Mama guckt sie scharf an und sagt zu Papa: »Komm doch rein, Chris, was sind denn das für Neuigkeiten?«
Da bin ich aber auch mal gespannt. Vielleicht hat er das Tonstudio verkauft oder drei Karten für ein Champions-League-Spiel geschenkt bekommen, oder er ist deutscher Meister in Luftgitarrespielen geworden.
»Na gut, die anderen erfahren es ja sowieso«, erwidert er glücklich und platzt fast vor Stolz. »Ich habe dir eine Vernissage für deinen Zyklus ›Dickes Blut‹ organisiert!«
Bettina und Wiebke hören auf, in ihren Teetassen zu rühren.
»Na, was sagst du? Am vierzehnten Juli in der Galerie Markenstein, jetzt müssen wir nur noch Einladungen schreiben und Prosecco kaufen, dann kann es losgehen!«
Mama ist sprachlos, und ich auch. Immerhin geht es hierunter anderem um meine Ausscheidungsobjekte, das ist ein Familienprojekt, und das wiederum heißt, es ist auch meine erste Ausstellung.
Plötzlich bin ich ganz aufgeregt, und die Kuchenkrümel kleben an meinen schweißnassen Händen.
Mama sagt immer noch nichts, während Bettina und Wiebke gespannt von ihr zu Papa und zurück gucken.
»Freust du dich denn gar nicht?«, fragt Papa enttäuscht und beginnt nervös mit dem Nägelkauen.
Jetzt fängt Mama an zu weinen.
»Doch, natürlich! Das hast du für mich getan? Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll! Wie hast du das denn geschafft?« Sie lässt sich von Bettina ein Taschentuch geben und schnäuzt geräuschvoll hinein.
»Nun ja«, antwortet er mit stolzgeschwellter Brust, »der Sohn von dem Kurator hat in meinem Tonstudio eine CD aufgenommen, und da habe ich eben auch den Vater kennengelernt, weißt du, das ist schon wieder so ein Jugendlicher mit Liedermacher-Attitüde, gar nicht so schlecht, der hatte gesanglich ...«
Mama unterbricht ihn: »Ja und dann? Ich kann es kaum aushalten!«
Bettina und Wiebke gucken von einem zum anderen und wieder zurück.
»Ach so, ja, und da hat er deine Bilder in meinem Studio gesehen, und wir haben das ein oder andere Bier zusammen getrunken, und zack, hab ich das für dich eingetütet!«
Jetzt erinnere ich mich. Da unser schmuckes Reihenhäuschen vor innovativen Kunstwerken bald auseinanderbricht, haben meine Eltern die Devotionalien-Sammlung in Papas Tonstudio ausgelagert.
»Chris, ich kann es kaum glauben, das ist ja wundervoll!« Sie stürzt auf ihn zu und fällt ihm in die Arme.
Jetzt weine ich auch, denn dieser Moment ist so schön, dass es kaum zum Aushalten ist.
Mama und Papa sind glücklich vereint, und ich habe meine erste Ausstellung.
Das Einzige, was noch besser sein muss als dieses Gefühl, ist laufen zu können.
Ich sage zu Teddy, es müsse noch eine Menge vorbereitet werden und schicke ihn los, um Wasserfarbe und Leinwand zu holen, denn ich werde noch viele Bilder für die Vernissage fertigstellen müssen, damit die Kunstwelt so schnell wie möglich auf mein Genie aufmerksam wird.
Das ein oder andere Werk werde ich dann großzügig zum
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