Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)
kommt’s.
Oma fährt fort im Text und sagt, dass sich Bobo auf dem Rückweg das Ohr an einer Zigarette verbrennt. Der Mann hat nicht aufgepasst, und Bobo macht ›Au!‹, woraufhin der Mann ›’tschuldigung!‹ sagt.
Es ist nicht zu fassen.
»Genau das erlebe ich auch immer im Schwimmbad«, rufe ich aus, und Teddy sagt: »In puncto Zynismus hast du wirklich dazugelernt, Mia, Hut ab.«
Oma sagt, dass Bobo die Wunde jetzt ein bisschen wehtut, dass ihm aber bestimmt jemand hilft, und sie liest weiter vor, dass die Krankenschwester (!) das Ohr mit einem Wattebausch abtupft, Bobo keine Schmerzen mehr hat und seinem Papa sein Ohr zeigt, der daraufhin richtig aus sich rausgeht und sagt: ›Oh! Ein Pflaster!‹
Oh Mann. Mehr fällt ihm offensichtlich nicht ein.
Als Papa ist der ja schlimmer als Marlon, denke ich, der gute Herr Siebenschläfer ist entweder bekifft oder durch die üppige Oberweite der Krankenschwester abgelenkt, oder er findet es übertrieben, auf Verbrennungen dritten Grades ein Pflaster zu kleben. Vielleicht kommt er auch nur mit seinem Celebrity-Status nicht klar und hat sich so zugesoffen, dass er nichts mehr davon mitkriegt, was um ihn herum vorgeht.
»Mal ehrlich«, sage ich zu Teddy, »das will man doch als Kind nicht lesen. Da will man doch hören: Bobo zeigt Papa sein Ohr. Papa Siebenschläfer schreit: ›Wie ist das denn passiert? Zeig mal her, mein Sohn, das Arschloch verklopp ich!‹ Er öffnet die Schwimmbadtasche und nimmt das Klappmesser heraus. Mama Siebenschläfer lädt die Pumpgun, zieht ihre Strumpfhose aus und bastelt mit Bobo drei schöne Masken. So ausstaffiert, machen sie aus dem Schwimmbadraucher einen schönen Matschhaufen. Das macht Spaß! Hei,wie das spritzt! Sie kommen auf den Geschmack und ziehen marodierend durch fünfundachtzig Raucherclubs. Da kommt die Polizei! Lalülala! Mama und Papa zeigen auf Bobo und sagen, der da war’s. Bobo kommt in ein Heim und lernt dort, sich so zu verhalten wie richtig kriminelle Nagetiere, Mama und Papa leisten Sozialstunden, und das Sandmännchen erlebt das Comeback des Jahres.«
Teddy kringelt sich vor Lachen und kriegt kaum noch Luft, so dass ich versuche, die Situation abzumildern: »Ja gut! Oder: ›Du Armer, komm mal her, nachher kriegst du ein Eis.‹»
Und der soll so sein wie ich. Ich schnappe mir den Computer und befehle dem japsenden Teddy, im Internet Bobo-Bücher für Erwachsene zu bestellen:
Bobo Siebenschläfer beim Scheidungsanwalt
Bobo Siebenschläfer macht die Steuer
Bobo Siebenschläfer in der Entzugsklinik
Bobo Siebenschläfer geht in den Puff
Teddy findet das nicht gut und gibt ein: Bobo Siebenschläfer hat Hämorrhoiden. Zu viele Zäpfchen.
Fühle mich verarscht, klaue Papas Taschenlampe für die Nacht und lese zum Entspannen Das Kapital.
23. Öl auf Spucktuch –
Kunst für alle
Es ist so weit! Heute ist mein großer Tag. Ich habe es geschafft: Meine erste Ausstellung ist fertig.
Auch Mama und Papa scheinen stolz auf mich zu sein, denn sie begrüßen mich schon morgens mit einem riesigen selbstgebackenen Dinkelmuffin mit einer Kerze drauf. Vermutlich wollen sie mir sagen, dass ich mein Licht nicht unter den Scheffel stellen soll, und ich danke es ihnen mit meinem strahlendsten Lächeln.
Sie legen sich wirklich mächtig ins Zeug und singen sogar ›Zum Geburtstag viel Glück!‹, um mich danach dermaßen überschwänglich zu herzen und zu küssen, dass ich mir vorkomme wie ein Heimkehrer aus dem Dreißigjährigen Krieg.
Über die Aufmerksamkeit freue ich mich natürlich, flüstere Teddy aber ins Ohr: »Findest du nicht auch, dass es ›Geburtsstunde‹ heißen sollte, denn heute um elf Uhr ist ja nun eindeutig die Geburtsstunde meiner künstlerischen Laufbahn?«
Teddy brummelt nur Unverständliches, denn er ist mit dem Auszupfen einzelner grauer Härchen aus seinem Fell beschäftigt.
Aufgeregt will ich sofort raus aus dem Bett und in die Galerie, aber jetzt gibt es erst mal noch Geschenke. Ich finde, dass meine Eltern etwas übertreiben, zumal die Vernissage noch gar nicht eröffnet ist, doch sie bestehen darauf, dass ich auspacke.
Ungeduldig tue ich ihnen den Gefallen und bestaune ein Fühlbuch, eine Sortierbox, bei der ich unterschiedlich geformteGegenstände in die passenden Löcher stecken soll, und ein Pferd aus Holz, auf das man sich draufsetzen kann, das aber nicht vom Fleck kommt, sondern nur vor-und zurückschaukeln kann.
Während ich es ausprobiere, singen sie ›Hoppe, hoppe Reiter, wenn
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