Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)
er fällt, dann schreit er‹.
Das geht zu weit, denke ich und plumpse stattdessen lautlos auf den Boden.
Sie wirken enttäuscht, dass ich so schnell aufgebe, doch ich empfinde das Reiten ohne Ziel als erniedrigend und beschließe, dass es nun wirklich genug ist. Wir haben schließlich alle Hände voll zu tun, und ich soll meine merkwürdigen Geschenke und einen zweifelhaften Ruhm genießen, bevor auch nur ein Kunstbeflissener meine Werke gesehen hat, das macht doch keinen Sinn.
Zu allem Überfluss kommen jetzt auch noch Oma und Opa vorbei und gratulieren mir mit einem riesigen Luftballon, auf dem eine Eins in Glitterschrift steht.
Dankbar, wenn auch etwas unruhig, lächele ich ihnen zu und betrachte die Zahl.
Nicht besonders originell, denke ich, für so ein besonderes Ereignis hätte man wenigstens die symbolträchtige Sieben nehmen können oder zumindest eine Primzahl, aber so weit haben meine Großeltern scheinbar nicht gedacht, und ich habe sie so lieb, dass ich ihnen den Fauxpas sofort verzeihe.
Es muss ja nicht jeder den gleichen Geschmack haben.
Oma macht mit mir ein Fingerspiel, und dann kommen wir endlich zum Wesentlichen.
Meine ganze Familie fährt zur Galerie Markenstein, und ich freue mich wie eine Schneekönigin auf meine erste Vernissage.
Mama hat auch ein paar Bilder dazugesteuert, was ich ausgesprochen lieb von ihr finde.
Die Galerie hat vier schöne lichtdurchflutete Räume, und in einem davon hängen in einer abgedunkelten Ecke meine Devotionalien-Sammlung, meine Fußabdrücke auf Papas Zeitung und Mamas Schwangerschaftsbauch in Gips.
Überrascht wundere ich mich darüber, dass Mama für ihre Werke alle vier Räume beansprucht, mir aber lediglich zwei Quadratmeter in einem der hinteren zugesteht, und denke nach.
Natürlich!
Mama versucht, durch die räumliche Beschränkung meiner Kunstwerke und deren mangelhafte Beleuchtung auf mein großes Genie aufmerksam zu machen.
Ein künstlerisch ausgeklügelter Schachzug, und ich verneige mich vor ihrem künstlerischen Sachverstand. Meine Mama, wer könnte das noch toppen.
Auch kulinarisch bin ich in gleicher Weise berücksichtigt: Für die Erwachsenen gibt es perlende Getränke in schönen Gläsern und für meine Freunde und mich auf einem kleinen Tisch bunte Trinklernbecher mit vermutlich zahnfreundlichen Tees drin, sowie ungesüßte Bananen-Dinkel-Törtchen und Hirsestangen, so weit das Auge reicht.
Oma will Ernie-und Bert-Kekse dazulegen, aber Mama schimpft, dass da zu viel Zucker drin sei. Sehe ihr das nach und beschließe, den drohenden Zuckermangel später durch das Erschreien von Globuli auszugleichen.
Nun kommen auch schon die ersten Gäste, zuerst die schwangere Wiebke mit Lutz und Levke-Fee, dann ein paar unbekannte Fans und zu guter Letzt auch Bettina mit Sören-Wotan. Ich komme mir vor wie in einem Wimmelbuch.
Alle haben Geschenke für mich dabei, und es ist mir ein bisschen peinlich, dass Mama keine bekommt, denn es ist ja auch ein bisschen ihre Vernissage.
Oma tritt mit einer Träne im Auge vor, während sie mit zittriger Stimme sagt, ich sei ja nun ein Jahr alt, und da könne ich mächtig stolz drauf sein.
Ich verstehe gar nichts mehr.
Opa schluckt hörbar und ergänzt, genauso sei es, ein Kalb wäre in dem Alter schon tot, da könne ich von Glück sagen, dass ich ein Mensch sei, haha.
Oma tritt ihm vors Schienbein, woraufhin er brummt, dass man doch wohl noch einen Scherz machen dürfe, obwohl das ja strenggenommen gar kein Scherz sei.
Er verstummt augenblicklich unter Omas Blick, beugt sich nicht ohne ein ›Jaja, ich mach ja schon‹ ächzend zu mir herab und poltert: »Liebe Mia, du bist nun ein Jahr, das finden wir alle wunderbar.«
Er räuspert sich und ergänzt: »Du bist unser Schatz und machst viel Rabatz, doch das muss ein Kind, wir stolz auf dich sind.«
Gucke ratlos zu Teddy. »Metzger-Lyrik«, sagt er trocken.
Alle klatschen und lassen mich hochleben, während Teddy erklärt: »Ja Mia, es ist wahr, du hast heute Geburtstag! Herzlichen Glückwunsch! Es war ein schönes Jahr mit dir!«, und zupft weiter an seinem Fell herum.
Ich kriege Panik.
Ich bin also nicht mehr null, sondern endlich EINS, und mein Teddy macht sich aus dem Staub.
Das ist zu viel für mich.
»Was heißt hier ›war‹?«, schreie ich entsetzt, »du willst doch nicht etwa weg?«
Ich fange an zu weinen und kralle mich in sein Fell.
»Nicht doch«, sagt er erschrocken, »an der Stelle ist es doch noch so schön braun!«
Er nimmt
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