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Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Rossi
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leiden. Ich kann allerdings nicht sagen, ob es gut enden wird, die Linien auf deiner Hand sind nicht deutlich genug.«
    Ich musste lächeln, sagte aber nichts, weil ich sie nicht beleidigen wollte.
    Trotz Nora fand ich es immer schwieriger, mit der Arbeit in diesem Laden klarzukommen. Am Anfang hatte ich dringend Geld gebraucht, so dass es mir gelungen war, die Tatsache zu verdrängen, dass ich mit fremden, teilweise ekligen Männern rummachte. Doch mit der Zeit – als meine finanzielle Situation sich besserte – fiel mir das Ganze immer schwerer. Ich zitterte schon, wenn es an der Tür klingelte, und kotzte innerlich schon ab, falls der Gast mich wählte. Das Gefühl, von gierigen Händen betatscht zu werden und einen fremden Körper anfassen zu müssen, weil man dafür bezahlt wurde, war einfach mies. Manche Typen waren fett, andere stanken, einige waren alt und sahen auch so aus – allesamt Leute, mit denen man normalerweise nie ins Bett gehen würde. Auf Zimmer massierte ich die Kunden zunehmend lustlos, ihre Erektionen interessierten mich nicht im Geringsten. Falls einer mich anfassen wollte, schob ich seineHand weg, und während ich ihm einen runterholte, lag ich steif da wie ein Brett und lief sofort aus dem Zimmer, wenn er gekommen war.
    Eines Tages verpasste ich die Bahn und kam zehn Minuten zu spät zur Abendschicht. Jessica stand schon im Flur, als ich den Laden betrat, und schaute mich an, als ob sie mich schlagen wollte. Ich wusste, dass sie schon lange eine Ausrede suchte, um auf mich loszugehen.
    »Was denkst du eigentlich, wer du bist?«, brüllte sie. »Gestern Abend hast du eine Kerze im Roten Zimmer angelassen, sie brannte heute morgen noch. Willst du den Laden abfackeln? Und jetzt kommst du zu spät. Du machst nicht sauber, die Gäste beschweren sich über dich, dass du auf Zimmer so gut wie nichts machst …« Ihr Gesicht war rot angelaufen, sie schaute mich hass erfüllt an.
    »Du kannst mich am Arsch lecken!!«, schrie ich, lief aus dem Laden und knallte die Tür zu. Zitternd stand ich auf der Straße. Ich war so sauer, dass heiße Tränen meine Wangen herunterliefen. Manche Passanten starrten mich an, als ich da wie angewurzelt auf dem Bürgersteig stand und mich keinen Schritt nach vorne bewegte. Ein dicker Mann mit Hund fragte mich sogar, ob ich Hilfe brauchte, doch ich schüttelte nur den Kopf und drehte mich um. Es war mir sehr peinlich, Schwäche vor Fremden zu zeigen.
    Ich war von mir selbst enttäuscht. Wie immer hatte ich im entscheidenden Moment nicht den Mut gehabt, mich zu wehren, und ich hasste mich dafür. Seit meiner Kindheit versuchte ich immer, Konflikte zu vermeiden, doch im Rotlichtmilieu musste man auch mal die Zähne zeigen, und das gehörte nicht zu meinen Stärken.
    Ich stieg in die S-Bahn und fuhr nach Hause. »Scheiß auf die Kohle«, wiederholte ich immer wieder. »Früher hast du auch überlebt und jetzt muss es eben wieder so gehen.
    Ladja wird dir helfen. Er muss, er ist dein Partner und liebt dich, alles in allem. Wenn du mit dem Mist aufhörst, dann fühlst du dich auch nicht mehr wie ein Stück Dreck nach der Arbeit und kannst wieder nur für ihn da sein.«
    Als ich in die Wohnung kam, spielte Ladja gerade Gitarre mit Rudy, dem Engländer. Im Aschenbecher lag ein Joint. Der Tisch, den ich am Morgen noch gewischt hatte, war voll mit Bierdosen und Tabakkrümeln. Auf der Tischdecke, die ich am Tag zuvor gekauft hatte, waren Weinflecken und ein Brandloch.
    Der Stress, den ich in den letzten Wochen heruntergeschluckt hatte, brach aus mir heraus.
    »Das ist also deine Art und Weise, einen Job zu suchen!«, brüllte ich Ladja an. Meine Schreie übertönten selbst die laute Musik und Rudy hörte auf zu spielen. »Und das ist der Respekt, den du vor meiner Arbeit hast«, fuhr ich fort und zeigte auf den Tisch. »Wenn ich dir so wenig bedeute, könnte ich auch für Geld ficken gehen, dir ist das doch eh scheißegal, solange du dein Bier und was zum Kiffen hast!«
    Ich rannte aus der Wohnung und stieß dabei eine Vase um, die Ladja für mich in einem Antiquitätenladen gekauft hatte. Sie zerbrach in tausend Scherben – ich ließ sie liegen.
    Ich entschied mich, im »California« vorbeizuschauen, einer Stricherkneipe in Schöneberg, wo ich mit Ladja schon ein paar Mal gewesen war. Dort hoffte ich, Tomas zu finden. Mit ihm konnte man am besten reden.
    Als ich reinkam, war von ihm aber nichts zu sehen. Der Laden war halbleer und die übliche Mischung aus alten Hits

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