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Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Rossi
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keine Baumwollunterwäsche trugen, sondern rote und schwarze Spitze. Ich war nervös wie vor meinem ersten Tag auf dem Gymnasium und murmelte ein leises Hallo, bevor ich meine Kleidung aus dem Rucksack holte. Keiner hatte mir gesagt, was ich hier überhaupt tragen sollte. Bisher hatte ich fast immer in Unterwäsche gearbeitet, aber ich hatte angenommen, dass man in einem feinen Club ein Abendkleid trug.
    Die Blicke der anderen Frauen wurden ziemlich eisig, als ich ein schwarzes Kleid mit Pailletten glattstrich, das mir eines der Mädchen aus dem Puff im Wedding geschenkt hatte. Zwei dürre Wasserstoffblondinen, die aussahen wie Zwillinge, guckten sich an und lachten.
    »Hier tragen wir nur einen Slip. Das ist nämlich ein FKK -Club«, sagte endlich eine der beiden, als ich mich schon angezogen hatte.
    Ich wusste erst mal nicht, was ich sagen sollte. Die ganze Situation war mir peinlich und ich zog das Kleid rasch wieder aus. Ich fand die Vorstellung ziemlich widerlich, ohne BH an der Bar zu sitzen, denn so konnte jeder, der reinkam, gleich auf meine nackten Brüste starren, egal ob er mit mir auf Zimmer wollte oder nicht.
    Der Umkleideraum füllte sich mit immer mehr Mädchen, die laut redeten, sich schminkten und telefonierten. Es gab Metallspinde, die man abschließen konnte, und irgendwann fragte ich in die Runde, wo ich meine Sachen reintun solle. Keine Antwort. Ich blieb auf der Bank sitzen, bis mir eine Frau mit starkem russischem Akzent anbot, meinen Rucksack in ihrem Fach aufzubewahren. Sie war klein und pummelig, hatte aber große Brüste und ein hübsches, rundes Gesicht, das unter Tonnen von Puder und Make-up verschwand. Ihre Freundinnen waren auch alle Russinnen und gehörten schon zum Stammpersonal.
    Etwa gegen zehn Uhr betrat ich endlich den Clubraum. Neben der Bar gab es einen schwarzen Vorhang, den ich am Tag zuvor nicht bemerkt hatte. Dahinter lag die sogenannte Spielwiese: ein Kingsize-Bett, auf das man sich mit einem Gast zurückziehen konnte, um mit ihm ein bisschen zu kuscheln, falls er nicht gleich auf Zimmer wollte. Dort lagen jetzt einige Mädchen und warteten auf Kundschaft, tranken Sekt und rauchten eine Zigarette nach der anderen.
    Als die ersten Gäste reinkamen, zwei Biker um die vierzig, mit Lederjacken und langen Haaren, stürmten alle los und bildeten eine Traube um die beiden. Sofort begann eine billige Anmache – nur dass sie diesmal von den Frauen ausging. »Wie geht’s dir, Süßer?«, war noch das Harmloseste, allerdings auch Einfallsloseste. Manche Mädchen fassten die Männer sogar an, streichelten ihren Rücken oder nahmenihre Hand, in der Hoffnung, dass ihre Chancen dadurch stiegen.
    Ich schaute mir die Szene aus der Ferne an, halb belustigt, halb angeekelt, denn einen Kunden anschleimen zu müssen fand ich unter meiner Würde. So blieb ich in der Ecke sitzen, schlürfte meine Cola und paffte gelangweilt vor mich hin. Wenn ich nicht so dringend Geld gebraucht hätte, wäre ich gleich wieder nach Hause gefahren.
    Ich hatte mich schon entschlossen, nach dieser Nacht nie wiederzukommen, als das Schicksal sich zu meinen Gunsten wendete. Ein kleiner Mann in Polohemd und weißer Jeans kam herein und setzte sich neben mich. Er stellte sich als Steve vor, war Amerikaner und beruflich in Berlin.
    »Das da ist gar nicht mein Ding«, sagte er und zeigte auf die zwei Biker, die immer noch von zehn Mädchen umzingelt waren. Wir lachten beide.
    Steve war optisch nicht mein Fall, dafür war er zu schmal. Außerdem hatte er tiefe Aknenarben im Gesicht. Aber er war gebildet und schlau. Zufälligerweise war Walt Whitman unser gemeinsamer Lieblingsdichter unter den Amerikanern und wir schwärmten beide für Hemingway, so dass wir ein Gespräch über das Lesen und die Kunst begannen, während wir einem Mädchen zusahen, das sich zu »Erotica« von Madonna um eine Stange wand.
    Natürlich wollte auch er irgendwann Sex. Er zahlte für zwei Stunden und kam schon nach zehn Minuten. Anders als bei den meisten Kunden schaltete ich diesmal nicht innerlich ab, sondern ich entspannte mich, während er mich zärtlich streichelte und mich gekonnt auf alle möglichen Weisen verwöhnte. Ich hatte sogar einen Orgasmus, was mir fast schon Schuldgefühle gegenüber Ladja bereitete.
    Die restliche Zeit tranken wir Champagner und er erzählte mir von seinem Leben in New York, wo er mit seinerFrau und seinen Söhnen wohnte. Er hatte an der Universität Kunstgeschichte studiert und handelte jetzt mit Gemälden.

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