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Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Rossi
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liebsten nie wieder jobben wollte. Ich stand früh auf, besuchte die Vorlesungen und saß während der Pausen lernend in der Bibliothek. Ich hatte nun so viel Freizeit, dassich mich an der Uni auch für einen Karatekurs und zum Russisch-Sprachunterricht anmeldete – beides hatte mich schon immer interessiert. Abends war ich um achtzehn Uhr zu Hause und konnte mit meinem Mann Abendbrot essen und eine Runde Schach spielen oder Modellflugzeuge basteln, bevor wir schlafen gingen. Seitdem ich nicht mehr mit Freiern für Geld ficken musste, hatte ich auch wieder Lust auf Sex und schlief fast jede Nacht mit Ladja – der Sex mit ihm war wieder so schön wie am Anfang unserer Beziehung. Dass ich anschaffen gegangen war, hatte er mir verziehen, und wir hatten nie mehr darüber geredet.
    Dieses schöne Leben dauerte gerade mal drei Wochen, dann war mein Geldpolster aufgebraucht. In einem Moment der Verzweiflung rief ich meine Familie in Italien an und erzählte, dass Ladja und ich eine hohe Stromnachzahlung aufgebrummt bekommen hätten.
    »Ich kann wirklich nicht mehr so viel arbeiten. Ich muss lernen!«, bettelte ich fast verzweifelt. Schließlich schickte mir meine Mutter tatsächlich zweihundert Euro, obwohl sie mit ihrem Bibliothekarinnengehalt ja schon das kleine Hotel meines Vater mit am Leben hielt. Die unerwartete Hilfe bewirkte allerdings nur einen Aufschub – nach zehn Tagen war ich wieder pleite. Ladja hatte sich zwischenzeitlich zwar tatsächlich für eine Ausbildung am Flughafen beworben, jedoch eine Absage bekommen – weil er keinen Führerschein besaß, behauptete er. Ich vermutete eher, dass es auch damit zu tun hatte, dass er einfach dort aufgekreuzt war, ohne Termin und ohne Unterlagen.
    Als ich nur noch zwanzig Euro in der Tasche hatte, war es wieder mal so weit: Ich kaufte eine Zeitung und las die Anzeigen unter der Rubrik »Modelle gesucht«. Mittlerweile kannte ich die Prozedur ja …
    Ich brauchte eine Weile, um den Laden in Lichtenberg zu finden, den ich mir rausgesucht hatte, da ich in der Gegend völlig fremd war und dort alles ziemlich ähnlich aussah. Lichtenberg war ein Arbeiterbezirk im Osten. Es gab viele Plattenbauten mit zehn Etagen und mehr und ich fand keinen Supermarkt oder Kiosk, wo man hätte fragen können. Schließlich entdeckte ich einen kleinen, roten Pfeil am Eingang eines Plattenbaus: »Massagesalon Oase«.
    Ich wurde von Anja, der Chefin, empfangen. Sie trug einen Businessanzug, was für einen Puff ziemlich unüblich war. Schwarze, lange Haare fielen ihr auf die Schultern und sie war mollig, aber nicht dick. Nachdem wir uns einander vorgestellt hatten, führte sie mich in ein Büro.
    »Soso, du hast also schon gearbeitet?«, fragte sie und musterte mich, während sie sich eine Zigarette anzündete. Sie war sehr neugierig. Ich erzählte von diesem und jenem Puff, welche Preise die verschiedenen Clubs hatten und was die Frauen davon abbekamen. Von sich selber erzählte sie nicht viel, nur, dass sie und ihr Freund sechs Monate zuvor das Geschäft übernommen hatten und einige Frauen anschließend gegangen waren, weshalb sie sich quasi einen neuen Mitarbeiterinnenstab aufbauen mussten. Allerdings waren sie nicht die Besitzer, sondern verwalteten den Laden nur für einen gewissen Holger, der sich aber nie blicken ließ.
    Mitten im Gespräch rannte ein kleiner schwarzer Hund ins Zimmer und fing an zu bellen. Eine Frau folgte ihm und brüllte drauflos, während sie chaotisch mit den Armen in der Luft rumfuchtelte. »Rex, Rex! Wie oft habe ich dir gesagt, du sollst Platz machen? Platz, Platz! Anja, der Hund hat wieder auf den Teppich gepisst. Ich weiß nicht mehr, was ich mit ihm machen soll.«
    Dann bemerkte sie mich und reichte mir die Hand.
    »Hallo, ich bin Mandy. Lass dich nicht erschrecken. Esist manchmal wie in einem Irrenhaus hier, aber eigentlich sind wir wie eine große Familie. Ich hoffe, du wirst dich wohl bei uns fühlen.«
    Ich schaute sie an. Sie hatte ein schmales, blasses Gesicht und müde grüne Augen. Sie war sehr dünn und trug nur einen weißen BH mit roten Rosen und einen weißen Stringtanga mit Spitze. Ich schätzte sie auf Anfang zwanzig.
    »Mandy arbeitet schon lange hier«, erklärte Anja. »Sie quatscht viel, aber das tun die meisten unserer Frauen.«
    Dann zeigte sie mir das Aufenthaltszimmer. Mandy saß nun wieder friedlich auf einer durchgesessenen Ledercouch und kraulte den Hund. Eine andere, dunkelblonde Frau saß auf einem Barhocker vor einem

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