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Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Rossi
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In Berlin würde er eine Galerie eröffnen und daher für drei Wochen in der Stadt bleiben.
    »Ist das nicht verrückt, dass wir immer noch hier sitzen und reden?«, fragte er gegen drei Uhr morgens. So komisch ist das gar nicht, dachte ich. Wir wissen, dass wir uns nach diesen drei Wochen nie wiedersehen werden. Vor diesem Hintergrund kann man sich sehr entspannt unterhalten.
    Für einen Augenblick sehnte ich mich nach einem anderen Leben, in dem ich an der Seite eines solchen Mannes zu Matineen ins Theater gehen, Galerien besuchen und ab und zu am Wochenende nach Paris oder nach Madrid fliegen würde. Ein Leben, in dem man nicht ständig zitterte, wenn die nächste Mahnung im Briefkasten lag. Doch dann dachte ich an Ladja, der arglos zu Hause im Bett lag und schlief, und fühlte mich schuldig. Er liebte mich, ich aber verließ ihn in Gedanken wegen jemandem, der einfach nur mehr Geld hatte als er.
    In den drei Wochen, die Steve in Berlin verbrachte, ging es mir finanziell erstaunlich gut. Ich ging höchstens dreimal die Woche in den Club, doch dank ihm verdiente ich eine Menge Geld. Er bestellte jedes Mal eine Flasche vom teuersten Champagner und ging mit mir für drei oder vier Stunden auf Zimmer, was sonst höchst selten vorkam. Im Bett fand er genau die richtige Mischung zwischen Schmusen und hartem Sex, und obwohl ich nicht in ihn verliebt war, freute ich mich jedes Mal auf unsere gemeinsame Zeit, auch wegen der vielen Anekdoten, die er mir nach und nach über seine Reisen erzählte.
    Die anderen Frauen ließen sich nichts anmerken, aber ich war mir sicher, dass sie neidisch auf meinen guten Fang waren. Ein Stammgast ist das Beste, was einer Nutte passierenkann: viel quatschen, wenig Sex, und die Kohle ist garantiert. Ich brauchte außer Steve keine anderen Kunden und hatte auch kaum Gelegenheit, welche kennenzulernen, da er jedes Mal, wenn er kam, die ganze Zeit über bei mir blieb, bis der Laden zumachte.
    Da ich nicht jede Nacht in den Club musste, konnte ich ganz entspannt meine Vorlesungen besuchen und für die Prüfungen lernen. Alles schien picobello. Ich konnte für eine Weile aufatmen und mich daran erinnern, wie es sich anfühlte, keine materiellen Sorgen zu haben und damit dem Lebensglück ein bisschen näher zu sein.
    Dann aber passierte etwas, das die Situation veränderte: Ladja verlor seinen Job. Er kam eines Tages traurig von der Arbeit zurück und erzählte, dass der Partner des Gutsbesitzers ihn nicht leiden könne und sie ihn deshalb gefeuert hätten. In den folgenden Tagen versank er wieder in seinen apathischen Zustand. Er stand erst um Mittag auf und zog dann mit Rudy und Tomas um die Häuser. Ich konnte nicht viel mehr für ihn tun, als ihm jeden Tag die Zeitung zu kaufen in der Hoffnung, dass er die Stellenanzeigen lesen würde, doch wenn ich abends nach Hause kam, lag sie jedes Mal unberührt auf dem Tisch.
    Und es gab noch etwas, das mir Sorgen bereitete: Steves Abreise näherte sich. An seinem letzten Abend in Berlin besuchte ich ihn in seinem Hotel am Ku’damm. Wir speisten in einem Steakhouse, saßen anschließend im Biergarten und schlenderten mit Caipirinhas in der Hand die Straße entlang. Er wollte unbedingt irgendetwas unternehmen, das »typisch Berlin« war, doch mir fiel nichts ein. »Diskos und Bars habt ihr auch in New York«, meinte ich. Doch dann zog ich, ohne ein Wort zu sagen, meine roten Sandalen aus. Besoffen, wie er mittlerweile war, machte er es mir nach und spazierte neben mir, seine italienischen Lederschuhe in der Hand.
    »Ich weiß nicht, ob das typisch Berlin ist«, sagte ich. »Ich habe das am ersten Tag hier einfach getan, weil ich mich so frei gefühlt habe.«
    Steve schaute mich an und legte seinen Arm um meine Schultern. »Du bist ein guter Mensch«, sagte er nachdenklich. »Ich hoffe, dass alles, was du dir wünschst, in Erfüllung geht.«
    Darüber, dass es unser letzter Abend war, sprachen wir nicht. Ich wollte ihm nicht das Gefühl geben, unprofessionell zu sein. Für ihn war ich nur ein Mädchen, das er bezahlte, um Spaß zu haben, auch wenn er mich das nie merken ließ. Umgekehrt war er für mich nicht mehr als ein Kunde, trotz der interessanten Gespräche.
    Am Ende ließ mir Steve dreihundert Euro und seine E-Mail-Adresse da, obwohl er wahrscheinlich wusste, dass ich ihm niemals schreiben würde. Ich verabschiedete mich um vier Uhr morgens von ihm mit einem leichten Kuss auf die Wange.

6
LICHTENBERG –
EINE FRAUENCLIQUE
    »Wieso versuchst du es

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