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Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Rossi
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nicht als Tutorin in der Uni? Die suchen dort immer Leute und du hast gute Noten«, schlug meine Freundin Jule vor.
    »Ich bin erst im zweiten Semester. Man muss mindestens das Vordiplom haben«, erwiderte ich.
    Der Winter war zu Ende. Wir hatten seit dem Nachmittag auf Jules Balkon gesessen, Sangria getrunken und gequatscht, und in einem schwachen Moment hatte ich ihr von meiner Nebentätigkeit als Nutte erzählt. Am Anfang unserer Freundschaft hatte ich behauptet, in einer Web-Agentur zu arbeiten, doch nach einem halben Jahr wurde das Lügen zunehmend beschwerlich. Immer wieder fragte sie mich nach Details meines Jobs und jedes Mal musste ich mir was Neues einfallen lassen, so wie im Gespräch mit anderen Kommilitonen auch. Manchmal vergaß ich, wem ich bereits was erzählt hatte, und verplapperte mich.
    »Du arbeitest im Büro? Ich dachte, du kellnerst«, fragte mich mal ein Junge aus dem Algebrakurs, als wir nach der Übung in der Cafeteria zusammensaßen.
    »Ich habe im Restaurant gekündigt – war mir zu stressig«, murmelte ich und wechselte rasch das Thema. Oft genug fragte ich mich, wie lange das noch gutgehen würde.
    Auf mein Geständnis hin hatte Jule erst ziemlich schockiertreagiert und eine Zeitlang geschwiegen. Doch dann versuchte sie, so cool wie möglich zu wirken und meine Gründe zu verstehen.
    »Und du kommst wirklich klar damit?«, fragte sie mit besorgtem Blick.
    Ich sagte das, was alle Nutten auf diese Frage antworten, und meinte es auch so: »Ja, es ist schon okay. Doch lange will ich es nicht mehr machen. Für eine Weile ist es nicht schlecht, aber irgendwann kotzen dich die Kerle echt an.«
    Jule kaute nervös auf einem Eiswürfel.
    »Dein Ladja muss zu Potte kommen, so gerne ich ihn mag«, sagte sie. »Du bist seine Frau. Er kann so etwas doch gar nicht zulassen.«
    »Er weiß ja auch nichts davon – zumindest weiß er nicht, dass ich immer noch anschaffen gehe. Er denkt, dass ich jetzt im Club hinter dem Tresen stehe«, sagte ich.
    »Er muss Arbeitslosengeld beantragen! Er hat ja jetzt Papiere!«, sagte sie. »Es geht doch nicht, dass du studierst und gleichzeitig euch beide ernährst.«
    »Er wird schon was machen, ganz bestimmt. Gestern erst hat er rumtelefoniert wegen einer Ausbildung als Sicherheitskraft am Flughafen …«, schwindelte ich und glaubte es in dem Moment selbst. Ich war Jule dankbar, dass sie mich nicht wegen meiner Nebentätigkeit verurteilte, obwohl für sie selbst, wie sie mir klarmachte, eine solche Tätigkeit vollkommen unvorstellbar war. Ich hatte das Gefühl, dass unsere Freundschaft durch meine Ehrlichkeit und ihre Offenheit noch gestärkt wurde.
    Nach Steves Abreise hatte ich es im Club schwer. Um gut zu verdienen, musste ich mindestens bis vier Uhr morgens dort sitzen, die ersten Gäste kamen immer erst gegen eins. Oft hatte ich in einer Schicht nur zwei oder drei Zimmer,denn viele Männer kamen vorbei, um einfach nur zu saufen und sich dabei Frauen anzugucken, und es gehörte zum guten Ton, dass man ihnen Gesellschaft leistete und mittrank.
    Von dem Geld, das ich im »L’amour« verdiente, konnten Ladja und ich zwar ganz gut leben, aber mein Körper rebellierte gegen diesen kräftezehrenden Lebensstil. Durch den Alkohol, die vielen Zigaretten und die schlaflosen Nächte war ich irgendwann so fertig, dass ich tagsüber nichts mehr auf die Reihe bekam. Selbst an meinen freien Tagen war ich oft so müde, dass ich die Vorlesungen schwänzte und bis mittags schlief. Lust zu lernen hatte ich auch nicht mehr. Ich bekam tiefe Augenringe und Pickel, mein Gesicht sah aus wie das einer Drogenabhängigen.
    Meine Kolleginnen waren auch nicht die beste Gesellschaft. Einmal musste ich zusehen, wie zwei betrunkene Frauen sich um einen Gast prügelten. Als er versuchte, dazwischenzugehen, bekam er selbst eine auf die Fresse.
    Als ich mich während einer besonders langen Clubnacht mehrmals übergeben musste, beschloss ich kurzerhand, dem »L’amour« Lebewohl zu sagen. Am Ende der Schicht, gleich nach der Abrechnung, nahm ich meine Klamotten aus dem Schließfach, verließ den Club und meldete mich nicht mehr. So ein Verhalten war im Rotlichtmilieu nicht unüblich, da man, im Gegensatz zu einem normalen Job, keinen Arbeitsvertrag hatte.
    Die Miete für den Monat war schon bezahlt und ich beschloss, einfach für eine Weile nicht mehr zu arbeiten und stattdessen die verlorene Zeit an der Uni nachzuholen. Ich genoss mein Leben als Studentin inzwischen so sehr, dass ich am

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