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Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Rossi
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Videospiel und tippte konzentriert auf die Tasten, ohne uns wahrzunehmen. Sie war älter als Mandy, vielleicht Mitte dreißig, aber trotzdem schlank und attraktiv. Auch sie trug nur Unterwäsche, dazu weiße Kniestiefel.
    Mitten im Raum stand ein Glastisch, der vollständig mit Tellern, Gläsern und Zeitschriften bedeckt war.
    »Mädels, so geht das nicht«, sagte Anja und schüttelte den Kopf. »Wenn ein Gast hier sitzen möchte, kriegt er einen Schock.«
    Die spielende Frau stand langsam auf, zog eine unglückliche Miene, griff nach zwei Tellern und verschwand hinter einer Tür.
    »Da ist die Küche«, seufzte Mandy. »Der Herd ist kaputt, es gibt kaum Platz fürs Geschirr und die Schränke fallen auseinander. Und wir müssen unbedingt was wegen der Dusche unternehmen, Anja. Die Schiebetür geht nicht mehr richtig zu und …«
    »Ja, ja«, murmelte Anja. »Wenn ihr genug Geld reinbringt, können wir uns sogar eine Dusche mit goldener Armatur kaufen.«
    Ich setzte mich zu Mandy. Innerhalb von fünf Minuten wusste ich alles über sie. Sie hatte Friseurin gelernt und war mit einem Typen zusammen, der seit zwei Jahren arbeitslos war und sie furchtbar kontrollierte. Eigentlich liebte sie ihn nicht und wusste auch nicht genau, wieso sie überhaupt noch mit ihm zusammenwohnte.
    »Der hat mich heute wieder zwanzig Mal angerufen«, stöhnte sie und rollte die Augen. »Ich krieg ’ne Krise.«
    Die Frau in den Kniestiefeln stellte sich als Jana vor.
    »Unsere Handwerkerin«, ergänzte Anja lächelnd.
    »Ach Quatsch«, erklärte Jana. »Ich habe halt jahrelang als Automechanikerin gearbeitet. War aber vor der Wende. Und jetzt sitze ich hier und bin eine Masseurin.« Das letzte Wort zog sie ironisch in die Länge.
    »Ich nehme an, ich brauche dir nicht zu erklären, wie der Job funktioniert«, sagte Anja.
    Ich schüttelte den Kopf.
    Jana, die Automechanikerin, zeigte mir die Zimmer. Fünf Stück, alle klein und mit niedrigen Decken. In jedem Raum gab es ein Waschbecken und eine Liege, die mit rotem Samt bedeckt war. Darunter lagen Ölflaschen, ein weißes Laken und eine Küchenrolle; in drei der Zimmer gab es zusätzlich einen Futon. Die Wände waren rot und mit goldenen ägyptischen Mustern verziert, die Fenster mit schwarzer Klebefolie verdunkelt.
    Zwei Tage später, an einem Samstag, hatte ich meine erste Schicht. Ich hatte mich dafür entschieden, meinen Künstlernamen zu ändern, und nannte mich fortan »Stella«. Mit mir sollte eine gewisse Vera arbeiten. Normalerweise waren – von Anja abgesehen, die aber nicht auf Zimmer ging – mehr als zwei Frauen pro Schicht anwesend, doch am Wochenende wollten natürlich alle am liebsten freimachen.
    Vera war blond und schlank, kam aus Estland und waraußer mir die einzige Ausländerin in der »Oase«. Zur Begrüßung stellte sie mir zwei Flaschen Ananasbowle auf den Tisch. »Am Samstag ist meistens nicht viel los«, erklärte sie in gebrochenem Deutsch.
    Gemeinsam mit Anja fingen wir an zu trinken und Karten zu spielen. Die Frauen brachten mir Skip Bo bei, eine Art Bridge mit Zahlen. Das Spiel wurde im Laufe der Zeit zu einer Besessenheit beim Personal der »Oase«. Kaum waren wir im Laden, packten wir die Karten aus.
    Anja und Vera liebten beide poppige Musik und prollige Diskos, in denen sich halbnackte Mädels um eine Stange räkelten. Wir tanzten gerade etwas beschwipst zu »You’re my heart, you’re my soul«, als es klingelte. Der Gast wählte mich. Er war jung, Anfang dreißig und, wie er mir gleich zu Beginn erzählte, seit einigen Wochen Single. Er machte einen höflichen und sauberen Eindruck.
    Ich ging mit ihm auf Zimmer. Dies war meine erste Massage nach längerer Zeit, aber sie fiel mir überhaupt nicht schwer. Ich kam mir vor wie eine alte Schauspielerin, die nach einer langen Pause wieder in eine bekannte Rolle schlüpft.
    Ich massierte seinen Rücken und plauderte nett mit ihm: Was machst du so? Wohnst du hier in der Nähe? Wo warst du das letzte Mal im Urlaub? Treibst du Sport und so weiter. Die meisten Gäste waren sehr gesprächig, auch was ihre Sexualität anging, wahrscheinlich, weil ich für sie eine fremde Frau war, die sie sowieso nie wiedersehen würden und mit der sie daher offen reden konnten. Manchmal erzählten sie mir von ihren Wichsfantasien oder dass sie seit einem halben Jahr keinen Sex mit ihrer Partnerin mehr hatten. Die Tatsache, dass sie splitternackt vor mir lagen, erleichterte die Konversation: Man konnte sich einige Formalitäten

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