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Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Rossi
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sparen und gleich darüber reden, was einen interessierte.Doch der Hauptgrund, warum die Männer so viel laberten, war, dass viele sonst niemanden hatten, der ihnen zuhörte. Ich fand es immer wieder verblüffend, wie einsam die meisten Männer leben, selbst wenn sie eine Familie haben und Freunde, mit denen sie sich am Wochenende zum Grillen treffen.
    Der Typ streichelte ein bisschen meinen Busen und ich fing an, ihm einen runterzuholen. Mehr wollte er nicht, er war offenbar sehr schüchtern. Ich hatte meine rechte Hand eingeölt, damit er schnell kommen würde – was auch geschah. Als er fertig war, reichte ich ihm die Papierrolle, damit er sich abwischen konnte, wartete, bis er angezogen war, begleitete ihn zu Tür, gab ihm zum Abschied einen Kuss auf die Wange und kehrte zurück in den Aufenthaltsraum, wo Anja und Vera eine kleine Privatparty schmissen.
    »Wenn du je in den Knast gehst«, nuschelte Vera, die mittlerweile ziemlich angetrunken war, »dann fahr nach Holland. Die haben die besten Gefängnisse dort.«
    »Ich will nicht unbedingt in den Bau«, erwiderte ich lachend. »Aber woher weißt du das so genau?«
    »Na ja, ein paar Mal haben sie mich ohne Papiere erwischt. Mal in Spanien, mal in Frankreich und eben auch in Holland.«
    Ich konnte es nicht glauben, dass dieses zierliche junge Mädchen schon so viel erlebt hatte.
    »Früh angefangen«, erklärte sie und zuckte mit den Schultern. »Als ich fünfzehn war, habe ich mich in meinem Dorf mit ein paar Russen angefreundet – Igor und seine Freunde. Ich war ein naives Mädchen vom Land und die Typen waren nicht halb so nett, wie sie aussahen. Sie haben mich mit falschen Papieren nach Westeuropa mitgenommen. Ich habe drei Jahre lang gefickt, gefickt, gefickt und Igor hat kassiert, kassiert, kassiert. Er hat mit meinerMuschi Geld verdient Die Zeit im Knast war da noch das wenigste.«
    Ich hatte noch nie von einer Frau gehört, die Erfahrungen mit Zuhältern gemacht hatte. Ich dachte, so etwas gäbe es gar nicht mehr, und wunderte mich über meine eigene Naivität. Gleichzeitig war ich dankbar, dass mir so ein Schicksal erspart geblieben war.
    Vera hatte allerdings Glück im Unglück gehabt. Igor kam irgendwann bei einer Bandenschießerei ums Leben und seitdem genoss sie ihre neue Freiheit. Sie wohnte jetzt mit einem Araber zusammen, der ein Solarium besaß, und schickte ihr Geld fleißig nach Estland, wo immer noch ihre Eltern und ihre vierjährige Tochter lebten. Sie kam mir richtig stark vor.
    »Ich hätte das alles nicht gepackt«, sagte Anja. Sie wirkte nachdenklich. »Ich glaube, ich hätte mich eher umgebracht. Ich hätte nie den Mut, in ein fremdes Land auszuwandern. Ich bin nie weiter weg gewesen als bis Polen und einmal in Paris, und das jeweils auch nur zusammen mit meinem Freund.«
    Im Laufe des Nachmittags kamen noch ein paar weitere Männer. Auf diese Weise lernte ich Panda kennen, einen treuen Stammgast, Mitte vierzig, pummelig und klein. Er wurde so genannt, weil er bei jedem Wetter ein graues Sweatshirt mit Kapuze trug. Auf der Vorderseite war ein Pandabär zu sehen und hinten stand in roter Schrift: »Rettet den Wald.« Ein anderes Kleidungsstück schien er nicht zu besitzen, und so bekam er seinen Spitznamen. Alle vermuteten, dass Panda einfach nur ein armes Schwein war und niemanden zu Hause hatte. Er hatte lange graue Haare, sein Mantel roch muffig und seine Regenstiefel waren zerrissen und zerkratzt.
    Panda sagte nie etwas. Während der Massage war erstarr und still, alles, was man von ihm hörte, war ein leises Stöhnen, wenn er kam. Danach saß er immer stundenlang mit den Mädels im Wohnzimmer, schlürfte Kaffee und hörte sich unsere Plaudereien an oder spielte mit uns Karten. Wenn man ihn was über sein privates Leben fragte, lächelte er, antwortete aber nicht und wechselte stattdessen das Thema.
    Anja tolerierte ihn, weil er fast immer etwas mitbrachte, Kuchen, Pizza oder frisches Obst, und nie nein sagte, wenn man ihn um eine Kippe anschnorrte, obwohl er wahrscheinlich selber von Sozialhilfe lebte. Den größten Teil seines Einkommens gab er offensichtlich in der »Oase« aus.
    »Als was arbeitest du eigentlich gerade?«, fragte mich Ladja eines Abends beim gemeinsamen Kartoffelschälen.
    »Als Masseurin«, sagte ich und versuchte, dem Wort einen seriösen Klang zu geben. Ich hatte meinem Mann geschworen, nie wieder für Geld zu ficken, und mich einige Wochen auch daran gehalten. Irgendwann schlich sich dann aber wieder der

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