Fucking Berlin
Anjas Gelaber, hier kommt keine Durchsuchung.«
Kurz danach klingelte es an der Tür. Zwei normal gekleidete Männer setzten sich im Aufenthaltsraum auf die Couch, machten ein bisschen Small Talk, erkundigten sich nach den Preisen, und das alles mit eindeutig berlinerischer Sprachfärbung. Vera und Dascha schienen sich in der Zwischenzeit in Luft aufgelöst zu haben.
»Jut, Mädels«, sagte der Größere nach einer Weile in falsch-freundlichem Ton. »Ich bedanke mich erstmal, mal sehen, vielleicht kommen wir später vorbei. Was sagst du?«, fragte er und schaute seinen Kumpel an, der nur kurz nickte.
»Komische Vögel«, kommentierte Jana, als die beiden weg waren.
»Das waren aber garantiert keine Bullen«, sagte ich. »Dafür waren sie zu ungepflegt. Außerdem hätten sie uns sonst zumindest nach den Ausweisen gefragt.«
»Warte mal ab, die kommen zurück mit Verstärkung«, murmelte Mandy, die zu Katastrophenszenarien neigte.
»Erzähl keinen Dreck«, schnitt ihr Jana das Wort ab. »Denkste, die Bullen in Berlin haben nichts Besseres zu tun? Wir machen hier schließlich nichts Verbotenes.«
Nach einer halben Stunde kamen auch Vera und Dascha wieder. Sie waren vor lauter Angst aufs Dach geflüchtet.
Nach dem Vorfall war Dascha ziemlich am Ende. Sie sah überall Polizei und träumte nachts davon, abgeschoben zu werden und in ihr armes Dorf am Ende der Welt zurückkehren zu müssen. Sie fing an, übel zu saufen. In der »Oase« waren wir alle ziemlich trinkfest, doch Dascha wurde in kürzester Zeit zu einem Fall für die Entgiftungsklinik. Sie kam um sechzehn Uhr schon halb zugedröhnt in die »Oase«, kippte während der Arbeit mindestens zwei Flaschen Sekt und plünderte den Gemeinschaftskühlschrank. Nach der Arbeit ging sie dann besoffen tanzen. Bei einer dieser Gelegenheiten lernte sie einen Brasilianer kennen, bei dem sie nach kurzer Zeit einzog. Der Mann war angeblich reich oder einsam genug, für Dascha zu zahlen und auch noch ihre Familie in Estland zu unterstützen. Sie kam nicht mehr in die »Oase« und brach auch jeden Kontakt zu Vera ab.
»So viel zum Thema Freundschaft«, meinte Vera nur.
»Was machst du nach der Vorlesung?«, fragte Jule an einem glühend heißen Sommertag, während wir in der Mensa aßen.«Ich und Nicole wollen nachher baden gehen. Kommst du mit?«
»Ich muss arbeiten«, seufzte ich. Was »arbeiten« für mich bedeutete, wusste Jule schon längst, wir sprachen aber nie darüber, wenn andere Kommilitonen anwesend waren. Obwohl ich mich in der »Oase« wohl fühlte, war die Vorstellung, an einem solchen Tag statt am Strand in einem Puff zu sitzen und Freier zu bedienen, nicht gerade prickelnd.
Manche Gäste waren nur schwer zu ertragen. Ich hatte gleich mehrere Problemfälle. Ein Freier etwa zeigte mir immer seinen Behindertenausweis und wollte dafür einen Rabatt haben. Er war mit der Roten Armee in Afghanistan verwundet worden und humpelte mit einem Bein. Er wollte außerdem, dass ich ihm ohne Gummi einen blies – was ich natürlich nicht tat –, und wenn er kam, brüllte er wie ein Verrückter.
Ein anderer hielt sich für besonders witzig und nannte sich Donald Duck, war aber ohne Zweifel mein schlimmster Kunde. Er versuchte alles, was nicht ging: Küssen, seine schmutzigen Finger in meine Muschi stecken, den Schwanz ohne Gummi an der Muschi reiben. Dazu laberte er ununterbrochen und fragte ständig, ob wir uns nicht mal privat treffen wollten.
»Ich habe einen Freund«, antwortete ich jedes Mal genervt und fragte einmal zurück: »Außerdem, was sollten wir denn zusammen machen?«
»Na ja, einen Kaffee kann man immer trinken, vielleicht ein Stück Kuchen dazu …«, sagte er unterwürfig.
»Du glaubst doch wohl nicht, dass ich dich für ein Stück Kuchen umsonst ficke. So arm bin ich auch wieder nicht.«
Ich dachte, ich hätte ihn damit für immer verprellt, aberdas Gegenteil war der Fall. Er kam ständig wieder. Seitdem machte es mir zunehmend Spaß, eklig zu ihm zu sein. »Donald Duck, wann hast du das letzte Mal deine Haare gewaschen?«, fragte ich oder: »Donald Duck, es dauert immer länger, bis du einen hochkriegst. Nicht dass du noch impotent wirst …«
Er zuckte dann kurz zusammen und tat so, als habe er nichts gehört.
Vera fasste es einmal so zusammen: Zwanzig Prozent der Gäste waren nett, vierzig Prozent ekelhaft und der Rest richtige Arschlöcher. Mit der Zeit baute man eine Aggressivität auf, die sich bei der ersten Gelegenheit gegen jeden
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