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Führe mich nicht in Versuchung

Führe mich nicht in Versuchung

Titel: Führe mich nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Byron
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die auch nach dem Abschluss der Saison noch eintrafen.
    Er verbrachte zwei gesegnet ruhige Wochen in seinem Londoner Haus. Er erhöhte sein Vermögen, indem er seine Handelsflotte erweiterte und in den prognostizierten Fortschritt Englands investierte. Er hatte nicht einmal nach seinem Sekretär geschickt, sondern alle anfallenden Arbeiten selbst erledigt, da er es vorzog, beschäftigt zu sein.
    Heute allerdings wünschte er sich, er sei weniger besessen gewesen, denn wenn sein Sekretär hier wäre, hätte er ihn anweisen können, die Nachricht von Jillian zu öffnen und wegzuwerfen. Aber Max war allein gewesen, als der Brief zwischen den Rechnungen des Schneiders, des Metzgers und des Bäckers eingetroffen war, und so hatte, er ihn geöffnet, gelesen und beiseitegeschoben, ohne etwas dabei zu empfinden. Und das würde er auch niemals, sagte er sich. Aber im Laufe des Tages hatte sich seine Aufmerksamkeit mit beunruhigender Regelmäßigkeit wieder dem Schreiben zugewandt, das er ganz in die Ecke seines Schreibtisches geschoben hatte.
    Jillian hatte nicht empfangen.
    Er weigerte sich, das Gefühl, das ihn beherrschte, als Erleichterung zu erkennen und zog es vor, es mit Enttäuschung zu beschreiben.
    Er war gezwungen, Jillian wiederzusehen, sie zu berühren - und wieder zu vergessen.
    Anfangs war es so leicht gewesen, sie aus seinen Gedanken zu streichen, sich selbst davon zu überzeugen, dass sie keine besondere Rolle mehr in seinem Leben spielte. Aber durch diesen Brief war es geradeso, als sei sie mitten ins Zimmer gestürmt und weigere sich, es ohne Kampf wieder zu verlassen.
    Von diesem Augenblick an konnte er sich auf nichts anderes mehr richtig konzentrieren.
    In den nächsten Wochen las er ein Buch nach dem anderen, ohne wirklich wahrzunehmen, was er eigentlich las. Er arbeitete immer härter, las immer schneller. Auch die Worte, die seine ach - so -pflichtbewusste-Gattin ihm in ihren Nachrichten alle drei Tage schrieb. Jeder Brief trug den Geruch, den sie in der Nacht getragen hatte, als sie beide den Himmel berührt hatten.
    Sein ganzes verdammtes Arbeitszimmer roch nach Maiglöckchen.
    Er begann, sich auf die Stunden des Tages zu freuen, wenn die Hausangestellten die Luft mit dem Duft nach Seife und Politur und Essen erfüllten, und ihn die Geräusche ihrer Aktivitäten von seinen Gedanken an Jillian ablenkten.
    Er hatte gelernt, den Moment zu hassen, wenn er sich allein oben in seinem Zimmer wiederfand und mitanhören musste, wie sich die Hintertür öffnete und schloss. Wenn die Bediensteten, die außer Haus wohnten, sich auf den Heimweg zu ihren Familien und ihren Freunden machten, während die gedämpften Gespräche des im Haus wohnenden Personals nach oben drangen. Sie machten es sich dann in ihrer eigenen, vertrauten, kleinen Welt behaglich.
    Draußen war es feucht und neblig, und Max gab die Idee, zu einer Partie Whist in seinen Club zu fahren, schnell auf. Es war noch früh, und das einzige, was ihm noch zu lesen übrig blieb, waren die griechischen Philosophen und Shakespeare. Er kehrte ihnen jedoch allesamt den Rücken zu, denn er wollte nichts von den Gesängen des Barden über die Liebe - so fehlgeleitet sie auch sein mochte - vernehmen.
    Statt dessen machte er es sich in einem Sessel am Feuer bequem und starrte auf die Nachricht, die er am Morgen von Jillian erhalten hatte.

    Max,
    Da ich bisher noch keine Antwort von Dir erhalten habe, kann ich nur annehmen, dass Dich meine bisherigen Nachrichten nicht erreicht haben. Ich bin nicht schwanger.
    Sollen wir es noch einmal versuchen?
    In Liebe, Deine pflichtbewusste Gattin, Jillian.
     
    Besaß sie denn überhaupt keinen Stolz? fragte er sich, während er das Papier zusammenknüllte und ins Feuer warf. Es war ihm unverständlich, dass Jillian nach wie vor versuchte, ihn mit ihrem Körper zurückzulocken.
    Eine Kutsche rumpelte draußen vorbei, und das Geklapper der Hufe auf dem Kopfsteinpflaster klang wie Kanonenschüsse. Und dann war nichts mehr zu hören außer dem sterbenden Echo, das in den nebelverhangenen Straßen zurückblieb, während die Stadt noch einmal aufzuseufzen schien und ihre vielen Augen zum Schlaf schloss.
    Plötzlich drohte ihn seine Einsamkeit zu ersticken.
    Er sprang aus dem Sessel und zog einen dicken Band mit Theaterstücken aus dem Regal. Vielleicht war Shakespeare doch das, was er jetzt nötig hatte. Eine gute Dosis Othello oder Hamlet sollte ihn an die verheerenden Folgen weiblichen Verrats erinnern.
    Er rieb sich mit

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