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Fünf alte Damen

Fünf alte Damen

Titel: Fünf alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Fräulein Mechthild. Und nun hören Sie
gut zu. Die Schilder draußen an den Türen waren teuer. Ich kann nicht schon
wieder neue kaufen, auf denen die Sprechstunde später angesetzt ist, weil mein
Fräulein Helferin nicht zur rechten Zeit erscheint. Sie können ruhig sagen,
wenn Ihnen was nicht paßt. Sie werden es auch tun, davon bin ich überzeugt.
Aber wenn Sie nicht pünktlich sind, ist es mit unserer Zusammenarbeit zu Ende.
Schnell und lautlos.»
    Sie starrte mich an wie vorher den
Totenkopf.
    «Ja— heißt das— »
    «Das heißt, daß Sie am Montag anfangen
sollen.»
    Sie konnte nicht reden.
    «Sind Sie auch mal sprachlos? Hätte
nicht geglaubt, daß das möglich ist.»
    Der Lausbube kam urplötzlich zurück in
ihr Gesicht.
    «Es soll nicht wieder vorkommen, Herr
Doktor.»
    «Ich glaube es. Können Sie am Sonnabend
kommen, gegen elf?»
    «Klar.»
    «Gut. Da ist Fräulein Höflich den
letzten Tag da. Sie kann Ihnen alles zeigen— den Rest übernehme ich.»
    Ich wußte, daß ihre Augen jetzt
glimmten, und sah gar nicht hin.
    «Das wär’s dann. Und nun entweichen
Sie. Für heute habe ich genug.»
    Sie strahlte wie vorhin, als ich die
Tür geöffnet hatte, aber ihre Stimme war leise.
    «Vielen, vielen Dank. Meine Tante wird
sich so freuen. Ich komme am Sonnabend. Ich bin bestimmt pünktlich.»
    Sie drückte meine Hand noch kräftiger
als vorhin. Mußte kein leichtes Erlebnis sein, Von ihr eine Ohrfeige zu
kriegen.
    «Schön. Wiedersehen.»
    Sie war schon in der Tür und fuhr so
plötzlich herum, daß ich die Augen gerade noch von ihren Beinen weg und in die
Höhe brachte.
    «Ach— eine Frage noch, wie ist ‘n die
Gage?»
    «Was?»
    «Die— ich meine, wieviel kriege ich?»
    Ich stemmte mein Haupt auf den
aufgestützten Unterarm und schüttelte es leise.
    «Sie kriegen den Tarif. Nach Alter und
Dienstalter.»
    Ihre Unterlippe kam etwas heraus.
    «Oh! Tarif! Wenn ich das höre, wird mir
immer ganz arm zumute.»
    «Aufbesserungen richten sich nach dem
Betragen», sagte ich lächelnd. «Oder wollen Sie es doch lieber beim Film
versuchen?» Sie sah unbändig fröhlich aus. Jetzt kam noch etwas, das war
sicher.
    «Na, auf jeden Fall weiß ich jetzt,
warum Sie mich genommen haben!»
    «Aus Geiz», sagte ich. «Raus!»
    Sie wirbelte über die Schwelle. Die
Korridortür knallte zu, als hätte der Sturm sie geschlossen.
    Ich blieb eine Weile sitzen, den Kopf
auf der Hand. Ich hatte mir den freien Nachmittag um die Ohren gehauen. Aber
ich hatte es hinter mir. Und eigentlich— Ich raffte mich noch auf und zog die
Schreibmaschine heraus und schrieb an die beiden ersten Damen, daß ich sehr
bedauere, aber mich anders entschieden hätte. Anbei die Zeugnisse zu meiner
Entlastung zurück und mit vorzüglicher Hochachtung Doktor Klein.
     
     
    Am Sonnabend stand ich zur gewohnten
Zeit auf, gähnte herzzerreißend und wischte die üblichen Tränen aus den Augen.
Die Morgenzeitung lag schon auf dem Fußboden im Flur. Ich las in der
Schlagzeile, daß noch keine Fortschritte erzielt wären, wie immer, drehte dann
das Blatt um und sah nach dem Horoskop.
    ‹Der Tag beginnt vielversprechend für
Sie›, stand unter meinem Datum. Ich ließ die Zeitung fallen und ging ins Bad.
Als ich mein zerknittertes Antlitz im Spiegel betrachtete, setzte die Klingel
ein wie die Posaune zum Jüngsten Gericht. Ich fuhr zusammen.
    Störungen am Morgen schätze ich gar
nicht. Man muß gefrühstückt haben und warmgelaufen sein, um etwas tun zu
können. Andererseits war ich friedfertiger Stimmung, weil das Wochenende
bevorstand.
    Ich angelte meinen Morgenrock vom
Haken, zog den Gürtel fest um den Bauch, fuhr mit dem Kamm durch meine wenigen
Haare und ging zur Tür.
    Draußen stand, mit strahlender Miene
und niedlichen Flaumfedern, das Mädchen Mechthild. Sie war frisch wie der ganze
Mai auf einmal und blickte mit sichtlichem Vergnügen auf meine vertrante
Gestalt.
    «Guten Morgen!» rief sie. «Sehen Sie
aber müde aus!»
    Ich starrte sie an wie ein Gespenst
außerhalb der Geisterstunde.
    «Was ist denn in Sie gefahren, Sie
Unglückliche?»
    Sie legte ihr Köpfchen auf die Seite.
    «Ich dachte, ich mache doch lieber die
ganze Sprechstunde mit— und da wollte ich recht pünktlich sein, damit Sie nicht
sagen— »
    Ich versuchte, ein drohendes Gesicht zu
machen.
    «Mechthild— wollen Sie mich zu meinem
ganzen Ärger obendrein noch verhöhnen?»
    «Aber nein!» Ihr Gesichtsausdruck
konnte wechseln wie der von Chaplin. «Ich weiß doch nicht genau,

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