Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe
die Perlenkette um den Hals. Zum Schluss tupfte sie sich Parfüm auf die Handgelenke und schminkte sich die Lippen. Es fühlte sich wunderbar an, ein hübsches Kleid zu tragen. Ihr Spiegelbild versicherte ihr, dass sie so aussah wie früher, zumindest in dem trüben Licht in ihrem Schlafzimmer. Sie drehte sich ein wenig und der Rock wirbelte ihr um die Knöchel.
An der Haustür klopfte es.
Oliver!
Ihr war ein wenig schwindelig, als sie die Treppe hinunterrannte. Sie riss die Tür auf und hielt sich vorsichtshalber daran fest. Aber dort stand nicht Oliver, sondern Hugo. Er trug einen Abendanzug und einen weißen Seidenschal. In der einen Hand hielt er einen Rosenstrauß, in der anderen eine Flasche Champagner. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Frances! Du siehst wundervoll aus! Irgendwie vergisst man ja, dass die landwirtschaftlichen Helferinnen, nun ja, dass sie Frauen sind.«
Verlegen nahm Frances den Blumenstrauß entgegen, bewunderte seine Größe und steckte die Nase in die duftenden Blüten. »Oh, Hugo, Rosen! Meine Lieblingsblumen! Wo um alles in der Welt hast du die im November her?« Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange, der nicht so herzhaft ausgefallen wäre, wenn sie zuvor nicht so viel Genever getrunken hätte. Dann führte sie ihn in den Morgensalon, erklärte ihm fröhlich plappernd, dass sie und Elsie erst vorgehabt hätten, den großen Salon zu nutzen, und sich dann überlegt hatten, dass dort alle schrecklich frieren würden. Der Morgensalon ließ sich auch mit einem sparsamen Feuer im Kamin leicht aufheizen. »Wo Alice doch auch kommt, trauen wir uns nicht, ein so großes Feuer zu machen, dass es den großen Salon auftauen könnte. Du kannst dir sicher vorstellen, wie sie uns ausschimpfen würde, weil wir Brennmaterial verschwenden. Du weißt ja, wie sie ist.«
Hugo schenkte ihr ein verschwörerisches Lächeln und Frances ging in die Abstellkammer, um eine Vase zu holen.
Als sie mit der größten Kristallvase zurückkam, die sie finden konnte, stand Hugo mit dem Rücken zum Kamin und hatte die Hände in den Hosentaschen. Sie begann, die Rosen im Wasser zu arrangieren, und überlegte gerade, wie wunderbar sie dufteten, als Hugo sich räusperte und sagte: »Frances, ich bin ein wenig früher gekommen, weil ich dir etwas sagen wollte.«
Sie wandte den Blick von den Rosen. In ihrem leicht betrunkenen Zustand sah sein Profil im Schein des Feuers umwerfend aus und einen Mann im Smoking zu sehen, erinnerte sie an die alten Zeiten. Hugo gehörte zu der Sorte Männer, an die sie gewöhnt war.
»Frances, ich wollte dich fragen … willst du mich heiraten? Meine Gefühle dir gegenüber sind dir ja sicher nicht verborgen geblieben, ich habe damit ja auch nicht hinter dem Berg gehalten, schließlich bin ich oft zu dir gekommen, wenn du arbeitest. Selbst den anderen Mädchen ist das aufgefallen. Ich wollte dich schon früher fragen, aber dann ist deine Patentante gestorben und da hatte ich das Gefühl, es sei nicht ganz angebracht. Aber nun bist du volljährig …«
»Oh, Hugo!«
»Liebste Frances, wenn du Ja sagst, machst du mich zum glücklichsten Mann der Welt. Und wir passen so gut zusammen – das siehst du doch sicher auch so? Ich denke, wir könnten sehr glücklich miteinander sein. Von Vater soll ich dir ausrichten, dass er sich fast so sehr freuen würde wie ich, wenn du mir die Ehre erweisen würdest. Es ist höchste Zeit, dass Gracecourt wieder eine Lady de Balfort bekommt und eine junge Familie, mit der alles weitergeht. Und jetzt im Krieg ergibt es nicht viel Sinn zu warten. Natürlich nur, wenn du mich haben willst.«
»Oh, Hugo!«, sagte Frances wieder. Sie war überrascht und fühlte sich geschmeichelt. Lady de Balfort! Sie sah sich bei der nächsten Königskrönung an Hugos Seite in die Westminster Abbey schreiten. Sie trugen hermelinbesetzte Roben und auf Frances’ Kopf thronte das Familiendiadem! »Das kommt so unerwartet!«
»Du musst mir deine Antwort nicht sofort geben«, meinte Hugo, trat auf sie zu und wollte sie in die Arme nehmen. Er hatte noch nie versucht, sie zu küssen.
Unwillkürlich wich sie zurück. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Sie ging zum Kamin und tat so, als wollte sie sich die Hände am Feuer wärmen. »Es tut mir leid, damit hatte ich nicht gerechnet … ich muss darüber nachdenken.« Die Vision von der Abbey verblasste allmählich.
»Es ist das Vorrecht einer Dame, sich Zeit zu lassen, nehme ich an«, entgegnete Hugo galant. Ihre
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