Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe
aussah.
Frances schabte sich die Fingernägel mit der Spitze eines Gemüsemessers sauber und dachte daran, dass sie Kühen und Kartoffelfeldern den Rücken kehren würde, sobald sie volljährig war. Evangeline hatte ihr gezeigt, wie man Fallen aufstellte, und Frances hatte dem kleinen Mann das versprochene Fasanenpaar gebracht. Er sagte, nach ihrem Geburtstag würden sie sich wiedersehen.
Gedankenverloren wusch sie sich die Hände und trocknete sie an dem übel riechenden Handtuch ab, das schon ewig in der Spülküche hing. Weder sie selbst noch Elsie waren auf die Idee gekommen, es zu waschen, seit die Haushälterin ihre Sachen gepackt hatte und abgereist war. Wen kümmerte mitten im Krieg schon die Hausarbeit?
Die Hausarbeit war Frances egal, allerdings gab es etwas, das sie bedrückte. Sie würde es keiner Menschenseele je erzählen, doch die Vorstellung, dass sie am Samstag einundzwanzig Jahre alt wurde und es kein Fest gab, betrübte sie. Natürlich war es verwegen, in Kriegszeiten überhaupt an eine Party zu denken, aber es war einfach schrecklich deprimierend, dass ihre Volljährigkeit nicht gebührend gefeiert werden sollte. Frances neigte nicht zu Selbstmitleid, doch einen Moment lang stiegen ihr Tränen in die Augen. Sie wischte sie beiseite. Und sie würde doch feiern!
Was sprach gegen ein kleines Abendessen an ihrem Geburtstag? Es gäbe ihr und den anderen Mädchen einen Vorwand, gute Laune zu haben und sich ein bisschen schick zu machen.
Aber wie gab man eine Party? Sie hatte noch nie eine Party gegeben. Sie hatte keine Köchin, kein Personal zum Servieren, gar nichts, und sie konnte beim besten Willen nicht kochen. DochFrances war erfinderisch. Wenn Evangeline etwas Besonderes für ein kleines Abendessen zauberte, würde sie ihr anbieten, sich um Tommy, Maude und Kipper zu kümmern, wenn Evangeline das nächste Mal nach London zu ihrem Arzt fuhr. Tanni war dafür nicht geeignet, mit ihr machten die Evakuierten, was sie wollten. Selbstverständlich würde sie Elsie einladen und Evangeline und Tanni – und Alice. Als männliche Gäste boten sich Hugo und Oliver an – und Bernie, auch wenn er so jung und vorlaut war. Er machte kein Geheimnis aus seiner Meinung, dass Frances ein »ziemlich heißer Feger« sei. Und Frances dachte belustigt, dass er eigentlich ein Schatz war, auch wenn Alice ihn für jemanden hielt, mit dem sich anständige Leute eher nicht abgeben sollten. Johnny war begeistert von ihm, folglich fand Tanni ihn ebenfalls sehr nett und Elsie war hin und weg von ihm. Dann waren da noch Evangelines Schallplatten, die sie auf Penelopes Grammofon abspielen konnten – vielleicht konnten sie sogar ein bisschen tanzen.
Außerdem hatte Frances genau das Richtige für ihre Party: Alkohol.
Vor Kurzem hatte sie das Silberzeug und das Porzellan ihrer Patentante in die hinterste Ecke des Kellers geräumt, damit es den Arbeitern nicht im Weg war, wenn sie Glebe House zu einem Genesungsheim umbauten. Dabei hatte sie zwei Entdeckungen gemacht. Zuerst stieß sie auf einen Vorrat an staubbedeckten Flaschen. Bei näherem Hinsehen handelte es sich dabei um ein paar Flaschen Claret, sechs Flaschen Brandy und eine Steingutflasche mit der Aufschrift »Genever«. Sie hatte alle nach oben getragen und abgestaubt. Der Wein und der Brandy hatten französische Etiketten. Woher der Genever kam, wusste sie nicht, aber es war ihr auch egal. In Zeiten wie diesen war Alkohol eben Alkohol – ein seltener Genuss.
Die zweite Entdeckung, die Frances bei dieser Gelegenheit machte, war noch erstaunlicher. Als sie den Wein fand, stieß sie mit dem Zeh gegen etwas, das unter dem Flaschenregal mit dem Brandy klemmte. Im Schein ihrer Taschenlampe sah sie eine lackierte Kiste mit chinesischen Motiven und matten Messingbeschlägen.Sie zerrte sie aus ihrem Versteck und pustete den Staub weg. Im Schloss steckte ein Schlüssel. Sie drehte ihn um und hob den Deckel an. Im Innern der Kiste kamen samtene Schmuckkästchen in allen möglichen Formen und Größen zum Vorschein. Als sie die größte öffnete, verschlug es ihr fast den Atem. Darin lag eine dreisträngige Kette aus vollkommen runden Perlen mit einem großen, mit Smaragden und Diamanten besetzten Verschluss. Es war dieselbe Kette, die ihre Tante Muriel auf dem Portrait über ihrem Schreibtisch trug. Dann fand sie noch ein passendes Armband, ein Paar altmodische Diamantohrringe, Ringe, Broschen und eine goldene Herrenarmbanduhr mit wunderbar gearbeitetem Gehäuse
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