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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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zubeachten. Richard fiel auf, wie sehr er einem spanischen Gemälde glich, das er einmal gesehen hatte. Es zeigte den Großinquisitor. Hoffentlich stimmte es nicht, dass Maurice angeblich so gut wie verlobt war mit Evangeline. Der Mann kam ihm wie ein brutaler Kerl vor.
    Evangeline ließ ihre Handtasche zuschnappen und entschuldigte sich. Im Flur hielt sie den Butler an, der gerade ein Tablett mit Likörgläsern auf die Veranda tragen wollte. Wenn er wieder in die Küche ging, könnte er Delphy bitte ausrichten, dass sie für einen Moment zu ihr kommen möge?
    Um vier Uhr nachmittags hockte Mama in einem von Schlagläden abgedunkelten Raum am Congo Square auf dem Lehmboden, sog an der Pfeife in ihrem zahnlosen Mund und wartete ab, was ihre Besucherin zu sagen hatte. Ihre Füße waren nackt, sie hatte sie unter fleckigen Kattununterröcken versteckt. An jedem Fuß hatte sie dort, wo der große Zeh gewesen war, eine flache weiße Narbe. Es stank nach Tabak, Kräutern, Hühnern und Fäulnis. Kerzenstummel flackerten auf einem improvisierten Altar, auf dem viele kleine Figuren aus Stoff, menschlichen Haaren, Tierknochen, Perlen, Federn und getrockneter Schlangenhaut standen. Sie war als Sklavin zur Welt gekommen und hatte früher einmal einen anderen Namen gehabt, aber das war so lang her, dass sich niemand mehr an ihn erinnern konnte. Nun nannte man sie einfach Mama La Bas. Das bedeutete »Weib des Teufels«.
    Ihre wässrigen Augen blinzelten. Das Mädchen Delphy, diese fast weiße Farbige, die bei den Fontaines arbeitete, war noch nicht zur Sache gekommen. Mama vermutete, dass es etwas mit einem Mann zu tun hatte, und wusste, dass Männer immer Ärger bedeuteten. »Was hast du, womit du mich bezahlst?«, fragte sie schließlich. Delphy kniete vor ihr und fingerte an einem zusammengeknoteten Taschentuch herum. Endlich faltete sie es auseinander und legte einen Ring in Mamas blasse Handfläche.
    Die alte Frau konnte nur noch verschwommen sehen, doch die Geister hatten ihr Augen im Innern ihres Kopfes gegeben. IhreFinger sagten ihr, dass das Gold weich war, der Ring alt, der Stein wertvoll. Sie fuhr über den Diamanten, ertastete das vertraute Muster und ein Schock fuhr ihr in den Arm, als hätte eine Giftschlange ihre Zähne hineingeschlagen. »Der Ring hier, der kommt von ’nem Fitzroy. Schlecht ist das, ganz schlecht. Ja, ganz, ganz schlecht. Der Stein, der hat ein Muster, das Familienwappen. Da bin ich geboren, bei den Fitzroys. Als ich ein Kind war, da hab ich das verdammte Silber poliert, mit meiner Schwester. Jeden Tag. War dasselbe verdammte Wappen drauf. Und die alte Miss Fitzroy, die hat uns mit ’nem Schürhaken verprügelt, wenn’s ihr nicht blank genug war.« Mama spuckte aus. »Hat uns auch so verhauen. Hat feste draufgehauen, so feste, wie sie konnt. Und hat manchmal den Schürhaken erst heiß gemacht. Oh, das Wappen da, das kenn ich gut, so gut, wie ich ’n Teufel selber kenn. Nee, nee, nee. Hätt ich nicht gedacht, dass ich den Ring hier mal selbst inner Hand hab. Wie kommst du dran? Gestohlen?«
    »Nein, Ma’am. Die junge Dame, die, für die ich arbeite, die sagt, sie will ’n Gris-Gris dafür.«
    »Da spielst du mit dem Bösen, Mädchen, wenn du den Ring eintauschst, der wo Unglück bringt. Auch wenn ich nicht wüsst, dass er von den Fitzroys ist, ich könnt trotzdem das Böse drin fühlen. Hab mal versucht wegzulaufen. Miss Fitzroy, die hat gesagt, sie sollen mich festhalten und dann hat sie das Messer genommen und dann hat sie mir selbst die Zehen abgeschnitten. Damit ich nicht mehr wegrennen konnt. Konnt kaum noch laufen. Acht war ich da.
    Geheult hab ich, hinter der Scheune. Haben geblutet, die Zehen, und schlimm wehgetan. Tun immer noch schlimm weh und sind nicht mal mehr da. ’N alter Onkel, der wo in Afrika geboren ist, ist rübergeschlichen zu mir, als es dunkel war. Hat mir ’nen Kräuterumschlag gegeben für meine Zehen. Hat mir gesagt, wenn ich ihm ’n Huhn klau, dann zeigt er mir ’nen schlimmen Fluch. Einen, der lang hält, falls ich jemanden verfluchen wollt. Schlimme Schläge gab’s, wenn du ’n Huhn geklaut hast, aber hingekrochen bin ich, auf Händen und Knien, und hab das Huhn geklaut und dann hat der Onkel mir gezeigt, wie’s geht. Ich hab sie verflucht,und wie! Hab dem Gris-Gris manchmal ’n bisschen nachgeholfen. Ist nur noch ein Fitzroy übrig, dem Sohn sein Jüngster, Maurice. Ist auch schlimm, gemein und schlimm, wie die ganze Familie. Hat schon zwei Nigger

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