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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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stöhnten: »Aber er tritt mir immer auf die Füße!«. Zwischendurch blickten sie jedoch zu Evangeline hinüber, die schweigend dasaß und ganz und gar nicht glücklich aussah.
    Die anderen Debütantinnen unterbrachen ihr Geplapper und überlegten flüsternd, was wohl mit Fräulein Hochnäsig nicht stimmen mochte. Sie trug ein echtes Erwachsenenkleid aus Brokat, von einem echten Pariser Couturier. Es war mit winzigen grünen und violetten Kristallperlen bestickt, die im Licht der Fackeln funkelten. Und es hatte einen tiefen Ausschnitt! Die Mädchen konnten nicht fassen, dass man sie in so einem gewagten Kleid überhaupt aus dem Haus gelassen hatte. »Na, sieh sich das einer an!«, murmelte eines von ihnen boshaft.
    Evangeline brauchte weder Puder noch Lippenstift: Der rosige Hauch auf ihren Wangen hob ihre makellose milchweiße Haut hervor und ihre dunklen Augen glitzerten im Fackellicht. In ihrem Schatten kamen sich die anderen Debütantinnen unbedeutend und langweilig vor. Gehässig murmelten sie, jeder wisse doch, dass die Firma der Fontaines in Frankreich ein Vermögen verloren und dass Evangelines Vater hohe Spielschulden habe – wie konnte es sein, dass sie trotzdem das hübscheste Kleid trug und ihr zu Ehren der größte Ball stattfand? Und außerdem erzählte man sich, sie sei mit Maurice Fitzroy so gut wie verlobt und würde die Erste von ihnen sein, die heiratete. Evangeline war immer die Erste.
    »Vielleicht macht sie ihre Hochzeitsreise nach Paris!«, meinte eines der Mädchen seufzend.
    »Wenn sie hinfährt, sollte sie gleich dableiben!«, entgegnete ein anderes schnippisch. »Mich würden keine zehn Pferde nach Belle Triste kriegen, mit niemand außer Maurice Fitzroy und einer Menge Alligatoren als Gesellschaft.«
    Belle Triste, die zweihundert Jahre alte Plantage von Maurice, hatte ihren Namen von einer riesigen Sumpfeiche, die über und über mit Spanischem Moos bewachsen war. Sie bewachte das Tor zur Auffahrt und sah aus wie eine Frau mit einem Trauerschleier. Vor langer Zeit war ein Vorfahr der Fitzroys bei einem Duell ums Leben gekommen und seine junge Witwe hatte ihr Gesicht danach nie wieder in der Öffentlichkeit gezeigt, sondern bis an ihr Lebensende einen Trauerschleier getragen. Eine schwer zu fassende Stimmung, etwas Schwermütiges, lag über dem Haus und seiner Umgebung.
    »Pst, nicht so laut!«
    »Nein, wirklich nicht«, fuhr das Mädchen fort. »Sie sind vielleicht reich, aber jeder weiß doch, dass mit den Fitzroys etwas nicht stimmt. Sie werden krank oder komisch im Kopf. Manche Leute sagen, es ist ein Fluch. Hatte nicht der Vater von Maurice solche Anfälle und niemand hat ihn je zu Gesicht bekommen, weil er im Keller weggesperrt werden musste, mit einer Krankenschwester? Und wie war das mit seiner Tante, die immer in den Bayou gelaufen ist und dann eines Tages nicht mehr wiederkam? Es heißt, eine Sklavin hätte sie auf den Kopf fallen lassen, als sie noch ein Baby war – als Rache dafür, dass man ihr die Zehen abgeschnitten hat.«
    »Mama sagt auch, dass sie seltsam sind, aber sie meint, das kommt daher, dass die Cousins zu oft untereinander geheiratet haben, weil sonst keiner gut genug für sie war.«
    »Nicht so laut, sie kann dich hören!«
    Mit gesenkter Stimme sagte das Mädchen: »Und sie sagen, dass Maurice manchmal ganz wild wird, regelrecht verrückt. Dann kriegt er einen starren Blick und wird richtig gemein. Angeblich hat er bei einem dieser Wutanfälle zwei seiner Feldarbeiter getötet.«
    »Na, die hatten es wahrscheinlich nicht besser verdient. Mein Daddy sagt, wenn die farbigen Arbeiter nicht spuren, muss man ihnen zeigen, wer der Boss ist.«
    Evangeline klammerte sich an ihren Sitz, als ein Feuerwerkskörper über ihrem Kopf explodierte und die Band der Krewe urplötzlich »When the Saints go Marching In« anstimmte. Der Wagen setzte sich mit einem Ruck in Bewegung und die Mädchen kreischten. Schwankend schwebten sie über einer dicht gedrängten Menge maskierter Gestalten und Evangeline kämpfte gegen die Übelkeit an, die in Wellen in ihr aufbrandete. Das mit Stangen versehene und mit Perlen bestickte Korsett an ihrem Kleid war zu eng. Ihre Mutter hatte das Kleid bestellt, weil ihr Vater darauf bestand, und eine Schneiderin des Couturiers hatte es aus Paris mitgebracht. Sie hatte es immer wieder aufs Neue passend gemacht und war überzeugt, dass es so bestens saß, doch Evangeline beschwerte sich, es sei zu eng und sie könne nicht atmen. Und heute Abend

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