Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe
murmelte etwas und seufzte. Sie saß eine Minute lang da und kaute auf ihrer Pfeife, dann stand sie auf und schlurfte in eine Ecke hinter dem Altar. Sie tastete in der Dunkelheit in ihrer Sammlung aus Hühnerfedern und allen möglichen anderen Sachen herum, nahm ein bisschen hiervon und davon und vermischte alles in einem schmutzigen Marmeladenglas zu einem Gebräu. Sie spuckte hinein und goss die Mischung in eine braune Medizinflasche. »Was hast du, das der Mann angefasst hat? Ohne das geht’s nicht.«
Delphy holte das goldene Baby, das Richard Evangeline gegeben hatte, aus dem Taschentuch und reichte es Mama. »War in seinem Mund«, erklärte Delphy.
Mama summte tonlos vor sich hin, den Blick auf die kleine goldene Figur gerichtet, dann leckte sie ihren Finger an und berührte den Kopf der Babypuppe. »Richard Fairfax«, sagte sie, ließ sie in die Mischung fallen und verkorkte die Flasche fest.
Sie hielt die Flasche in die Höhe. Das goldene Baby schimmerte in der trüben Flüssigkeit. »Das ist’s, was sie braucht. Er muss es trinken. Ist stark, aber in ’nem Julep wird’s gehen. Genug guter Whiskey und er merkt’s nicht. Wenn er’s getrunken hat, dann kann sie zwölf Stunden mit ihm machen, was sie will. Dieses Gris-Gris ist stark, aber sag ihr, sie muss schnell machen, wirkt nur ein paar Stunden.« Mama schob den Ring in ihre Tasche. Sie würde ihn nicht verkaufen. Sie würde dem Geist ihrer Mutter ein Opfer bringen.
Als Delphy von Mama La Bas zurückkam, war Celestes Veranda voll von Gästen, die sich nach dem Mittagessen verabschiedeten. Am Straßenrand parkten die Autos und der Chauffeur der Fontainesging ungeduldig auf und ab. »Miss Evangeline, Ihre Mama sagt, ’s ist höchste Zeit, dass Sie nach Haus kommen und sich fertig machen, mit oder ohne Delphy. Lassen Sie Delphy zurück, wenn’s sein muss, und kommen Sie mit nach Hause. Ihre Mama hat schon genug Sorgen wegen diesem Ball.«
»Nur noch einen Augenblick.« Evangeline sah, wie Delphy durch den Dienstboteneingang ins Haus schlüpfte. »Tante Celeste, kann ich ein Blatt von deinem Schreibpapier haben?« Evangeline kritzelte hastig eine Nachricht an Laurent und sprach rasch mit Delphy: Sie würde sich ohne ihre Hilfe ankleiden. Sie beobachtete ihr Mädchen, das mit der Nachricht in der Hand und einem sorgenvollen Ausdruck im Gesicht aus der Tür huschte.
Am späten Nachmittag war ein heftiger Regenguss niedergegangen, doch um sieben Uhr abends war der Himmel aufgeklart. Als die Dämmerung hereinbrach, wurden Fackeln angezündet und Feuerwerkskörper sprühten ihre glitzernden Fontänen in den dunkel werdenden Himmel. Die hübschesten Mädchen aus den angesehensten Familien der Stadt rafften ihre langen Röcke und Schleppen, kletterten mit ihren Satinschuhen über wacklige Holzstufen auf die bunten Wagen der Krewes, die hintereinander aufgereiht warteten, und nahmen ihre Plätze auf ihren blumengeschmückten »Thronen« ein. Ein verirrter Feuerwerkskörper schoss an einem der Wagen vorbei und die Mädchen kreischten auf. Dann richteten sie noch einmal ihre Frisur und bauschten ihre Röcke, und die Mutigeren unter ihnen holten unerlaubte Puderdosen aus winzigen Abendtäschchen – die Eltern zu Hause und die Nonnen in der Schule hatten jegliches »Anmalen« strengstens verboten – und trugen verstohlen ein wenig Puder und Lippenstift auf. Als sich schließlich alle zurechtgesetzt und ihre Röcke geordnet hatten, reichten ihnen Mitglieder der Krewes, zu denen ihre Väter gehörten, die Blumenbouquets, Bonbons, Perlen und vergoldeten Dublonen herauf, die sie in die Menge werfen sollten.
Der Ball, mit dem Evangeline Fontaine in die Gesellschaft eingeführt wurde, war die letzte Party vor der Fastenzeit und versprach,ein glanzvolles Fest zu werden. In aufgeregtem Flüsterton erzählten die Mädchen einander, dass Evangelines Vater angeblich einen Zug angemietet hatte, der ein berühmtes Tanzorchester aus New York herbrachte, außerdem sollte es Hunderte in Eis gepackte lebende Hummer geben, dazu Kaviar, einen Chefkoch von Delmonicos Restaurant und genügend Orchideen, um ein ganzes Treibhaus zu füllen. Während sie darauf warteten, dass sich die Wagen in Gang setzten, zogen die Mädchen mit Quasten verzierte Tanzkarten aus ihren Abendtäschchen und verglichen sie, um zu sehen, wer wen im Voraus um welchen Tanz gebeten hatte. Sie kicherten und riefen: »Er hat
was
gesagt?« oder »Wusste ich doch, dass er in dich verliebt ist!« oder sie
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