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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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vertrieben wurden mit nichts als dem, was sie am Leib trugen. Aber ganz sicher hatten sie sich das selbst zuzuschreiben. Und sie sah gar nicht ein, warum Ausländer die Erlaubnis haben sollten, das häusliche Leben von Leuten zu stören, die ruhig und zurückgezogen auf dem Land lebten. Vor allem, wo sie die Last der Verantwortung für Mädchen auf sich genommen hatte, deren Mütter sich offenkundig davor gedrückt hatten, sich ordentlich um sie zu kümmern.
    Sie dachte beifällig an Alice. Wenigstens eine junge Frau, die wusste, was Pflichtbewusstsein war. Wenn Frances doch nur aufhören wollte, sich herumzutreiben und stattdessen Alice’ gutem Beispiel folgen würde. Sie könnte so viel von ihr lernen.
    »Ich wollte gleich nach Gracecourt hinüber, Tante Muriel.« Frances gähnte, dann sah sie auf ihre kleine Armbanduhr. »Bridge,Mittagessen. Die meisten von Hugos Freunden sind abgereist, aber wir bekommen genügend Leute für zwei Kartentische zusammen. Leander sagt, es amüsiert ihn, wenn er junge Leute um sich hat.« Sie zog ihren Lippenstift hervor und schminkte ihre Lippen sorgfältig vor dem Spiegel. Die Aussicht auf den Tag war nicht gerade aufregend. Eigentlich würde er genauso verlaufen wie viele andere Tage, aber sie konnte sich nicht vorstellen, wie sie ihre Zeit sonst verbringen sollte.
    Muriel Marchmont sah missbilligend zu, wie sich ihre Patentochter ihre hübsche Ledertasche unter den Arm schob und hellfarbige Lederhandschuhe überstreifte, als hätte sie nicht die geringsten Sorgen. Das kam von ihrer ausländischen Erziehung. Aus einer Reihe von sehr soliden Internaten in Devon und Wiltshire, die ihre Patentante persönlich für sie ausgesucht hatte, war sie hinausgeworfen worden. Gegen Muriels Willen hatte Tudor Falconleigh seine Tochter schließlich für drei Jahre in einem französischen Mädchenpensionat untergebracht. Sie hatte durchgehalten, weil er ihr einen ausgedehnten Einkaufsbummel durch Paris versprochen hatte, wenn sie es schaffte. Rechtzeitig zu ihrer Einführung in die Gesellschaft war sie zurückgekehrt, mit nahezu perfekten Französischkenntnissen und einer extravaganten Auswahl an Tageskleidern, Ballkleidern, Schuhen und hübschen Hüten, die ihren Vater ein Vermögen gekostet hatte.
    Schon bald zeigte sich jedoch, dass sie von ihrer Mutter jenes gefährliche Etwas geerbt hatte, das Männern den Kopf verdrehte, eben jenes unglückselige Etwas, das den phlegmatischen Tudor Falconleigh verhext und in seine leider allzu kurze Ehe getrieben hatte. In London hatte es Frances allen möglichen Ärger eingebracht und immer waren daran alle möglichen Männer beteiligt, die jedoch allesamt vollkommen unpassend waren. Und nun hatte dieses Etwas dieselbe Wirkung auf die Männer im Dorf, vom Pfarrer bis zu Leander de Balfort. Muriel beabsichtigte, Tudor eines geradeheraus zu sagen: Ihre einzige Hoffnung bestand darin, Frances anständig zu verheiraten, bevor sie Schande über sich brachte und sie niemand mehr haben wollte.
    Allerdings musste sie zugeben, dass Alice im Vergleich zur hübsch gekleideten Frances unansehnlicher denn je aussah. Ihre Pullover, Schürzen und Röcke sahen einfach scheußlich aus und diese Angewohnheit, sich ein Kopftuch ganz fest um den Kopf zu binden, machte alles noch schlimmer. Muriel seufzte und dachte schaudernd an das Mittagessen auf Gracecourt Hall, zu dem sie Alice mitgenommen hatte. Es war nicht gerade ein Erfolg gewesen. Alice saß zwischen Hugo und einem adeligen Burschen mit gedehnter Sprechweise und Monokel. Sie hatte zu viel Rouge aufgelegt und trug ein Kleid in irgendeiner tristen Farbe, von dem Muriel vermutete, dass es früher einmal Mrs. Osbourne gehört hatte. Nervös wie sie war, kippte sie drei Gläser Sherry herunter, bekam einen roten Kopf und berichtete mit etwas zu lauter Stimme davon, dass ihr verstorbener Vater sich für die Geschichte von Sussex interessiert hatte. Dann erzählte sie eine lange weitschweifige Geschichte über eine Schmugglerbande und ihre unterirdischen Tunnel in der Gegend von Crowmarsh Priors.
    Ihren adeligen Tischnachbarn langweilte diese spontane Geschichtsstunde schon bald, er wandte sich einer lebhaften jungen Frau zu seiner Linken zu und überließ es Hugo, sich mit Alice und ihren Erzählungen abzugeben. Hugo erbarmte sich und tat so, als würde ihn das alles interessieren, wodurch Alice sich dazu ermutigt fühlte, so lang weiterzureden, bis sie sich verabschiedeten. Vor lauter Verzweiflung hatte Muriel den ganzen

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