Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe
Heimweg über geschwiegen.
Alice, das musste sie zugeben, fehlte es an Lebhaftigkeit, Frances dagegen hatte viel zu viel davon. Wie unfair das Leben doch war. Dann überlegte sie, dass Frances genau die Richtige wäre, um sich Alice vorzunehmen. Sie konnte doch sicher ein wenig an ihrem äußeren Erscheinungsbild verändern. Nichts Drastisches – nur genug, um Oliver die Augen zu öffnen.
»Du solltest aufhören, dich herumzutreiben und eine Kriegsarbeit übernehmen, Frances. Vielleicht könntest du der lieben Alice Osbourne zur Hand gehen. Sie hat ja kaum Zeit, Luft zu holen, obwohl man sich wirklich fragen muss, warum sie gar so vielaufgebürdet bekommt, das arme Ding. Ihre Arbeit in der Schule, die Altkleidersammlungen, der Strickkreis, Erste-Hilfe-Schulungen, von der Pflege ihrer lästigen Mutter mal ganz abgesehen. Sie sollte heiraten. Und dieser nette junge Pfarrer sollte auch heiraten. Diese Verbindung wäre doch so passend, nicht wahr? Eine Pfarrerstochter wird die Ehefrau eines Pfarrers. Aber er … wenn Alice doch nur ein bisschen mehr … gewissermaßen ein Goldstück, das poliert werden müsste. Vielleicht könntest du sie ein bisschen herausputzen, meine Liebe? Oliver würde dann gewiss zur Besinnung kommen.«
Zu Frances’ Erleichterung scherte Hugos Sportwagen in die Auffahrt von Glebe House ein. »Oh, ich weiß, dass du es gern sehen würdest, wenn ich mich mit Alice anfreunde, und ich habe es versucht, aber sie ist wirklich so entsetzlich langweilig! Ich kann sie nicht ausstehen! Ich muss los, Tante Muriel.« Frances warf ihr eine Kusshand zu und verschwand. Der Wagen fuhr die Einfahrt hinunter und der Kies knirschte unter den Reifen.
Dass Hugo Frances offenbar »den Hof machte«, wie man das zu Lady Marchmonts Zeit genannt hatte, heiterte sie ein wenig auf und lenkte sie von Alice ab. Ihrer Erfahrung nach waren solche Avancen ein sicheres Zeichen dafür, dass ein Heiratsantrag nicht mehr weit war. Die Ehe würde beide zur Ruhe kommen lassen. Hugo würde sich auf den Hosenboden setzen und seine Pflichten auf dem Anwesen schultern und Frances hätte bald mit den Kindern alle Hände voll zu tun. Am besten schrieb sie gleich an Tudor und teilte ihm mit, aus welcher Richtung der Wind wehte. Damit keine unnötigen Verzögerungen eintraten, sobald Hugo die alles entscheidende Frage stellte, könnten Tudors Anwälte sich genauso gut jetzt schon mit den Einzelheiten des Ehevertrages befassen. Leander war viel zu unpraktisch, um in diesem Punkt die Initiative zu ergreifen, aber Hugo brauchte Geld, und Muriel überlegte, wie gut es sich doch traf, dass Frances ein ansehnliches Vermögen erben würde, sobald sie heiratete. Leander war den Pflichten, die das Anwesen mit sich brachte, nie gerecht geworden. Es war heruntergekommen, als er es erbte, dank der Tatsache, dass sein Großvaterein Spieler war und sein Leben einer endlosen Reihe von Schauspielerinnen gewidmet hatte.
Leander hatte eine gute Partie gemacht, doch anstatt das riesige Vermögen seiner verstorbenen Frau in das Anwesen zu investieren, war er lieber seinen ästhetischen Neigungen gefolgt. Seine extravaganten Projekte auf Gracecourt hatten Unsummen verschlungen – die chinesische Pagode, der Wildpark, der mit japanischen Hirschen bevölkert wurde, die bald starben, und die Tennisplätze. Seiner neuesten Idee war ein See zum Opfer gefallen, der nach Plänen des großen Gartenarchitekten Capability Brown angelegt worden war. Stattdessen hatte er einen extravaganten selbst ernannten »Gartenkünstler« mit Samtweste und ausländischem Akzent eine Reihe von flachen, modernen rechteckigen Wasserbecken bauen lassen. Vor dem Mittagessen, das sich an die morgendliche Jagd anschloss, hatte Leander seine Gäste in den Garten geführt, damit sie sie bewundern konnten. »Wie aufregend exotisch! Und so modern!«, hatten alle geschwärmt und dem »Künstler« applaudiert. Es war sogar schon eine der illustrierten Zeitschriften gekommen, um Fotos für einen Artikel zu machen.
Für Lady Marchmont sahen diese Becken einfach nur groß, flach und seltsam aus. »Vollkommen überflüssig!«, hatte sie gemurmelt. Ihr war aufgefallen, dass das Haus in einem schockierenden Zustand war. Zerbrochene Scheiben in den bleiverglasten Fenstern, Holzwürmer in der edlen Holzvertäfelung aus der Tudorzeit und feuchte Flecken an der Decke in der langen Galerie – an manchen Stellen hing die Decke sogar schon durch. Über die Vorhänge im großen Salon hatten
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