Fünf Freunde Auf Der Felseninsel
umklammerte seinen Hals, als ob sie ihn keinen Augenblick loslassen wollte.
»Ja, der Hund ist dir mehr wert als dein Vater und deine Mutter oder sonst jemand«, sagte ihr Vater wutentbrannt.
»Nein, Quentin, so darfst du nicht sprechen«, sagte seine Frau fest. »Das ist töricht. Eine Mutter und einen Vater liebt man auf eine ganz andere Art als etwa einen Hund. Aber du hast natürlich ganz recht, Tim muß bei dir sein, und ich werde Georg ganz bestimmt so weit bringen, daß sie den Hund hier zurückläßt. Ich will euch nicht beide einer Gefahr aussetzen. Es ist schlimm genug, daß man sich um dich Sorgen machen muß.«
Georg schaute ihre Mutter verzweifelt an.
»Mutter, sag doch Vater, daß ich hier bei Tim bleiben muß!«
»Nein, mein Kind, es geht nicht«, erklärte ihre Mutter.
»Georg, sei nicht so selbstsüchtig. Wenn es Tim überlassen wäre, zu entsche iden, dann würde er hierbleiben, das weißt du ganz genau - auch ohne dich. Er würde sich sagen: Ich werde hier gebraucht, meine Augen müssen den Feind ausfindig machen, meine Ohren den leisesten Fußtritt hören - und meine Zähne vielleicht auch zupacken, um meinen Herrn zu beschützen. Ich werde dann für ein paar Tage von Georg getrennt - aber sie ist, wie ich, tapfer genug, damit fertig zu werden! Das würde Tim sagen, wenn er zu entscheiden hätte.«
Alle hörten dieser unerwarteten Rede mit großer Aufmerksamkeit zu.
Georg sah Tim an. Der blickte zu seiner Herrin hinauf und wedelte mit dem Schwanz. Dann tat er etwas ganz Außergewöhnliches: Er stand auf, ging hinüber zu Georgs Vater und legte sich neben ihn, wobei er Georg ansah, als ob er sagen wollte: Jetzt weißt du, was ich für richtig halte!
»Siehst du«, sagte ihre Mutter, »er gibt mir recht! Du hast immer gesagt, Tim sei ein guter Hund. Jetzt hat er es bewiesen.
Er kennt seine Pflicht. Du solltest stolz auf ihn sein!«
»Ich bin es auch«, sagte Georg mit zitternder Stimme. Sie stand auf und ging weg. »Es ist gut«, sagte sie über die Schulter. »Ich lasse ihn auf der Insel bei Vater. In einer Minute komme ich wieder.«
Anne stand auf und wollte zu der armen Georg hingehen, aber Julian hielt sie zurück. »Laß sie allein! Sie wird es gleich überwunden haben. Guter, alter Tim du weißt, was gut und schlecht ist, nicht? Guter Hund, großartiger Hund!«
Tim wedelte mit dem Schwanz. Er machte keinen Versuch, Georg zu folgen. Nein, er beabsichtigte, jetzt bei Georgs Vater zu bleiben, obwohl er viel lieber bei seiner kleinen Herrin gewesen wäre. Es tat ihm leid, daß Georg unglücklich war, aber manchmal war es besser, etwas Schweres zu tun und darüber unglücklich zu sein, als versuchen, glücklich zu sein und etwas zu unterlassen.
»Oh, lieber Quentin, es ist mir nicht wohl bei dem Gedanken, daß du hier bist und neben dir noch jemand, der dich ausspioniert«, sagte seine Frau. »Wirklich, wie lange mußt du denn noch hierbleiben?«
»Noch ein paar Tage«, sagte ihr Mann.
Er sah Tim bewundernd an. »Der Hund könnte tatsächlich verstanden haben, was du gesagt hast, Fanny.«
»Es ist ein sehr kluger Hund«, sagte Anne warm. »Nicht wahr, Tim? Bei ihm wirst du ganz sicher sein, Onkel Quentin.
Er kann furchtbar wild sein, wenn er will.«
»Ja. Daß er mir nur nicht an die Kehle springt. Er ist groß und stark. Ist noch etwas Kuchen da?«
»Quentin, es ist sehr unvernünftig von dir, daß du deine Mahlzeiten nicht regelmäßig zu dir nimmst«, sagte seine Frau.
»Pst! Nicht widersprechen! Denn du wärest nicht so ausgehungert, wenn du regelmäßig gegessen hättest.«
Ihr Mann kümmerte sich gar nicht um ihre Worte. Er schaute zu seinem Turm hinauf. »Seht ihr die Drähte auf der Spitze leuchten?« fragte er. »Wunderschöner Anblick, nicht?«
»Onkel, du erfindest doch nicht eine neue Atombombe oder so was?« fragte Anne.
Er sah sie verächtlich an. »Ich würde meine Zeit nie mit Dingen vergeuden, die gebraucht werden, um Menschen zu töten oder zu verstümmeln! Nein - ich erfinde etwas, das für die Menschheit von großem Nutzen ist. Geduld, Geduld - du wirst es bald sehen.«
Georg kam zurück. »Vater«, sagte sie, »ich lasse dir Tim da willst du für mich, bitte, auch etwas tun?«
»Was?« fragte ihr Vater. »Jetzt nur keine dummen Bedingungen! Ich werde Tim regelmäßig füttern und mich um ihn kümmern - wenn es das war, warum du mir den Hund nicht lassen wolltest. Ich kann meine eigenen Mahlzeiten vergessen, aber, du solltest mich hierin gut genug
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