Fünf Freunde machen eine Entdeckung
fassungslos und gar nicht mehr angriffslustig. Er verstand nicht, wie diese Anne, die so ängstlich wirkte und sich sogar vor einer Spinne fürchtete, sich so verändern konnte.
»Dieses Mädchen«, sagte er hustend und sich wie ein Hund schüttelnd, »dieses Mädchen hat sich auf mich ge-stürzt und den Eimer voll Wasser über mich gegossen. Ich erlaube nicht, daß sie hierbleibt!«
Er war so durchnäßt und wirkte so jämmerlich, daß Julian bei seinem sonderbaren Anblick lachen mußte. Er schlug Anne auf die Schulter. »Die Maus hat sich in einen Tiger verwandelt. Na ja, du hattest es ja angekündigt, daß du uns eines Tages noch überraschen würdest. Zeig deine Krallen her, Anne.«
Er nahm ihre Hand und betrachtete interessiert ihre Fingernägel. Anne wußte nicht, ob sie weinen oder lachen sollte und rief: »Oh, ich hätte das nicht tun dürfen, aber er war zu frech. Und da bin ich so wütend geworden, und…«
»Schon gut«, sagte Julian, »manchmal tut so etwas Wunder. Und ich wette, er hat den Guß verdient. Geh, Wilfrid, und zieh dich um.«
Das arme, triefende Opfer rührte sich noch immer nicht.
»Geh«, wiederholte Julian, »geh und zieh dich um.«
Doch Wilfrid sah so unglücklich aus, daß er Anne plötzlich leid tat. Sie lief zu ihm und legte den Arm um seine Schultern. »Es tut mir leid«, sagte sie, »wirklich, ich verstehe jetzt gar nicht mehr, warum ich das getan habe.«
Auf seinem Gesicht erschien ein schwaches Grinsen.
»Ich bedaure es auch sehr«, murmelte er, »Eigentlich bist du ganz nett, jedenfalls hast du eine Nase wie ein kleines Kaninchen.«
Er rannte ins Haus und schlug die Tür hinter sich zu.
»Laß ihn nur«, sagte Julian, als er sah, daß Anne ihm folgen wollte. »Die Ladung hat ihm anscheinend ganz gutgetan und ihm geholfen, die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Übrigens schien er sehr gerührt, als du dich entschuldigtest. Wird ihm wohl nicht oft passieren.«
»Habe ich wirklich eine Kaninchennase?« fragte Anne beunruhigt.
»Na ja, ein bißchen«, sagte Julian und gab ihr einen kleinen Klaps. »Aber Kaninchen haben sehr hübsche Nasen, Tatsache, ganz besonders hübsche. Mit Wilfrid wirst du von nun an wohl keine Schwierigkeiten mehr haben. Wie konnte er auch ahnen, daß hinter einer Kaninchennase ein Tiger steckt.«
Nach etwa zehn Minuten kam Wilfrid zurück, die nassen Sachen in der einen Hand. »Gib her, ich werde sie aufhängen, damit sie in der Sonne trocknen«, sagte Anne, lachte ihn an, und er lachte zurück.
»Danke«, sagte er. »Ich weiß gar nicht, wie sie so naß geworden sind, müssen im Regen gelegen haben.«
Julian grinste und gab ihm einen freundschaftlichen Stoß in die Seite. »Das glaube ich auch«, sagte er, »Regen kann etwas sehr Nützliches sein.«
Eine seltsame Geschichte
Es machte Spaß, all die Herrlichkeiten, die die anderen mitgebracht hatten, in Reih und Glied in der Speisekammer aufzustellen, und da sie die Köchin sein würde, war vor allem Anne ganz bei der Sache.
»Sie ist eine richtige kleine Hausfrau«, lobte Dick, als er sah, wie sauber und gemütlich sie alles hergerichtet hatte. »Die Speisekammer zum Beispiel hat direkt etwas Verführerisches bekommen.«
Anne lächelte und betrachtete die wohlgefüllten Fächer.
Nun konnte sie ihrer ›Familie‹ jeden Tag etwas Gutes vorsetzen. Mit großem Interesse studierte sie die Etiketts der Dosen: Obstsalat, Birnen, Pfirsiche, Schinken, Zunge und Sardinen. Ein großer Knochen, der mindestens drei Tage lang reichen würde, war auch vorhanden, und sogar Schokolade, Kekse und Waffeln fehlten nicht. Prima, sie und Georg naschten für ihr Leben gern.
Wilfrid war völlig verwandelt und den Mädchen gegenüber ausgesprochen höflich, und Dick meinte, daß sie wohl ganz gut miteinander auskommen würden.
In den nächsten Tagen aßen sie meistens im Freien, denn das Wetter war herrlich, und im Hause schien es ihnen ein wenig zu eng. Die Jungen trugen stets alles hinaus, und manchmal ließ sich sogar Georg herab zu helfen. Wilfrid aber zeichnete sich durch besonderen Eifer aus.
Es war wunderbar, in der Sonne zu sitzen und hinunter auf den Hafen mit seinen Schiffen und Booten zu sehen.
Georg interessierte sich sehr für die Insel. »Weißt du, wie sie heißt?« fragte sie Wilfrid. Er wußte es nicht, nur, daß es eine seltsame Geschichte um sie gab. »Sie hat einem alten, alleinstehenden Mann gehört«, sagte er. »Sie soll ein Geschenk James’ II. an seine Familie gewesen sein. Der Alte
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