Fünf Freunde und ein Zigeunermädchen
Kerkern, zum Beispiel?«
Die Alte sagte etwas, das wie: »Gesellschaft zum Putzen alter Baudenkmäler« klang.
»Wie bitte?« fragte Julian.
Aber die Frau wurde es allmählich müde, Rede und Antwort zu stehen. Sie schlug ein dickes Buch auf, in dem die tägliche Anzahl der Besucher und die Einnahmen eingetragen wurden, zeigte auf eine Stelle, und Julian las:
»Gesellschaft zum Schutze alter Baudenkmäler. Oh, ist jemand von denen hiergewesen?«
Die Alte nickte. »Zwei Herren, letzten Donnerstag ...«
Sie hatte plötzlich ganz deutlich gesprochen, fiel aber nun in ihr unverständliches Murmeln zurück, und Julian zuckte die Schultern und wandte sich zum Gehen.
»Immerhin wissen wir jetzt, wo wir etwas erfahren können«, sagte er. »Wir rufen einfach diese Gesellschaft an und fragen, ob sie uns etwas Näheres über den Bau hier sagen können. Es könnte ja zum Beispiel Geheimgänge geben, die nicht in den Plan eingezeichnet sind.«
»Oh, ja, das wäre prima!« rief Georg aufgeregt. »Kommt, wir gehen noch mal zum Turm und sehen ihn uns von außen genau an. Vielleicht kann man ja daran hochklettern.«
Sie gingen also zurück, mußten sich aber gleich darauf von der Aussichtslosigkeit eines solchen Unternehmens überzeugen.
Zwar gab es an der rauhen, unebenen Mauer genügend Möglichkeiten, mit Händen und Füßen Halt zu finden, aber es wäre viel zu gefährlich gewesen, sogar für Jo, die wie eine Katze klettern konnte.
Trotzdem war sie sofort bereit, es zu versuchen. »Vielleicht schaffe ich es«, sagte sie und zog einen ihrer Schuhe aus.
»Zieh ihn wieder an«, befahl Dick, »da steigst du nicht rauf. Wenn wenigstens Efeu da wäre, an dem du dich festhalten könntest.«
Mit finsterem Gesicht zog sie ihren Schuh wieder an und sah Georg nun noch ähnlicher als sonst. Und dann kam plötzlich, zum größten Erstaunen aller, Tim auf sie zugestürmt.
»Wo kommst du denn her?« rief Georg. »Es gibt doch nur den einen Eingang durch das Drehkreuz, und die Tür dahinter haben wir selber wieder zugemacht.«
Tim bellte, rannte zum Turm, sprang über ein paar große Gesteinsbrocken und blieb vor einem schmalen Spalt stehen.
»Wuff«, machte er.
»Da ist er hergekommen«, sagte Georg und versuchte einen der großen Steine zu bewegen, natürlich ohne den geringsten Erfolg. »Ich begreife nicht, wie er das geschafft hat. Von uns kann es bestimmt keiner.«
»Und wie ist er durch die äußere Mauer gekommen?« Julian runzelte nachdenklich die Stirn. »Er muß dort auch so einen Spalt gefunden haben.«
Dick nickte. »Trotzdem kann man es sich kaum vorstellen, die Mauer ist ja immerhin acht Fuß dick.«
Ja, das war sehr seltsam. Sie sahen alle auf Tim herunter, der voller Erwartung und heftig wedelnd vor ihnen stand und immer lauter bellte.
Plötzlich öffnete sich die zum Burghof führende Tür, und die alte Frau erschien. »Wie ist der Hund hier hereingekommen?« rief sie. »Bringt ihn sofort hinaus!«
»Schreien kann sie ziemlich deutlich«, murmelte Georg, und Dick sagte:
»Vielleicht ist ein Loch in der Mauer?«
»Nicht eins«, brummte die Alte. »Ihr habt ihn heimlich mitgenommen, und jetzt verschwindet ihr, ihr seid lange genug hiergewesen.«
»Ja, laßt uns gehen«, sagte Julian. »Wir haben alles gesehen, was zu sehen ist, oder besser gesagt, was wir sehen konnten. Ich glaube bestimmt, daß es noch einen Weg in den Turm gibt. Ich rufe jetzt gleich diese Gesellschaft an und versuche mit den Leuten zu sprechen, die hier waren, das sind bestimmt Experten.«
»Ja«, sagte Dick, »die wissen bestimmt Bescheid.«
Sie nahmen Tim beim Halsband und gingen hinaus.
»Ich habe Appetit auf Pfannkuchen und Limonade«, sagte Georg, »ihr auch?«
Alle fanden den Vorschlag ausgezeichnet, Tim eingeschlossen. »Er ist wild auf Pfannkuchen«, nickte Georg.
»Er schlingt sie beinahe heil herunter.«
»Ja«, lachte Anne, »es ist eine Schande. Das letzte Mal hat er vier gefressen.«
Sie gingen hinunter ins Dorf. »Bestellt ihr schon«, sagte Julian und lief weiter zur Post, um dort zu telefonieren. Und die anderen verschwanden bald darauf in dem kleinen Milchgeschäft. Die rundliche Frau begrüßte sie mit dem strahlenden Lächeln, mit dem sie besonders gute Kunden zu empfangen pflegte.
Sie aßen gerade jeder den zweiten Pfannkuchen, als Julian zurückkam.
»Was erfahren?« fragte Dick.
»Ja, etwas sehr Seltsames. Die Gesellschaft hat eine Zweigstelle fünfzig Kilometer von hier. Ich fragte, ob sie eine neue
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